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besondern Beweis erfodern, daß die vorhandenen Eigenheiten etwas Achtung gebietendes, und darum Zwecke schendes wären. Wo nun dieses lektere nicht klar vor Augen liegt, wird man da schließen dürfen: ich muß mich nach vorhandenen Eigenthüm lichkeiten richten, also muß ich sie (nicht etwa überwinden oder umgehen, sondern) erhöhen und bewahren?

Einen so lächerlichen Schluß kann der Verf. nicht im Sinne gehabt haben. Sondern ihm hat der Gedanke vorges schwebt: die Eigenthümlichkeiten der Deutschen seyen etwas an sich Vortreffliches, Achtungswerthes; darum müsse man auch nach ihnen sich keinesweges bloß richten, wie nach den Eis genheiten von Holz und Stein, die man mit den ihnen anges messenen Werkzeugen behandelt, sondern man müsse sie ch ren, und ihrem guten Triebe zu Hülfe kommen, wo er deren bedürfe. Daß der Verf. so dachte, zeigt seine Beschreibung der deutschen Nationalität, die nichts anders ist, als eine Lob. rede. Er rühmt, nicht ohne rhetorischen Schmuck, die Anlagen für inniges Gemüthsleben, für geschmäßige Freiheit, und für das Himmlische. Wir wollen dabey, was die Thatsache ans langt, alle Bemerkungen zurückhalten, und bloß erinnern, daß wir nicht mehr im Jahre 1813 leben, wo jede Rede gut war, wenn sie nur Muth machte; und daß auch der Spruch: de mortuis nil nisi bene, auf die deutsche Nationalität, Gotts lob! noch nicht paßt; sie braucht noch keinen Leichensermon; sondern es ist noch Zeit, ihr den Spiegel vorzuhalten, damit sie sich bessere von ihren Fehlern! Angenommen indessen, der Verfasser hätte wirklich eine historisch vollständige Dars stellung der deutschen Nationalität gegeben: wie wäre denn nun sein Schluß beschaffen, durch welchen er die Nothwendigkeit einer Nationalbildung deduciren wollte? Ohne Zweifel so: Wenn man die Deutschheit vergleicht mit dem Ideale der Tuz gend, so findet sich, daß sie vortrefflich ist; also muß sie erhd; het und bewahrt werden. Zu diesem Schlusse fehlt bloß noch der Obersah: was in der Vergleichung mit dem Ideale der Tu gend sich als vortrefflich bewährt, das muß erhdhet und erhal ten werden. Und hiemit sind wir nun wieder auf dem ersten Wege; nur Schade, es findet sich, daß wir einen ganz unnüßen Umweg gemacht haben. Wenn die deutschen Eigenheiten so vortrefflich sind, dann gerade braucht man auf sie gar keine besondere Rücksicht zu nehmen, denn sie liegen schon stillschweiz gend in dem Ideale der Tugend, dem Zielpuncte der wahren Pädagogik. Und umgekehrt: wenn man erst noch auf sie Rück sicht nehmen muß, so steht es schlimm um ihren Werth! sie liegen dann nicht in der Idee der Tugend, und sind folglich

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entweder gleichgültig

und dann muß die Rücksicht bloß darin bestehen, daß man ihnen nicht unnüß widerstreite; oder sie sind verkehrt, und dann muß man ihnen entgegenarbeiten. In allen diesen Fällen kommt von einer besondern deutschen Nat tional Bildung im Sinne des Verfassers nichts zum Vorz schein.

Dies ist so offenbar, daß man nicht nöthig haben sollte, es auseinander zu seßen. Aber es gibt eine Sinnesart, die sich straubt, die Wahrheit gelten zu lassen. Diese Sinnesart ist ursprünglich das gerade Gegentheil dessen, was sie scheinen will, und wofür sie selbst sich hält. Sie ist Ausländerey, Nachahmungssucht der Fremden; gerade dasselbe, dem sie zu widerstreben sich einbildet. Man hat gehört, daß die Engläns der auf ihre Nationalität stolz sind; die Franzosen desgleichen auf die ihrige, -und so fort bis zu dem himmlischen Reiche der Chinesen, über die wir freylich lachen, wenn sie sich für das erste Volk der Erde halten. Wenn nun jeder Fremde sich in seiner Eigenthümlichkeit gefällt: warum (so fragt man sich)' follten wir nicht auch ein so großes Gut, die Selbstzufriedens heit, besigen und genießen? Warum sollten wir die allgemeine Mode nicht mitmachen, welche verlangt, daß man sich im Spiek gel besche, und das Bild, was der Spiegel zurückgibt, als ein erhabenes Muster beträchte, dem man suchen muß zu gleiz chen, eben darum, weil man ihm schon wirklich gleicht. Zwar haben sonst die deutschen Philosophen viel von Ideen und Ideas len geredet, und von denselben gelehrt, sie dürften schlechterz dings nicht aus der Wirklichkeit genommen werden; jede empis rische, also auch jede historische Beymischung verderbe sie une fehlbar sogleich. Zwar hat der Deutsche diesen Philosophen sehr geduldig zugehört, er hat sie allen ausländischen Weisheitsz Lehrern ausdrücklich vorgezogen; und dadurch bewiesen, daß ges rade solche Lehren, die das Ideale und das Historische streng und schroff einander entgegenseßen, dem deutschen Ohre wohls klingen, dem deutschen Gemüthe zusagen; welches eben wegen seiner Anlage zum Himmlischen (wie unser Verf. sie nennt) nichts anderes nachahmungswürdig findet, als nur das wahrhaft Musterhafte, das Ewige, was eben so wenig die Zeit kennt, als den Raum, und eben so wenig in der deutschen Vorzeit als in der französischen Geschichte oder der chinesischen, zu suchen ist. Doch was hilfts, hievon heutiges Tages noch zu reden? Diese Lehren sind veraltet; diese Philosophen sind nicht nach der neues Sten Mode!

Andere Weise sind aufgestanden; sie haben gelehrt, daß die ursprüngliche Einheit nicht Eins sey, sondern ein Inbegriff

es aber die Marime des Verf. war, das, was ihm veraltet schien, mit Stillschweigen zu übergehen, so finden wir ihn sehr inconsequent weiterhin, wo er, nach seinem eigenen Aus: drucke, 3eter ruft“ über die Privat: Erziehungs - Institute. Da diese das Unglück haben, dem Verf. zu misfallen, so mochte er sie nach Belieben tadeln, (Gründe, die etwas bedeuten könns ten, haben wir nicht gefunden, auch wird dergleichen Niemand bei einem Zetergeschrey erwarten). Aber ihm eben so wenig, als dem Verf. des bekannten Buchs über Humanismus und Philanthropismus, kam es zu, die Erinnerung an Basedow's Philanthropin, und an die Anstalten Campe's, Salzmann's, Pe: stalozzi's, mit einer Schmach zu beladen, unter welcher alle schuldige Dankbarkeit erlicgen muß. Leider ist es ein bekannter Nationalzug der Deutschen, die Verdienste der Landsleute zu verkennen. Doch pflegt man den Todten die Ehrerbietung nachs zuzahlen, die man den Lebenden misgönnt. Eben jezt kürzlich ist Campe gestorben, - ein Mann, dessen pädagogischen Geist unsre Lobpreiser des Humanismus nicht besitzen, und darum nicht zu würdigen wissen. (Am wenigsten Herr Hillebrand, der S. 241 den richtigen Sah, die griechische Sprache müsse im Jugendunterricht der lateinischen vorangehen, zwar so hinstellt, daß man glauben möchte, diese Lehre sey seine eigene Erfin: dung; dabey aber verráth, daß er von den allgemeinen Grüns den, aus denen der Sah folgt, und die für Frankreich eben so gut als für Deutschland gelten, nichts versteht.) Da nun eins mal das vor uns liegende Buch, welches vom Philanthropinis: mus hatte schweigen können, die übeln Nachreden gegen den: selben sehr zur Unzeit wieder erhoben hat: so ist es desto mehr zur rechten Zeit, jest laut zu widersprechen. Erstlich: in den pådagogischen Instituten ist der pådagogische Eifer ers wacht; dieser Eifer hat die Aufmerksamkeit geweckt, bei Priz vatpersonen und bei Regierungen; dieser Aufmerksamkeit ver danken die Schulen ihre mannichfaltigen neuern Verbesserun gen. Zweytens: der nämliche Eifer muß immer von neuem aus den Instituten hervorgehen; denn die öffentlichen Schulen drücken ihn immerwährend nieder, anstatt ihn zu erzeugen. Oder kennt man etwa nicht die Klagen der meisten Schulmän ner über das Läftige ihres Amts? Sicht man nicht die offenbaren Ursachen dieser Klagen? Die Schulen sind Stiftungen des Staats; sie stehen unter seinen Befehlen, unter seiner Aufsicht; dazu kommen noch hundert ångstliche Rücksichten auf das Pus blikum. Aber die Vorsteher der Institute fühlen sich als Schds pfer ihres Werkes; und der Enthusiasmus, der sie das Werk beginnen hieß, würde gleichmäßiger fortwirken, wenn man in

den verwickelten und sorgenvollen ökonomischen Verhältnissen; denen sie nicht entgehen können, ihnen zu Hülfe käme, ihnen einen sichern Boden bereitete, anstatt sie, wie unser Verf., nach so vielen Vorgängern, eines Egoismus zu beschuldigen, dessen Umtriebe in den gewöhnlichen öffentlichen Schulen man ver muthlich niemals beobachtet hat? Drittens: solche Erfah rungen, die einen wissenschaftlichen Werth haben, können auf Schulen schlechterdings nicht, sondern nur von Eltern, von Hauslehrern und in den Instituten erworben werden. Denn Diese Erfahrungen müssen genau' seyn, sie müssen aus voll. ständiger Beobachtung ihres Gegenstandes entspringen; und das verhindert auf Schulen die Menge der Lehrlinge, und die Beschränktheit auf Stunden, zwischen denen die häusliche Ein: wirkung hineintritt. Viertens: aus den Erfahrungen und dem Eifer, verbunden mit der philosophischen Untersuchung, entsteht Das Quantum pädagogischer Kunst und Kraft, was in der Welt vorhanden ist. Der Staat und die Nation verstehen als solche teine Pädagogik, so wenig als sie Medicin und Mathematik, und irgend eine anderë Wissenschaft verstehen. Sie thun ihre Schuldigkeit, wenn sie die Kundigen nach eigner Ansicht wirken lassen und dabei unterstüßen. Aber auch der beste Staat wird diese Schuldigkeit niemals rein und ganz durch die öffentlichen Schulen erfüllen; denn bei diesen hat er stets die Aemter und die verschiedenen Stände- im Auge, zu deren Leistungen die nd thigen Kenntnisse und Geschicklichkeiten sollen erworben werden. Darum wird immer von neuem die eigentliche Menschen:Erzie hung sich in die Privat:Institute flüchten, oder sich den Haus? lehrern anvertrauen müssen. Und Heil dem Staate, der solche Privat Institute beschüßt, der sie gern emporblühen sicht! Heil ihm, dem die Engherzigkeit des National Interessses fremd bleibt; wenn schon die politische Nothwendigkeit ihn zwingt, sich den schädlichen Einwirkungen der Ausländer, die in solcher Engherzigkeit befangen find, entgegenzustemmen.

Von der ganzen berühmten National : Erzichung bleibt nun, nach dem Gesagten, Nichts übrig, außer einem einzigen Puncte, über welchen unser Verf. manches Gute sagt, das je: doch weder neu noch vollständig ist. Denn zuvörderft zwar verz steht sich von selbst, daß die Geschichte der Deutsch en es ist, durch welche jeder Deutsche die geselligen Verhältnisse ken: nen lernen muß, in denen er lebt; und daß er eben aus ihr die Nothwendigkeit erkennen wird, sich sein Vaterland so groß zu denken, als das Gebiet der deutschen Sprache, wiefern nicht politische Grenzen dieß unmöglich machen. Aber ferner, ist et wa die deutsche Geschichte so beschaffen, daß sie unsrem patrios

tischen Eifer kein Hinderniß in den Weg legen sollte? Bor der Leipziger Schlacht war der Anblick derselben so traurig, daß man ihre niederschlagende Wirkung im Jugend- Unterrichte fürchten mußte. Da war kein Lichtpunct zu finden, der das Ganze hätte erhellen können. Selbst die Reformation, diese größte Kraftäußerung der Deutschen, erschien anders dem Kas tholiken, anders dem Protestanten; und Alle mußte die Tren: nung und Schwächung schmerzen, die daraus entstanden war. Belehrend zwar ist unstreitig unsere ganze Geschichte für den, der das National Interesse schon empfindet; aber begeisternd für dies Interesse fångt sie erst jezt an zu werden. Und hat man auch erwogen, in wie weit die deutsche Geschichte faßlich ift für die jüngern Jahre? Sie ist verwickelt mit der ganzen Historie von Europa. Das Urtheil über historische Verknü pfungen erfodert männliche Umsicht und Besonnenheit. Ein solches Urtheil nachplaudern, ist leicht, aber dergleichen Plau: derey ist nur neue Nahrung für die ohnehin nicht kleine Anz maaßung der heutigen Jugend. Darum sind wir der Meinung: unsere Schriftsteller seyen mehr berufen, deutsche Geschichte für das reife Alter klassisch darzustellen, als unsere Schulen, dieselbe sehr weitläufig, und mit Zeitverlust für andere Lehr: gegenstände, den Knaben und Jünglingen vorzutragen.

Wir glauben genug über das angezeigte Buch, und über dessen Gegenstand gesagt zu haben; nur das Auffallende_mag noch bemerkt werden, daß unser Verf. kein Freund des Turn: wesens ist, welches doch bei seinem Eifer für deutsche Volkss thümlichkeit wäre zu erwarten gewesen. Der angegebene Grund: die Turnanstalt gehe nicht aus dem Volke hervor, ist offenbar nichtig. Was und wie viel geht denn bei uns aus dem Volke hervor? Durch großen und fast allgemeinen Beifall hat sich das Turnen schnell verbreitet; daher kann hier von etwas,,mes thodisch Aufgedrungenem und darum Berwerflichem“ gar nicht die Rede seyn. Gymnastische Ucbungen sind in aller Erzichung nothwendig, sie bedürfen allerdings auch meistens der Leitung und Aufsicht. In Deutschland waren sie långst gewünscht; es fehlte nach dem Unterrichte, den Guts Muths gegeben, nur noch an einer kräftig anregenden Gelegenheit. Wodurch has ben denn die Turnlehrer Anstoß gegeben? Ueber diese Frage fchweist der Rec., weil der Streit schon viel zu stark aufge: zegt ist. Aber es ist eine wahre Gewissensfrage für diejenigen, die einer an sich guten Sache durch zufällige Beymischungen ges Schadet haben.

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