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geschehen sei. Besonders sei dieß in Ansehung der deutschen katholischen Kirche der Fall, welche noch heute ohne feste Ver: fassung und beinahe ohne Bischöfe sei, ungeachtet Rom noch nie so viele diplomatische Agenten deutscher Höfe in seinen Mauern und damit beschäftigt gesehen, das Wohl der Kirche neu zu gründen und zu sichern. Das ist aber ganz natürlich. Die Politik des römischen Hoses, das Wohl der Kirche nach dem eignen bemessend und für dieses weit mehr als für jenes, sorgend, besteht im Temporisiren. Der Papst kommt das her Niemandem entgegen, um seinem Ansehen nichts zu verges ben, sondern wartet, bis man ihm entgegen kommt, um nach Belieben verweigern oder verwilligen zu können. Je mehr Gesandte also von deutschen und besonders protestantischen Res gierungen in Rom ankommen und je eifriger sie sich bemüht zeigen, mit dem rdmischen Hofe wegen kirchlicher Angelegen. heiten zu unterhandeln, desto weniger wird dieser Hof selbst dafür thun, desto mehr wird er für Herstellung seiner Macht hoffen, desto weniger wird er zu Opfern geneigt sein, desto mehr wird er auf seinen alten Ansprüchen bestehen. Warum bezahlt man ihn also nicht mit gleicher Münze? Die Besorgs niß, welche Hr. v. W. (S. 71) äußert, das ängstliche Ge: wissen der Gläubigen möchte durch ein gegenseitiges negatives Verhalten bis zur Verzweiflung gesteigert werden, und es könnten daraus wohl gar politische Unruhen entstehen, scheint uns zwar nicht ganz grundlos; aber die Gefahr ist doch keiz neswegs so groß, daß sie deutsche Regierungen bestimmen dürfte, mehr als billig im Kirchlichen nachzugeben, wenn sie nur sonst thun, was recht und gut ist. Hr. v. B. bemerkt ja selbst (S. 72), daß die katholische Geistlichkeit, mit ihr aber auch zugleich ein großer Theil der Gemeinen, in der Kultur weit vorgeschritten, daß fast in der ganzen kultivirten Welt der Wunsch ziemlich allgemein ausgesprochen sei, die Usurpazion der römischen Kurie nicht länger zu dulden und dem allgemeinen Kirchenrechte wieder zu dem Ansehen zu vers helfen, das ihm gebührt. Wenn also die deutschen Regierun gen, katholische und protestantische, sich im Kirchlichen sowohl als im Politischen streng auf der Linie des Rechts halten, so dürfen sie nicht fürchten, daß ihre katholischen Unterthanen ets wa deshalb rebelliren möchten, weil es ihnen wegen Versagung der Weihe von Seiten des Papstes an Bischöfen fehlt oder die Angelegenheiten ihrer Kirche überhaupt noch nicht gehörig geordnet sind. Zulcht bestimmt Hr. v. W. noch die Punk: te, welche von den Bevollmächtigten bei ihren Berathungen vornehmlich zu berücksichtigen wären. Hier kommt tenn auch

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die wichtige Frage vor: Ob die Bestimmung dieser Verhälts nisse" zwischen dem Papste und den protestantischen Fürs ften Deutschlands, welche katholische Unterthanen haben ,, und ihre Anerkennung in einem Konkordate zu suchen ,, oder in einer Deklarazion zu fodern sein dürfte, und ,,was in dem einen oder dem andern Falle wirklich auszuspre: ,,chen oder nur in der Ausübung als gemeinschaftlicher und ,,unwandelbarer Grundsak festzuhalten sei?" Diese Frage aber, die vor allen andern håtte aufgeworfen und beantwortet werden sollen, scheint von den Bevollmächtigten gar nicht bes achtet zu sein, indem, wie schon bemerkt, nach den unter Nr. I. mitgetheilten Protokollauszügen gleich in der ersten Zusammenkunft vor allem andern die Grundsäße, nach denen ein Konkordat abzuschließen, bestimmt wurden.

III.

Zwei Aitenstücke, welche den Beschluß der römisch: päpstlichen Kurie gegen die legitime Wahl des Freiherrn J. H. von Wessenberg zur Berwaltung des Bisthums Konstanz und das Urs theil der Ihn zunächst kennenden höchsten Regie: rung, womit ganz Deutschland übereinstimmt, beleuchten. Die Sache, welche diese beiden Aktenstücke betreffen, ist neuer lich auf ganz offiziellem Wege durch die großherzogl. badensche Regierung selbst in einer öffentlichen, der Bundesversammlung übergebnen Druckschrift bekannt gemacht worden; und da diese Druckschrift oben schon besonders angezeigt ist, so übergehen wir diese Numer und wenden uns sogleich zur

IV. worin die schon auf dem Titel der ganzen Schrift ausgesprochene Frage beantwortet wird. Die Beantwortung dieser Frage ist ganz besonders den königl. preuß. Hrn. Staats: ministern von Altenstein und von Schuckmann gewidmet. Der Lehtgenannte hatte nämlich in einem Ministerialreskripte an die evangelische Geistlichkeit beider Konfessionen in der preußischen Monarchie, die Jubelfeier des Reformazionsfestes betreffend, unter andern auch den Wunsch geäußert, daß die Protestanten hinfort diesen nicht mehr passenden und aller: lei Misdeutungen ausgeseßten Namen aufgeben und sich lieber Evangelische nennen möchten. Der Verf. aber zeigt sehr gut, daß jener Name noch immer passe, daß er nicht ein blos Bes Verneinen oder Widersprechen, sondern ein positives Be haupten des aus freier Ueberzeugung als wahr Anerkannten gegen alles menschliche Ansehen bezeichne, und daß der zweite Name eben so anmaaßend als jener der Katholischen sein würde, gleich als wollten die Protestanten allein im Besiße des Evangeliums sein oder den Geist desselben sich ausschließlich

aneignen, weshalb auch bereits katholische Schriftsteller dagegen protestirt haben. Merkwürdig ist in dieser Beziehung, was S. 103 aus der Schrift eines solchen angeführt wird, welcher nicht nur seiner Kirche den Namen der evangelischen vindizirte, sondern auch meinte, die Katholiken hätten am Reformazions: Jubelfeste der Protestanten ebenfalls ein allgemeines Fest feiern sollen,,,jubelnd und Gott dankend, daß sie in diesem Jahre „1817 noch glauben, was Jene glaubten, welche im J. 33 ,,in der Lehre der Apostel beharrten." Wäre dieser Vorschlag genehmigt worden, so hätten es Katholiken und Protestanten jenen Heeren nachgemacht, die nach unentschiedner Schlacht beiderseits das Te Deum wegen des errungenen Sie: ges anstimmen. Indessen würden wohl viele Katholiken, die mit Exegese, Kirchen: und Dogmengeschichte etwas vertrauter sind, als Hr. Generalvikar Droste in Münster, Verfasser jener Schrift, sich kaum des Lachens haben enthalten können, wenn sie hätten Gott dafür danken sollen, daß der katholische Glaube vom J. 1817 noch derselbe sei, wie der apostolische vom J. 33. Wenigstens hätten sie dabei nicht an das Fegefeuer, den Ablaß, die sieben Sakramente, die Transsubstanziazion und das Meßopfer, die Nonnen und die Mönche, und vor allem nicht an den Papst als Herrn von Rom und Oberbischof der christs lichen Kirche denken dürfen. Man sicht aber aus obiger Aeus Berung des Hrn. Generalvikars, wie die Vorsteher der katholis schen Kirche noch immer aller Geschichte hohnsprechen und sich wenig darum bekümmern, daß sie sich dadurch vor aller Welt prostituiren.

Einen andern noch auffallendern Beweis von der harts nåckigen Beharrlichkeit jener Vorsteher in ihren anmaaßlichen Ansprüchen liefert der leßte Aufsatz (Nr. V.) vorliegender Schrift unter dem Titel: Verdammt nicht Papst Pius VII. alles, was nicht katholisch ist, ausdrücklich? Wir wollen jedoch, da ohnehin diese Anzeige so lang geworden, das hier Gesagte nicht wiederholen, sondern es nur denen Akas tholiken, welche noch immer so gutmüthig sind, an die päpst liche Humanität, Liberalität und Toleranz zu glauben, zum eignen Nachlesen empfehlen. Diejenigen aber, welche init einer so gesinnten geistlichen Autorität Konkordate abschließen wollen, mögen bedenken, was von solchen Konkordaten für den wahren Kirchenfrieden und das damit so eng verbundne Seelenheil der ihrer Leitung anvertrauten Völker zu hoffen sei.

XVII.

Gestaltung Europa's seit dem Ende des Mittelal ters bis auf die neueste Zeit nach dem Wiener Congresse. Versuch einer historisch - statistischen Entwickelung von F. Ch. A. Hasse. Erster Theil, mit einer Charte. Die Zeiten von 1492 bis zum französischen Revolutionskriege. — Leipzig: F. A. Brockhaus. 1818. XVI und 454 S. gr. 8. (Preis: 2 Thlr. 6 Gr.)

Bei einem Werke, dem durchgehends eine große politis sche Idee zum Grunde liegt, und dessen Vf. nicht blos bei den gelungenen Vorarbeiten seiner ausgezeichnetsten Vorgän ger in der pragmatischen Darstellung der welthistorischen Bege. benheiten der drei lehten Jahrhunderte stehen blieb, weil er theils die Mittelpuncte des innern politischen Lebens der Völker und Reiche in den Verhältnissen der einzelnen Stände derselben, und in den allgemeinen Formen ihrer Verfassung und Verwaltung, mit steter Berücksichtigung des Eigenthümlichen jedes ein zelnen Volkes und Reiches, auffaßte und zur Einheit verband,— theils die unermeßliche, noch viel zu wenig gewürdigte, Wech: selwirkung des innern und äußern politischen Le bens der Völker und Staaten, nach dem Einflusse dieser Wechs selwirkung auf die Blüthe und den Verfall derselben, überall durchzuführen suchte; bei einem solchen Werke, welches sich als die gediegene Frucht der auf die glücklichste Weise zu Einem Ganzen verbundenen historischen, geographischen, statistischen und nationalökonomischen Studien ankündigt, wird es wohl dem Recensenten verstattet seyn, an die Spiße seiner Anzeige gewisse allgemeine Ansichten und Grundsäße zu stellen, die ihn selbst bei der Betrachtung und Darstellung der Bege benheiten der drei lehten Jahrhunderte, und also auch bei der Beurtheilung der Schriften leiten, welche zunächst diesen höchst denkwürdigen Zeitraum der Geschichte der jüngern europäischen Menschheit umschließen.

Wenn überhaupt die politische Ansicht der Geschichte unter den Teutschen erst mit Schldzer begann, welchem, auf ver schiedenen Wegen seit den lezten dreißig Jahren, Spittler, Joh. Müller, Eichhorn, Martens, Heeren, Schil ler, Bredow, Posselt, Wachler, Woltmann, Pölik, Dresch, Luden, Ancillon, Buchholz, Saalfeld,

Schneller, Zschocke u. a. folgten; so war es doch Hees ren, welcher zuerst an den Eingang der historischen Darstels lung der drei leßten Jahrhunderte in seinem,, Handbuche der Geschichte des europäischen Staatensystems“ gewisse leitende polis tische Ideen stellte, die, so wahr und trefflich sie auch an sich sind, doch schon deshalb den politischen Charakter dieses Zeit: raumes nicht erschöpfend bezeichnen, weil sie zunächst nur auf das äußere politische Leben der Völker und Reiche, und auf deren Wechselwirkung im europäischen Staatensysteme sich beziehen. Doch bleibt ihm das Verdienst, — nächst der durch sein Beispiel bewirkten Anregung, an die Spiße der Einleitung der Darstellung der drei lehten Jahrhunderte politische Ideen und Resultate zu stellen, besonders das wichtige Verhältniß der Kolonieen zu den Hauptstaaten unsers Erdtheils und zu dem politischen Schicksale derselben im Laufe dies ses Zeitraumes hervorgehoben zu haben.

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Soll aber, nach der Ueberzeugung des Recensenten, der Charakter des europäischen Staatensystems in den drei lehten Jahrhunderten nach seiner Eigenthümlichkeit gewürdigt, und daraus die große politische Erscheinung des allmählig sich bildenden, durch wichtige Ereignisse sich verändernden, durch die französische Revolution erschütterten, und endlich durch Nas poleon's Weltherrschaft ganz gestürzten, politischen Gleich: gewichts in Europa, nach ihren wesentlichen Puncten erklärt und durchgeführt werden; so kann die Einleitung in diesen Zeitraum nur dann ihren Zweck erreichen, wenn sie genau zwis schen dem innern und äußern politischen Leben der Völker und Reiche Europas unterscheidet; wenn sie die Grundbedins gungen beider aus politischen Ideen ableitet; wenn sie die einzelnen Begebenheiten des Zeitraumes unter diesen leiz tenden Maasstab bringt, um daraus das Steigen, die Blüthe, die Culmination und das Sinken der Macht der eins zelnen Völker und Staaten in dem gegebenen Zeitraume zu erweisen; und wenn sie zeigt, daß alle Erscheinungen des å uz Bern politischen Lebens durchaus abhängig sind von der gleich: mäßigen Entwickelung und Fortbildung aller wesentlichen Bea dingungen des innern Lebens. Nur aus diesem Gesichtspuncte wird es möglich seyn (um nur einige Beispiele anzuführen), zu erklären; wie Spaniens Principat unter Karl 5, wegen der Mängel und wegen des Sinkens des innern politischen Les bens dieser Monarchie, schon unter Philipp 2 erlöschen mußte, und sich unter der Ministerregierung vom Zeitalter Philipps 3 an bis auf Ferdinand 7 nicht wieder erholen konnte; wie Frankreich durch Richelieu zu einer entscheidenden Rolle im

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