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halte in London, wo er sich in die Freimaurerloge von der hohen Observanz aufnehmen ließ und die sogenannte ägyptische Maurerei gründete, begann sein Ruf allgemeinere Verbreitung zu gewinnen. Von London begab er sich nach dem Haag, wo er auf das glänzendste aufgenommen und, als Visitator anerkannt, auf Verlangen eine Damenloge gründete. Rasch eilte er darauf durch Deutschland nach Venedig, richtete aber, als er von hier fliehen mußte, seine Plåne auf das reiche Petersburg, wo er die Kaiserin selbst für sich zu gewinnen hoffte. Im Jahre 1778 finden wir ihn auf der Reise dorthin in Nürnberg, Leipzig und Berlin, von wo er über Danzig und Königsberg im Februar oder März 1779 in Mitau in Kurland anfam *). Hier fand er bei dem gereizten politischen Zustande Nußland's bald unter den angesehensten Männern zahlreichen Anhang, auf deren Wunsch er eine ägyptische Loge daselbst gründete. Besonders suchte er sich das Zutrauen des Reichsgrafen von Medem zu erwerben, dessen Tochter, Elisa von der Recke, die seit ihrem sechs= zehnten Jahre in stille Einsamkeit versezt und von vielen herben Unglücksfällen heimgesucht, sich durch Lavater's und Swedenborg's Schriften erhißt hatte **), er mit sich nach Petersburg zu führen gedachte, um durch die Gewähr, welche ihr Name seinen Verbindungen geben mußte, besonders auf die Kaiserin einzuwirken. Sie ward bald seine gläubigste Anhängerin, wenn sie auch freilich auf Augenblicke an ihm zweifelhaft wurde und auf seinen Vorschlag, ihm nach Petersburg zu folgen, nicht einging. In Petersburg scheiterte sein Versuch, bei der Kaiserin Zutritt zu erhalten und unter ihrem Schuße eine ägyptische Loge zu gründen, an Katharina's nüchternem Verstande. Ganz in der Stille reiste er durch Kurland nach Warschau, wo er im Mai 1780 anlangte, aber, da man seinen Betrügereien bald auf die Spur kam, sich nicht länger als etwa zwei Monate halten konnte ***).

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zösische Uebersetzung erschienen. Eine unparteiische Prüfung" dieser Schrift gab C. Tschink. Wien 1791.

*) Vgl. „Nachricht von des berüchtigten Cagliostro Aufenthalte in Mitau im Jahre 1779, und von dessen dortigen magischen Operationen. Von Charlotte Elisabeth Konstantia von der Recke, geb. Gräfin von Medem.“ (Mit einer Vorrede von Nicolai.) Berlin und Stettin bei Fr. Nicolai. 1787.

**) Ueber Elisa von der Recke vgl. die „Zeitgenossen“ Bd. 3, Heft 11. ***) Vgl. „Cagliostro in Warschau. Oder Nachricht und Tagebuch über desselben

Rasch eilte er über Frankfurt nach Straßburg, wo er seit dem September 1780 durch seine Heilungen das größte Aufsehen erregte; bald war er von Hülfsbedürftigen, da er alle unentgeldlich bediente, wie belagert. Am höchsten stieg sein Ruf durch die Herstellung eines bereits aufgegebenen Sekretärs des Kommandanten. Die Vornehm ften drängten sich seit dieser Zeit um den Wundermann, zu welchem eine unglaubliche Menge von Fremden wallfahrtete*); unter den lezteren war auch Lavater. Frau von der Recke hatte Cagliostro während seiner Anwesenheit in Mitau um die Erlaubniß gebeten, an Lavater die Erfahrungen, welche sie in seinem Umgange gemacht habe, mittheilen zu dürfen, welche Erlaubniß dieser aber nur unter der Bedingung gewähren wollte, daß sie etwas über ein Jahr warten müsse; Lavater werde sie dann fragen: „Ist dieser Graf nicht der große Cagliostro?", worauf sie antworten folle: „Er ist's“ **). Sie schrieb auch wirklich nach Ablauf der bestimmten Zeit an Lavater, der sie dann fragte, ob dieser Graf nicht der menschenfreundliche Arzt Cagliostro sei. Lavater machte darauf selbst eine Reise nach Straßburg, um den Wunderthäter zu sprechen, konnte aber nichts weiter aus ihm herausbringen, als die Worte: Sind Sie von uns beiden der Mann, der am besten unterrichtet ist, so brauchen Sie mich nicht; bin ich's, so brauch ich Sie nicht." Am andern Morgen sandte Lavater ihm folgende drei Fragen: „Woher stammen Ihre Kenntnisse ? Wie haben Sie diese erlangt? Worin bestehen sie?", worauf die Antwort lautete: In verbis. In herbis. In lapidibus. Aus einem Briefe, den Mathei an Lavater über eine mit Cagliostro gehaltene Unterredung schreibt (Hegner Beiträge zur Kenntniß Lavater's S. 237 ff.), ersehen wir, daß Lavater in Begleitung von dem berühm ten Arzte Hoße und seinem Schwager Tobler ihn besuchte, was diesem unangenehm war, weil ernsthafte, sekrete, würdige Unterhaltungen, wo Deffnung der innersten Seele dazu gehöre, nicht in Gegenwart eines jedweden vor sich gehn müßten". Cagliostro hatte

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magische und alchymische Operationen in Warschau im Jahre 1780, geführt von einem Augenzeugen (Graf Moszinsky). Aus dem französischen Manuscripte überseßt und mit Anmerkungen erläutert (von Bertuch).“ 1789.

*) Vgl. den Brief eines straßburger Freundes der von der Recke in der angeführten Schrift S. 14 ff.

**) Vgl. von der Recke S. 115. 117.

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Lavater's Bild in Gyps über seinem Kamine hängen, das er später der Gräfin Branconi schenkte. Er (Lavater) wünschte, mit mir in Briefwechsel zu stehn," erzählte Cagliostro;,,ich hab es mir zum Gesetz gemacht, nie einen Brief zu beantworten, keinem schriftliche Antwort zu schicken, aber ich ließ seine Bitte Statt finden und nahm sie an. Sein erster Brief, den er mir schickte, war nicht geschrieben, wie ein Philosoph schreibt, nicht geschrieben nach bürgerlichen Verhältnissen; doch dies ist Nebensache. Aber Hauptsache bleibt es, daß ein solcher Briefwechsel alsdann unter uns bleiben muß. Nun schickt mir Lavater einen Imposteur zu, einen Schwärmer, von ihm an mich empfohlen, einen schwachen Menschen, der Lavater's Freund ist, der mir seine große Rolle Papier mit lauter Sachen zeigt, die ich verachte und lange kenne. Dies ist schwach von Lavater gehandelt und hat mir von dem Manne eine ganz andere Meinung beigebracht. Sagen Sie Lavater, ich schäße ihn, hätte ihn stets geschäßt, aber sein Feuer und seine Lebhaftigkeit lassen ihn noch nicht dahin kommen, wohin er sicher bei mehreren Jahren längerer und tieferer Erfahrung, besserer Auswahl seiner sogenannten Freunde, die er überall findet, kommen wird." Bald nach seiner Rückkehr von Straßburg schrieb Lavater an Frau von der Recke, daß er Mißtrauen in Cagliostro seze, und er bat sie um ihr offenherziges Urtheil über ihn, falls sie ihm weiter nachgespürt haben sollte, worauf diese ihm mittheilt, was sie durch Graf P. über sein Treiben in Warschan erfahren hatte, wodurch ihr Glaube an ihn verschwunden war, so daß sie sich jezt an Cagliostro's Nebenbuhler in Mitau, den Professor Stark wandte"). Lavater schwärmte aber noch immer für Cagliostro,, von dessen Wunderthaten er seinen Freund Goethe nicht überzeugen konnte, der am 22. Juni 1781 an ihn schrieb:,,Was die geheimen Künste des Cagliostro betrifft, bin ich sehr mißtrauisch gegen alle Geschichten. Glaube mir, unsere moralische und politische Welt ist mit unterirdischen Gängen, Kellern und Kloaken miniret, wie eine große Stadt zu sein pflegt, an deren Zusammenhang und ihrer Bewohnenden Verhältnisse wohl niemand denkt und sinnt; nur wird es dem, der davon einige Kundschaft hat, viel begreiflicher, wenn da einmal der Erdboden einstürzt, dort ein Rauch aufgeht aus einer

*) Von der Recke S. 117. Zeitgenossen S. 28.

Schlucht und hier wunderbare Stimmen gehört werden *)." Mehr als ein Jahr später nennt Goethe unter anderen Personen, über wleche er Lavater's Urtheil zu vernehmen wünscht, auch Cagliostro. Wie Lavater noch einige Jahre später über Cagliostro dachte, ergiebt sich aus seinen Aeußerungen in der,, Rechenschaft an seine Freunde" (1786):,,Cagliostro, ein Mann, und ein Mann wie wenige, an den ich aber nicht glaube. O, daß er einfältig und demüthig wäre, wie ein Kind, daß er Sinn hätte für die Einfalt des Evangeliums und für die Hoheit des Herrn. Wer wäre größer, als er? Cagliostro erzählt oft, was nicht wahr ist, und verheißt, was er nicht hält; doch halte ich seine Operationen nicht für Betrug, obgleich lange nicht für das, wofür er sie ausgiebt. Ich möchte weinen, daß eine Gestalt, wie die Natur nur alle Jahrhunderte formt, daß ein solches Produkt der Natur so sehr verkannt werden muß **).“

Unter den Personen, die sich von Cagliostro täuschen ließen, befand sich auch der Prinz Louis René Edouard de Rohan, Kardinal und Erzbischof von Straßburg, der es nicht verschmerzen konnte, daß er die Gunft der Königin verloren hatte ***). Dieser gab ihm außer vielen anderen bedeutenden Geschenken auch zwanzigtausend Livres zur Erbauung eines Lufthauses, in welchem er zur physischen Wiedergeburt gelangen sollte. Während seines Aufenthaltes in Straßburg hatte er mit dem Prinzen auch einmal einen Ausflug nach Paris gemacht. In Straßburg kam man indessen seinen besonders von den Aerzten heftig verfolgten Charlatanerien auf die Spur, und es fehlte nicht an bitteren Satiren und herben Angriffen †) auf den fremden

*) Man erinnert sich hierbei unwillkürlich der ähnlichen Stelle in „Wahrheit und Dichtung," wo er von den „seltsamen Irrgången“ spricht, „mit welchen die bürgerliche Societät unterminirt ist“ (B. 21, 85 f.).

**) Gegen Eckermann äußerte Goethe (II, 70):

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Lavater glaubte an Cagliostro und dessen Wunder. Als man ihn als einen Betrüger entlarvt hatte, behaup tete Lavater, dies sei ein anderer Cagliostro, der Wunderthäter Cagliostro sei eine heilige Person.“ Ich zweifle an der Richtigkeit dieser Mittheilung. ***) Vgl. über ihn (von Schüß) „Geschichte der Staatsveränderung in Frankreich unter König Ludwig XVI“ B. 2, 41 ff. und die Schrift „Frankreich im Jahre 1803" I, 195 f.

†) Hierher gehört eine kleine Schrift des Wundarztes Sachy in Straßburg vom Jahre 1782. In Deutschland geschah der erste Angriff auf Cagliostro wohl in den drei Bogen, die Bode ohne seinen Namen unter dem Titel: „Ein paar

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Abenteurer, für den aber der Magistrat von Straßburg noch später ein günstiges Zeugniß ausstellte. Er fand es gerathen, nach fast dreijährigem Aufenthalte Straßburg zu verlassen und sich nach Neapel zu begeben, von wo er aber schon nach drei Monaten, im November 1783, nach Frankreich zurückkehrte. Hier seßte er zunächst zu Bordeaur seine Betrügereien mit gutem Erfolge fort; viel glänzender aber war sein Auftreten zu Lyon, wo er im Oktober 1784 eine Mutterloge seiner ägyptischen Maurerei mit großem Pompe gründete. Sein Ruf verbreitete sich immer mehr, so daß er sich in Paris, wo er im Januar 1785 ankam, des ehrenvollsten Empfanges zu erfreuen hatte. Er gründete hier im Hause des Prinzen Rohan, mit dem er seine Bekanntschaft erneuerte, eine reich und prächtig eingerichtete Loge, in welcher er den Stuhl des vorsizenden Meisters einnahm und durch seine seltsamen Erperimente, wie sein wunderliches Wesen alle in Erstaunen seßte; eine zweite Loge eröffnete er in seinem eigenen Hause. Auch traf er hier mit der verschmigten Intriguantin, der sogenannten Gräfin de la Motte, zusammen, die er schon in Straßburg gesehen hatte. Vor der Inquisition sagte er später aus, diese habe ihm eines Tages die Frage vorgelegt, ob das Kind, womit eine gewisse Mutter schwanger ging, ein Knabe oder ein Mädchen sei. Diese war es auch, durch welche er in die berüchtigte Halsbandgeschichte, (l'affaire du collier) verwickelt wurde.

Die neuere Zeit hat uns manche anziehende Aufschlüsse über die Halsbandgeschichte gebracht, besonders in den Memoiren des Abbé Georgel, Generalvikars des Kardinals, und der Frau von Campan, der ersten Kammerfrau der Königin; aber die neueren Darsteller *) haben über diesen

Tröpflein aus dem Brunnen der Wahrheit, ausgegossen vor dem neuen Thaumaturgen Cagliostro. Am Vorgebirge. 1781" herausgab.

*) Vgl. von Schüß a. a. D. II, 40–72. K. G. Jacob die „Halsbandnovelle“ in Mundt's literarischem Zodiacus" 1835, Dezemberheft. Wachsmuth „Geschichte Frankreich's im Revolutionszeitalter“, erste Beilage zu B. I. Carlyle „die französische Revolution“ I, 77 ff. Hißig „der neue Pitaval“ VIII, 192 ff. Man sehe auch Jacob's Aufsäße in den „Zeitgenossen“ B. 9, Heft 12 und in Raumer's „historischem Tagebuch“ vom Jahre 1838. Der lettere Aufsaß ist mit Zusäßen wieder abgedruckt in Jacob's „Beiträgen zur französischen Geschichte“. L. Blanc's Darstellung im zweiten Barde seiner „Geschichte der französischen Revolution“ konnte bei der Abfassung des Aufsaßes noch nicht benugt werden.

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