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und welche Shakspeare so herrlich zu einer dramatischen Person machte, hatte Ben Jonson keinen Sinn; es fehlte ihm an jener reichen Phantafie, mit welcher Shakspeare alle Ueberlieferungen der Volksphantasie so sicher zu ergreifen und so bedeutsam zu gestalten vermochte. In Ben Jonson's kritischem und berechnendem Verstande blieb von dem Phantasiegebilde Puck nichts übrig als der „schamlose Kobold", der nur Teufelswerk weiß und vollbringen will; daher wurde Puck, der im Sommernachtstraum so lebendig und mannigfaltig in die Handlung eingreift, in Ben Jonson's Lustspiele eine überflüffige Person, die der Dichter nur einführte, um seine Satire gegen die Schwächen, Thorheiten und Laster der Menschen nur noch schärfer hervortreten zu lassen. Der Puck des Ben Jonson ist charakteristisch für Ben Jonson's Lustspiel überhaupt; er dichtete, um mit herber schneidender Satire zu geißeln, während in Shakspeare's Lustspielen ein liberaler, schonender und phantastereicher Humor waltet.

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Einen andern Beleg für diese Behauptung giebt die Art und Weise, in welcher Ben Jonson Feen und Elfen in seinen Dramen, wie in dem Alchymisten", gebrauchte. Der Alchymist ist eine kräf tige Satyre gegen den Aberglauben des Zeitalters, welcher durch Gauner und Schurken geprellt werden konnte. Der Alchymist in Person, ein gemeiner aber verschmißter Betrüger, der mit einem noch verschmitteren Burschen und mit einer gemeinen Dirne verbunden ist, speculiren auf die Thorheit und Leichtgläubigkeit, die Habsucht und Lüberlichkeit der Menschen und entreißen ihnen Geld, Gut und Ehre. Wir erwähnen unserm Zwecke gemäß nur, daß auch Elfen in dem Drama auftreten und verweisen über das ganze Drama auf Ulrici, der über dasselbe höchst einsichtsvoll gesprochen hat*). Der Alchymist

*) Shakspeare's dramatische Kunst. Leipzig 1847, p. 271. Den Inhalt des Drama's giebt Ben Jonson selbst so an:

Die Krankheit tobt: dem Diener überläßt

Ein Herr das Haus und flüchtet vor der Pest.
Ruchloses Volk verführt den Knecht: ein schnöder
Adept, der eine Dirne hält als Köder.
Leer steht das Hans: das paßt in thren Plan,
Contractlich wird's dem Kleeblatt aufgethan.
Hier gaunern sie im Großen, plündern Leute,
Ein Drittheil bleibt für jeden von der Beute.
Manch' armer Wicht wird heillos nun geprellt;

verspricht dem,,Niedlich“, einem jungen thörichten Schreiber, einen Geist,,in der Gestalt einer kleinen Fliege, die ihm durch unzerstörlich Glück in vierzehn Tagen so viel gewinnt, daß er sich eine Baronie kaufen kann" (3, 2). Niedlich wünscht einen Familiaris, der beim Pferderennen ihm Becher gewinne. Die Betrüger machen ihm weiß, daß die Elfenkönigin seine Tante fei (1, 1) und eine verächtliche Dirne (Dortchen Allgemein*) muß sich als Elfenkönigin verkleiden und diese Elfenkönigin gebietet ihm, alle seine Baarschaft, feinen Beutel, sein Taschentuch von sich zu werfen und wenn er etwas zurückbehält und vorgiebt, nichts mehr zu besigen, so kneipen ihn die Elfen. (3, 2); als ihm die Elfenkönigin zum zweiten Male erscheint, giebt sie dem armen Betrogenen den Fliegengeist in einen Seckel mit den Worten (5, 2):

„Viel Geld gewinnst Du, doch nie gōnn' ihm Ruh;
Biel schenke weg, viel borge, viel verthu!"

Auch in den,,lustigen Weibern von Windsor" erscheinen Menschen als Elfen verkleidet; auch hier werden Täuschungen ausgeführt; aber welch ein Unterschied ist zwischen Shakspeare und Ben Jonson! Der herabgekommene, frivole, auf seinen Verstand und Wiz so eitle Falstaff mit seinen niedrigen Gelüften wird durch die Elfen gezwickt, verhöhnt und gestraft und erleidet für sein sündliches Verlangen eine ge= rechte Niederlage; während bei Ben Jonson die gutmüthige Leichtgläubigkeit schmählich betrogen und geplündert wird.

Es ist nun noch von Ben Jonson ein kleines Schauspiel zu erwähnen, welches den Titel,,Oberon the fairy prince“ führt und von dem Dichter als eine Maske bezeichnet wird. Diese Masken waren,,kleine, mit Gesängen durchflochtene und unsern Singspielen vergleichbare Dramen, meist allegorischen Inhalts, für deren Erfinder Ben Jonson gelten kann“**). Diese Maske war zu Ehren des Prinzen Heinrich gedichtet und wurde am 1. Januar 1610 aufge

In Spiegeln zeigt man ihm den Lauf der Welt.
Schenkt Fliegengeister, lehrt des Steins Gebrauch,
Tinktur und Gold vergeht zulcht in Rauch.

Baudissin, Ben Jonson und seine Schule 1, p. 3.

*) Doll Common; sie erinnert an Doll Tear-sheet in Shakspeares Heinrich IV. **) Ulrici, Shafspeare's dramatische Kunst, Leipzig 1847, p 262.

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führt *). In diesem Drama treten Satyrn, Silenus, Waldgötter auf; eine Feier zu Ehren des Oberon findet Statt, welcher im großen Pompe erscheint. Dabei werden dem Könige Jakob I. schmeichelhafte Huldigungen dargebracht**), die Elfen singen und tanzen und werden zulezt von ihrem nächtlichen mondbeschienenen Feste von dem Phosphorus hinweggescheucht. Der Dichter bewegt sich in dem kleis nen Drama in der herkömmlichen Elfenmythologie und verbindet dieselbe seiner Neigung zum Alterthum gemäß mit Satyrn, Sylvanen, Silenen; daß er diese Elfendichtung lieferte, dazu mochte ihn vielleicht die Popularität veranlassen, welche die Elfen gerade durch Shakspeare's Sommernachtstraum erlangt hatten, und in einer Stelle glaube ich eine Nachahmung Shakspeare's zu erkennen ***). Uebrigens ist die Art des Gebrauchs hervorzuheben, den Ben Jonson von der Elfen

*) Collier, History of English dramatic poetry 1, 375.

**) The works of Ben Jonson, by W. Gifford. Lond. 1816. VII, p. 190: Melt earth to sea, sea flow to air,

And air fly into fire,

Whilst we in tunes to Arthur's chair

Bear Oberon's desire;

Than which there's nothing can be high'r

Save James, to whom it flies:

But he the wonder is of tongues, of ears, of eyes.

***) Phosphorus sagt p. 195:

To rest, to rest! the herald of the day,

Bright Phosphorus, command you hence, obey.

The moon is pale and spent; and winged night

Makes headlong hast to fly the morning's sight:
Who now is rising from her blushing wars,

And with her rosy hands puts back the stars.
Of which myself the last, her harbinger,

But stay to warn you, that you not defer

Your parting longer: then do I give way,
And Night has done and so must you, to Day.

Damit vergleiche man Sommernachtstraum 3, 2, wo Puck zu Oberon sagt:

My fairy lord, this must be done with haste

For night's swift dragons cut the cloud full fast
And yonder shines Aurora's harbinger etc.

and Oberon, mit derselben Anspielung auf Fithonus, welche Ben Jonson hat, sagt: I with the morning's love have oft made sport.

mythologie machte. Er führt den Oberon auf mit der bestimmten Tendenz, in ihm eine bestimmte Person zu verherrlichen. Er behandelt also diese leichten, luftigen Elfengötter bei weitem nicht mit der genialen und phantasiereichen Freiheit wie Shakspeare. Man weiß, daß Shakspeare im Sommernachtstraum 2, 2 unter der Vestalin im Westen, auf welche Cupido den Pfeil abdrückt, die Elisabeth_verstand, und die große Königin, die auf ihre Jungfräulichkeit so stolz war, in dieser Stelle verherrlichte*). Es war in jener Zeit gebräuchlich, hohen Personen in mythologischen Formen Huldigungen darzubringen; wie denn die Elisabeth von Spenser als Feenkönigin, von Lilly in seinem Endymion als Cynthia gefeiert wurde. Wie weit Shakspeare diese Sitte theilte, wie sehr er sie mit der åchtesten Poeste verband, beweist die im Sommernachtstraum bezeichnete Stelle, über die ich in meiner Abhandlung über dieses Drama bereits gesprochen habe. Ben Jonson bleibt in seiner Maske in dem Geschmacke Lilly's stehen, indem sein Oberon nicht wie bei Shakspeare ein eigenthümliches, volles und selbstständiges Leben hat, sondern eine andere Person bedeutend zur Allegorie wird.

') Die Anspielung auf Elisabeth verneint Delius im Shakspeare-Lexikon, Bonn 1852; zur Textkrtik und Erklärung der einzelnen Dramen, p. 35.

Halberstadt.

Dr. C. C. Hense.

Das Göttliche.

Gedicht von Göthe.

Die hier folgende Erklärung eines Göthe'schen Gedichts wurde schon vor längerer Zeit abgefaßt und die Veranlassung dazu war ein den Schülern der ersten Classe aufgegebener Commentar zu diesem Gedichte. Da dieser nur theilweise gelungen, manche Partieen wohl auch unrichtig aufgefaßt worden waren, schrieb ich selbst die folgenden Erörterungen nieder, um den Schülern ein anschauliches Bild von der Tiefe und dem Gedankenreichthum zu geben, den der Dichter in wenige kurze Säße zusammengedrängt hat. Da sich nun das von mir ohne alle Ansprüche auf Musterhaftigkeit Gegebene viels leicht auch andern Lehrern bei ähnlichen Anlässen empfehlen möchte, so habe ich es dem Archiv übergeben, und das um so mehr, da in neuerer Zeit allerdings seltener als früher dergleichen Arbeiten vorzukommen scheinen und ich vielleicht Anlaß gebe, daß auch noch andere Collegen Aehnliches mittheilen. Ich füge jezt nur noch folgende Notizen hinzu.

=

Wie Schäfer in Göthe's Leben I. p. 325. nachweist, dankt vorliegendes Gedicht seine Entstehung dem Jahre 1782. Göthe war mit dem Herzog von Weimar auf einer Reise im Eisenachischen begriffen, auf welcher er auch gelegentlich mehrere kleine Gedichte verfaßte, die unter der Rubrik „Antiker Form sich nähernd“ zusammengefaßt wurden. Der Dichter hatte um diese Zeit längst die Sturm und Drangperiode hinter sich; eine edle und reine Liebe hatte sein Wesen geläutert und gehoben; er war mehrere Jahre schon praktischer Geschäftsmann, der im Weimarischen Lande überall das Gute pflegte und förderte. Schäfer äußert sich an der citirten Stelle noch folgendermaßen: „An die Stelle des früheren prometheischen Troßes tritt in diesen Gedichten (das Göttliche, Grenzen der Menschheit, Ganymed) das Gefühl des Demüthigen, der Schranken des Daseins bewußten Hingebens an das Ewige und Göttliche, das in den Gesezen der Natur und dem Wirken der Menschheit waltet,

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