Oldalképek
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Unrecht, die ihn, der durchaus keinen scharfgeprägten Charakter aufzustellen weiß, einem Shakspeare an die Seite stellen, ja ein Frevel ist es mir. Mich ergreift und entzückt das ahnungsvolle, das mystische, das phantastische in Calderons Dichtungen, der Duft und Schmelz der Blumen, woran C. mit südlicher Wollust saugt, das bunte, zaubrische Farben- und Bilderspiel, das selbst da noch immer symbolisch bedeutsam bleibt, wo es sich in Abentheuers lichkeiten zu verlieren und aufzulösen scheint. Aber wenn ich über Shakspeare komme, der in die leßten Liefen der menschlichen Natur kühn hineindringt, der das Leben nach allen Dimensionen in allen Farben zeigt —, da ist von keinem Entzücken mehr die Rede, da ist meine ganze Seele ihm ergeben, und ich fühle mich voll Verehrung gegen die Natur und die Gottheit. Man sollte nicht vergleichen. Das mir vorliegende Stück enthält einen Schicksalsdolch, wie Werners überladene Tragödie ein Schicksalswaffer, und die Hauptpersonen sind der Letrarch Herodes mit seiner schönen Mariamne, aber ganz als Spanier verkleidet an Geist, Tracht und Sitte. Da wimmelt es von förmlichen Disputationen, Spiß- und Wißspielen nach architektonischer Symmetrie, da hüpfen und tanzen und klingen Sonette, Lerzerinen und

anderes Zeug, das mir Graun machte, weil dabei mein kritisches Zalent in Anspruch genommen ward, und ich durfte meinen Freund doch nicht in der Noth lassen. Ich glaube steif und fest, die Spanier haben ein Organ mehr, als wir bestie tedesche; denn mir ward ganz spanisch im Kopf bei den spißfindigen Argumentationen des Herodes, die einem wie Duecksilber unter den Händen weggehen, zumal in einer vom Dichter so los und locker behandelten Sprache.

Bei der Gelegenheit hab' ich denn auch die berühmte, von Schlegel so gepriesene Aurora de Capocavana gelesen, zu deren Lobe sich die neuen Dichterlinge erschöpfen, wahrlich bloß auf Schlegels Authorität und des schönen Namens wegen, der ein Thal in Peru bezeichnet; denn gelesen hat sie keiner. Ich gestehe, mir hat diese Aurora durchaus mißfallen. Der Gegenstand ist groß; es ist die Entdeckung von Peru und der Sieg der christlichen Religion über das Heidenthum. Aber eben über einen so großen Gegenstand hätte ich von Calderon etwas vorzüglicheres erwartet. Auch giebt der erste Akt zu großen Erwartungen Anlaß. Hernach aber sinkt das Stück immer mehr, und der dritte Akt, der mit den beiden ersten gar nicht zusammenhängt, ist bis zum Lächerlichen abgeschmackt. Die personificirte Abgötterei spielt in

freilich mit

dem ganzen Stück eine wichtige Rolle; an Engelerscheinungen, Kreuzen u. dgl. fehlt es auch nicht. Das mag der Grund sein, warum gewisse Leute das Stück so erhoben; mir indeß ist diese Katholikerei ein wahrer Greuel. Aber auch aus katholischem Gesichtspunkte betrachtet, steht die Aurora tief unter der Ans dacht zum Kreuze. Bei dieser liegt eine Idee zum Grunde, aus welcher das ganze Stück organisch ers wächst. In diese Idee kann ich mich Mühe hineinverseßen, und begreife dann, wie das Stück eine ganze Nation in ewigem religiösen Staunen erhalten kann. Die Aurora dagegen ist ein Unzusammenhängendes von einzelnen Scenen und Aften, und was ist's endlich? nichts als daß Ein Aberglaube durch einen anderen noch viel tolleren vertrieben wird. Ich fühle es nur zu sehr, daß ich der sogenannten klassischen Welt angehöre, und eigentlich nur mit dem großen Zeh in der Romantik fuße. Doch genügt mir das, mir ganz herrliche Genüsse zu verschaffen, die der entbehrt, der die ganze Romantik mit Haut und Haar von sich weiset.

Schlegel ergießt sich mit elegantem Entzücken über das endlose Labyrinth mythischer Bezauberungen im Calderon. Aber ich versichere Dir, in den 8-12 Stücken, die ich außer den überseßten kenne, herrscht

hin und wieder die größte Monotonie, und Schlegel und Gries haben recht auswählen müssen, um nicht

auf Stücke zu treffen, die nicht überall sich in spanischen Gemeinpläßen berühren. Auch ist die Sprache keineswegs so schön und correct, wie Schlegel will, der behauptet, im ganzen Calderon wäre nicht Eine verwahrloste Zeile. Solche Unwahrhaftigkeit aus lieber Langeweile, da Schlegel nie einen ganzen Calderon mit Augen gesehn, verdrießt mich. Ich habe oft im Calderon Zeilen gesehn, die keinen Hauptbegriff enthielten, sondern eitel Nebenbegriffe, und ist das poetisch zu rechtfertigen? Calderon ist als Stilist nicht mit Cervantes, dem kunstreichen Arbeiter, zu vergleichen, sondern mit Lope de Vega, der seine Stücke aus dem Ärmel schüttelte.

Neulich las ich auch den Yngurd von Müllner zu Ende, und mir juckten ein wenig die Finger dabei, die Finger der rechten Hand nämlich, welche Recensionen schreibt. Ich fühlte einen gewissen Ingrim bei dem Gedanken, wie Müllner sich in Journalen so gewaltig spreizt, und so erhaben auf andere herabsieht seine Aussprüche lauter Orakel! Und was ist dieser Yngurd anders, als eine schwache Travestirung des Königs Johann? Dort aber statt eines Oscar, dem, wie einem Jungen auf alten Bildern,

Zettel mit Sprüchen aus der neuen Schule aus dem Munde gehn, ein Arthur (der Name erinnert an alles Holde und Liebliche), statt einer Brunhilde eine Constanze, und statt eines unbedeutenden Gyldenberg ein Pandulpho und Könige und ganze Städte, die im lebendigsten Leben das Spiel der Welt spielen. Und welche Plattheiten der Ritter und Schiffer! Einem Verehrer von Müllnern sagte ich, er schiene mir dem auf der einen Seite schwarzen, auf der andern Seite weißen Mann gleich, den einer der Ptolemäer aus Asien brachte, um mit ihm Effect auf der Bühne zu machen. Das Volk wandte sich mit Entseßen von ihm. Wenn Müllner die Kunst erfindet, Mohren zu bleichen, so kann er sich noch einmal vollständig durchweißen; ich fürchte aber, er wird eher über und über schwarz werden.

Ich weiß sehr gut Scherze von bitteren Satiren zu unterscheiden, auch wenn der Scherz, selbst der sehr muthwillige, meine Liebsten, meinen Vater, bes trift. Spricht aber einer mit bitterer Unehrbietigkeit von meinem Vater, verkennt absichtlich gegen bessere Überzeugung diesen edelsten der Männer, lästert ihn

ja, dann bin ich hart und unversöhnlich.

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