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ches Weltbürgerreich und zugleich eine Weltpilgrimschaft vor Augen. Unter dem Vorwande zu bekehren, entdeckte und plünderte der Handel die neuen Welttheile, und alle Kriege der neuern Geschichte waren in der Hauptsache Kriege_um Handel und sogenannte religiöse Besißnahme der neuen Welt. Zuleht, besonders als die Ansicht von den Türkenkriegen fich geändert hatte, schwand auch der christliche Eroberungs: eifer. Der Weltbürgersinn blieb, aber die Aufklärung verwandelte ihn in die Form einer indifferenten Humanität.

Trugt nicht die wunderbare Ahnung, die seit ungefähr einigen Jahrzehnden zugleich mit nie zuvor erlebten Begeben: heiten jedes Menschen Brust ergriff, so stehen wir allerdings vor dem noch geschlossnen Triumphthore, wo eine neue Welt: periode cinzichen will. Alles will neu werden, und warum nicht unter der Idee des Bessern? Selbst die langsam ein: trocknenden laudatores temporis acti müffen meynen, daß ihr Altherkömmliches doch wenigstens die Welt wirklich nun einmal verbessern werde. Eine neue aus Gott stammende Menschheit, an welcher sich die alte zu reinigen versuchte, kam seit Jahrtausenden zur Erde. Aber sie, und was dasselbe heißt, die heilige, Gott geweihte, allgemeine Menschenvernunft ward Jahrtausende lang noch vom blödsinnigen Auge der Sterb: lichen verkannt. Das öffentliche Leben suchte nur in pilgernder Ritterschaft das Gottesreich, ohne es zu finden.

Indessen diese Weltpilgrimschaft unter dem Nahmen von Religion oder Handel, dieser Cosmopolitismus, der doch am Ende an irgend einem Pole der Erde sein Ziel findet, muß eben so ein Ende nehmen, wie die Nazionalitätsidee ein Ende nahm. Schon in den Propheten sagt Gott, tröstet mein Volk, redet freundlich mit Jerusalem, predigt daß ihre Ritterschaft ein Ende nehme. Seit mehreren Jahrzehnden, feit der nordamerikanischen und französischen Revolus tion ist eine dritte Hauptidee blutig und schrecklich wirk: sam in die Weltgeschichte getreten, die Idee der allge: meinen wenigstens formellen åußern Weltgesekgebung, oder des Menschenrechts, und sie ist der wahre Geist der neusten mit uns geborenen und lebenden Zeit. Freylich kann auch eigentlich das öffentliche Leben, als solches nicht viel mehr suchen, als die äußere Form des Gottesreiches, die formelle Gefeßgebung dessen, was äußerlich Recht ist und Rechtschaffenheit, in einem von Gott erfüllten Vers nunftstaate, Freylich vergreift sich der Geist der neuesten Zeit wiederum, indem er das Irdische zu heftig sucht, statt des Himmlischen. Indessen, wenn das öffentliche Leben,

wie es jeht die Erfahrung darstellt, aufrichtig nach der Form des Rechts ringt, und dieses, ob gleich mit einem oft verabscheu ungswürdigen Fanatismus zum Gegenstande aller Bestrebungen macht, so sind dies doch Vorboten, daß das öffentliche Leben sich in einem verwirklichten Gottesreiche eben so mit Gott auszuschnen strebt, als es das von der Welt abgewandte Leben des religiösen christlichen Gemüts von je her im Stillen that, wenn sein Leben verborgen war durch Christum in Gott."

Daß die ein neu begonnenes Weltzeitalter ers wårmende, ja bis zu Convulsionen erregende dritte Haupts idee das zu einer allgemeinen Weltgesetzgebung ers hobene Recht sey, keinesweges aber, wie so viele Berkenner ihrer Zeit meynen, eine absondernde, einseitige Nazionas lität, jene umsonst aus den Klassikern aufgewärmte längst abgetragene Form der alten Weltgeschichte, noch weniger ein blos alles verflachender Cosmopolitismus, oder die Humanität der indifferenten Aufklärungsperiode, mit wel: cher die neuere oder mittlere Weltgeschichte nun wohl geendet hat, .... das beweist alles, was wir erlebt haben. Die frühern und spätern Angelegenheiten Polens, die Frage um die Herrschaft auf den Ozean, die Staatsumwälzungen in neuer und alter Welt, der Kampf gegen eine neu angedrohte Universalmonarchie, alles forderte auf zu nähern Bestimmungen des Menschen: Staats und Bölkerrechts überhaupt. Jenes Volk selbst, welches mit dem meisten Glanze einen bürgerlichen Rechtszustand aufzustellen strebte, und die Ers klärung der Menschenrechte zur Grundlage seiner neuen Verfassung machte, konnte in seinem Taumel keine neue Nazionalitat gründen. Es mußte schon als Republik und dann unter der Herrschaft eines Ausländers die übrige Welt in diesen Taumel hineinzichn. Wie eine tiefeingewurz zelte Krankheit im Menschenkörper oft die Maske von an: dern Krankheiten annimmt, so verwandelte sich auch der Geist der Zeit, von seinen eignen Anhängern gewöhnlich verkannt, d. h. diese wahre Sucht, Recht zu haben, aber auch öffent; lich zu schaffen, in andere Formen. Die Völker bewaffneten sich für Vaterland, Tugend, Wahrheit, Glauben, Freyheit, Verfassung aber in allen diesen Ideen, die aus andern Gründen eben nicht sehr lebendig seyn konnten, suchte man vorzüglich das Recht, und way erbittert über ers littenes Unrecht. Wie unsre moderne Aesthetik die Form der Schönheit von allem Inhalte, unsre moderne Wissenslehre die Form des Wissens von allen Gegens

stånden trennt, so scheint auch unsere öffentliche Sittenlehre jeht nur Einen Gedanken zu haben, die Form eines dffent: lichen Rechts, über das, wozu das Recht etwa da seyn. mag, ist man weniger in Verlegenheit. Das Recht, oft auch als Staat personifizirt, erscheint als die alleinheilige, un2 bedingte Idee, der man alles übrige zum Opfer bringen soll. Fiat iustitia et pereat mundus. Erst will man den Topf haben, wo, um mit Heinrich dem 4ten zu reden, das Huhn der bürgerlichen Glückseligkeit gekocht werden soll, sollten auch alle Hühner der Welt unterdessen davon laufen. Niemals war es, vermöge einer allgemeinen Schuld der Zeiten, mit der dffentlichen Glückseligkeit schlimmer bestellt, als in den bisherigen Decennien. Aber jeden Tag ward eine neue Glück; seligkeitsverfassung, unter dem Nahmen Constitution, fertig. So mager es aussah, was die große Schriftstel lermasse zum Besten der Menschheit auf den Markt zu bringen hatte, so seufzte und rief doch alles nach Preßfreyheit. Und gewiß werden wir lange ein wohl geordnetes Kirchen: recht, wer weiß, ob nicht wieder mit Bann und Interdict ge: rüstet, haben, che ein gereinigter, aber auch begeisterter Glaube wieder lebendig ins Leben tritt. Kurz man wollte nur zu Allem das Recht haben, konnte man auch dieses Recht zu Nichts mehr gebrauchen, wie sich mancher vor Gericht arm. prozessirt, damit ergehe, was recht ist.

Bey diesem allerdings bis zur sthenischen und asthenischen Krankheit gestiegenen Hunger und Durst nach der öffent lichen Gerechtigkeit, der in seinem Ursprunge löblich, freylich auch wiederum von bdsen Gesinnungen gemißbraucht, von Schwindelköpfen ins Lächerliche getrieben ward, blieb der deutschen Schul philosophie die unsterbliche Ehre, in ruhigen Paragraphen und Systemen sine ira et studio das Recht, diesen Lieblingsbegrif des Jahrhunderts, wis senschaftlich zu zergliedern, und was die Hauptsache ist, was schon einen Wolf, Puffendorf, Thomasius und andere mehr so sehr über viele Rechtsphilosophen des Auslands erhebt, niemals den Zusammenhang des Rechts. mit den höchsten Quellen der Sittlichkeit aus den Augen zu verliehren, kurz mehr auf ein gründliches Vernunftrecht, als auf ein chimärisches-Naturrecht hinz zu arbeiten. Mochte diese Vernunft der deutschen Phi losophie, die auch in dem Naturrechte immer die Haupts rolle zu spielen bekam, zuweilen ein wenig hohl werden, in; dem man einestheils zu sehr von der finnlichen Naturbe; stimmung, des Menschen, von den gemessenen Schranken

feiner Sinnlichkeit abstrahirte, anderntheils, zumal in den Zeiz ten der Kantischen Autonomie, die bloße Vernunftform zu einer wesenlosen Gefeßgeberin, ohne einen heiligen Wils len machen wollte, immer muß uns die deutsche Rechtsphilos sophie in ihren Grundzügen weit ehrwürdiger vorkommen, als die des englischen und französischen Auslandes, welche lehtere so oft, durch Mißverstehen der Paradorien des scharfsinni: gen Hobbes, und des originellträumenden Rousseau verleis tet, die sinnliche Natur zur allgemeinen Gesetzgeberin machte, und die Gleichheit der Rechte wohl gar nur auf den natürlichen Sinnentrieb, das Recht auf den Naturinstinct gründete, wobey denn das Recht des Stärkern am Ende alles in seinen Rachen verschlingt, welches sogenannte Recht des Stärkern der Verf. des von uns anzuzeigenden - Buches in der gehaltvollen Anmerkung S. 28 aus Spinoza in dessen ganzer Consequenz dargestellt, aber auch durch sein ganzes Werk mit steter Hinsicht auf eine Vernunftgeschgebung bündig widers legt hat.

In jenem acht gründlichen und sittlichen deutschen Geiste ist demnach auch diese Rechtslehre gearbeitet, die wir (wie kaum zu erwähnen nöthig ist) als eine merkwürdige Bereiches rung der philosophischen Literatur fast eben so sehr durch einen Schatz von treffenden Bemerkungen über die wichtigsten Rechtsverhältnisse, als in systematischer Hinsicht, gegenwärz Lig anzuzeigen haken. Nachdem der Verf. durch mehrere bes reits in den Händen des Publikums sich befindende Vorarz beiten in diesem Fache, nämlich in den Aphorismen zur Philosophie des Rechts (1. Bändchen Leipzig 1800) und im 2. Bändchen, oder der Fortschung, in den Naturrechts lichen Abhandlungen, oder Beiträgen zur natürlis chen Rechtswissenschaft (Leipzig 1811), sich Bahn sez macht, auch manche Gegenstände und Fragen ausführlicher bes trachtet hat, als es im strengen bey und unterordnenden Systeme (s. Vorrede) geschehen kann, nachdem er schon in manchen auf die nähern Angelegenheiten der Zeit sich beziehens den Schriften als ein rühmlicher Kämpfer für die Menschenz rechte, zumal gegen mancherley hofirende mystische und alles verwirrende Ansichten neuerer Gelehrten aufgetreten ist,. empfangen wir hier, unter dem oben aufgeführten Titel die Rechtslehre selbst, in Paragraphen von gehaltvollen Ans merkungen begleitet, als einen Theil seines gesammten philosor phischen Systemes, als den ersten Theil seiner praktischen Philosophie, auf welchen, nach einem bereits in der Fundas mentalphilosophie des Verf. vorgezeichneten Plane, zweis

tens die ebenfalls schon erschienene Tugendlehre, und drittens endlich die noch zu erwartende Religionslehre folgt.

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In der Einleitung, welche freylich nur im Zusammen: hange mit der Fundamentalphilosophie des Verf. vers standen werden und Grund gewinnen kann, wird erst die Vers nunftgeseßgebung zur Begründung einer praktischen Philosophie überhaupt und dann der Rechtslehre insbesons dere betrachtet. Hierauf wird im Ersten Theile, unter der Ueberschrift reines Naturrecht, erstlich das Privats recht und zwar sowohl als absolutes, wie auch als hypos thetisches, welches lehtere die Rechte in ihrer (faktischen) Entstehung und Verlegung untersucht, zweitens das öffentliche Recht, und zwar sowohl als Staats, wie auch als Völkerrecht (hier vorzüglich reichhaltig!) abgez handelt. Der andere Theil ist angewandtes Naturs recht überschrieben. Hier werden, wie §. 10 u. 100 uns belehrt, die Rechtsgesehe in besonderer Beziehung auf die menschliche Natur nach ihren empirischen Bestimmun gen und Verhältnissen erwogen. Schon S. 43 verwahrt sich der Verf. davor, daß man nicht etwa unter seinem anges wandten Naturrechte irgend ein positives Recht, oder die Philosophie irgend eines positiven Rechtes verstehe.

Dieses wird man nun wohl nicht, ob man gleich in frühern Zeiten juristischer Seits gern ein sogenanntes praktisches Naturrecht cum usu hodierno, hörte, und viele das Jus Romanum, als ein sogenanntes allgemeines Privatrecht angesehen wissen wollten. Doch dürften manche an die alte Sprache in den Rechtsschulen gewöhnte Leser, nach welcher schon das hypothetische Naturrecht gewöhnlich die beschråns. kende Anwendung des Urrechtes auf die sogenannten vor ausgesehten facta iuridica, pactum, occupatio und laesio. in allen bekannten gesellschaftlichen und außergesellschaftlichen Verhältnissen enthält, an dieser neuen Unterscheidung eines ans gewandten Naturrechts, von einem noch dazu zum reinen Naturrechte gezählten hypothetischen, einigen Anstoß finden, und gar nicht recht wissen, wohin, mit diesem sogez nannten angewendeten Naturrechte, in welchem der Verf. erstlich vom Familien, oder häuslichen Rechte, zweytens vom Kirchenrechte handelt. Das häusliche und Familienrecht handelte man sonst im hypothetischen natürlichen Privatrechte, oder in einem allgemeinen Gesellschaftsz rechte, vor dem Staatsrechte ab, und es schien darum auch dahin zu gehören, da es auf einem ausdrücklichen oder stills

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