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gung, daß dem deutschen Volke nicht etwa Censur: Freyheit, wie fie in England ist, sondern Preßfreyheit überhaupt in dem oben entwickelten Sinne zu wünschen und daß sie ihm Bedürfniß ist. Sie ist ihm erstlich zu wünschen. Denn wenn irgend ein Volk, so ist das deutsche dafür reif. Die mannichfaltigsten Meynungen über_Religion, Staat und Kirche sind in ihm durchgekämpft. Es ist taum noch Gefahr, daß irgend ein Schein aufkommen und blenden möge. Nur Freyheit, Freyheit der Forschung und Mittheilung, ist der Wahrheit noth, auf daß sie überall die Gemüther gewinne. - Sie ist dem deuts schen Volke zweytens auch Bedürfniß. Denn es verlangt, daß sein Leben mit seiner eigenen Geistes: Einstimmung eingerichtet werde. Wie ein unmündiges oder wohl gar wie ein blindes und taubes will es nicht behandelt seyn; es verlangt Vertrauen, und weiß, daß es Vertrauen verdient. Warum nun sollt' es nicht drittens hoffen dürfen, daß ihm seine Regierungen insbesons dere auch durch Gestattung der freyen Gedanken-Mutheilung über seine öffentlichen Angelegenheiten Vertrauen beweisen werden?

Bey der Darstellung der englischen Gesetzgebung über die Preffe, wie sie das hier übersehte Buch gibt, wollen wir nicht weilen. Die Gesetzgebung der Engländer soll uns Deutschen nicht Muster seyn, wie überhaupt nicht, so auch nicht in dieser Hinsicht. Was bey ihnen die Preßfreyheit erhält, das sind nicht die darüber erlassenen Geseße, sondern es ist der Geist des Volks, der in dem Gerichte der Geschwornen sein Organ gefunden hat. Auch darum, weil bey uns der Gemeingeist noch nicht zu der Macht hat gelangen können, wie dort, trok sehr harter Geseze die Freyheit der schriftlichen Gedanken - Mittheis lung im Ganzen zu behaupten, auch darum ist bey uns eine weniger beschränkende Geseßgebung zu wünschen und zu hoffen.

V.

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Ueber das Heil der Welt, dessen Gründung und Förderung. Auf Veranlassung des dritten Jubelfestes der Reformation von D. Carl Ludwig Nitsch, Generalsuperintendenten und erstem Director des königl. Predigerseminariums zu Wittenberg. Wittenberg bey Samuel Gottfried Zimmermann. 1817. 79 S. 8.

Diese Schrift darf in der Flut der Schriften, welche das Res formations Jubiläum veranlaßte, nicht untergehn. Sie ist die

Gabe eines Mannes, welcher die Resultate langer und tiefer Fors schungen in ihr niederlegt, und was er in frühern meist akade: mischen Schriften, namentlich in der de revelatione externa eademque publica, nicht ohne einige Dunkelheit und Schwer: fälligkeit vorgetragen hatte, hier so klar und gemeinverständlich mittheilt, daß jeder durch Philosophie und Lecture gebildete Leser ihm folgen kann. Sie erklärt sich in einem ernsten, der Wichtigkeit der Sache angemessenen Tone ohne die Tiraden, Wißeleyen und Personalitåten, welche die jüngsten Schriften einiger sonst berühmten Theologen entstellen. Und was das Wichtigste ist, sie führt zu einer Ansicht von dem Christenthume, durch welches allein, wie uns scheint, einer mündig gewordenen Zeit die Achtung gegen dieses göttliche Institut erhalten werden kann.

Der Ideengang des Verf. ist folgender: Das Uebel, wel: ches durch das Heil der Welt gehoben werden soll, ist das Bd: se, der Hang des Menschen zum sinnlichen Eigenwillen oder zum Eigendünkel und zur Eigenliebe, ein Hang, der dem Menschen schon an sich, noch mehr aber durch ein geheimes Gefühl seiner Verschuldung, von der Wahrheit und von Gott ́ entfremdet, und ihn antreibt, in der Selbstverblendung, mithin im Überz glauben oder Unglauben, Schuß und Beruhigung zu suchen. Die innere göttliche Hülfe gegen dieses Uebel ist schon in jedem menschlichen Gemüthe dem Keime nach vorhanden; ein heilis ger Antrieb, obwohl zurückgedrängt und überwogen, regt sich in ihm und kann emporkommen und mächtig werden. Soll aber dieses geschehen, so bedarf der Mensch auch eine äußere Hülfe, eine angemessene und zwanglose, jedoch kräftige Reizung von außen. Von den bürgerlichen Gesezgebern kann sie nicht kommen; denn die Staatsgewalt hat nur äußere Rechtlichkeit und Freyheit zum Zweck, und der Zwang, der bey der reltgids sen Bildung Statt findet, ist nur vorbereitend, nicht begründend, in jedem Falle bloß vormundschaftlich oder darauf abs zweckend, sich selbst entbehrlich zu machen. Eben so wenig kann die weltliche Bildung des Geistes und Gefühles, die Kultur der Wissenschaften und Künste, diese Hülfe herbeyfüh ren; denn die wahre Religion ist Sache des Herzens und Ges wissens, nicht des Kunstgeschmackes und der Wissenschaft. Wohl feht die Hülfe, deren das Menschengeschlecht bedarf, das gesel lige Leben mit seinen Erzeugnissen, der bürgerlichen Verfassung und der weltlichen Bildung, voraus. Allein sie selbst darf wes der gewaltsam sich aufdringen, noch auch unmittelbar wissenz schaftliche Kenntnisse befördern wollen; vielmehr muß sie das Herz in Anspruch nehmen, und bey jedem Menschen das eigene

Gefühl und Bewußtseyn der Gewissenswahrheiten aufwecken können, auch geschickt seyn, eine religiöse Verbindung zu verans lassen und zum freywilligen Beytritte zu reizen. Ihr Zweck kann kein anderer seyn, als dem innern und äußern Verderben der Menschen zu wehren und die Herrschaft des göttlichen Geistes über die menschlichen Gemüther (das Emporkommen der unters drückten heiligen Antriebe) durch freywillige Verbindung zu dies sem Behufe zu befördern mithin ein unsichtbares Reich Gottes auf Erden mittelst äußerer Veranstaltungen und bleibenden Eins druckes zu gründen.

Dieses Heil der Welt nun ist die göttliche Offenbarung, unter welcher der Inbegriff von öffentlichen Thatsachen zu verz stehen ist, durch welche, nach Gottes Schickung und unter seis ner Leitung, die wahre Religion zu gewisser Zeit einer Anzahl von Menschen in dem Maaße bekannt und eigen wird, daß sie je långer desto mehr sich verbreiten könne. Ihr Inhalt (das zu Offenbarende) is eben die Wahrheit, die schon in jedem Menschen selbst mit Beyhülfe der Erziehung sich entwickeln und aus seinem Innern hervorgehen könnte und sollte, aber durch den Hang zum Eigenwillen und zur Selbstrechtfertigung unter äußerer Mitwirkung des herrschenden Welttones und der Vers wöhnung, zurückgehalten und gehindert wird, zum lebendigen Bewußtseyn zu kommen. Das von innen Unterdrückte muß von außen sich darstellen und öffentlich an's Licht treten, wenn dem Menschen geholfen, d. h. wenn ihm das Gewissen gerührt und zur Gewissenhaftigkeit Muth gemacht werden soll. Der zu offenbarende d. h. in der Welt darzustellende Hauptgegen: stand kann kein anderer seyn, als die wahre Gottseligkeit selbst, wie fern sie aus dem, was der Mensch seyn soll, und aus dem, was Gott ist, und was er außer uns und in uns wirkt, oder mit uns vor hat, mithin aus Pflichtgefühl und aus Glauben hervorgeht, oder mit weniger Worten, das Gute als gottgefällig darstellt. Geheimnisse, von denen die Vernunft nichts ahnet und aus denen sie nichts zu machen weiß, sind in der Offenbarung nicht zu suchen. Um nun aber durch die dfs fentlich dargestellte Religion die Menschen zum Bewußtseyn der Religion, die sie in ihrem Innern tragen, zu führen und die sittliche Kraft ihres Gemüths zu wecken, bedarf es allerdings eines Unterrichtes. Allein der bloße Unterricht reicht nicht hin; die Offenbarung muß auch durch Thaten und Geschichte lehren und erbauen. Daher ist ein Weltheiland nöthig, welcher den März tyrertod stirbt, von Gott ausgezeichnet wird und den Grund zu einer freywilligen religiösen Verbindung oder zu einer Kirche legt. Durch den Märtyrertod des Weltheilandes wird der

achtkindliche. Sinn gegen Gott, der alles der Pflicht aufopfert, und, auf Gott vertrauend, lieber Tod und Schande duldet, als ihr untreu werden will, in seiner ganzen Lauterkeit und Stärke, auf eine rührende und erhebende Weise der Welt dargestellt; das Wundersame, das sein Leben auszeichnet, führt ihn zum Bewußtseyn seines großen Berufes, welchen er erfüllt, indem er den Grund zu einem unsichtbaren Gottesreiche auf Erden legt. Diejenigen, vor deren Augen der Weltheiland in seiner Würde und Liebenswürdigkeit wandelt, werden seine Zeugen und Bekenner; ihr Wort gründet religiöse Verbrüderungen und ihre Schrift zengt der Nachwelt von der Erscheinung und der Lehre dessen, der die wahre Religion und die gottgefällige Tugend der Welt offenbarte. Eine Wort für Wort von Gott eingegebene Schrift würde einer zwanglosen Religionsanstalt unangemessen seyn; ein äußeres Wort Gottes, aber nicht ein äußeres Geseß, nicht ein bindender und gebietender Buchstabe, entspricht ihrem Zwecke. Denn Zeugnisse von der Erscheinung oder Lehre des Weltheilandes sind ihr Bedürfniß, und als eine Sammlung sol cher Zeugnisse ist die heilige Schrift ein unschäßbares Kleinod.

So stellt der Verf. das Christenthum als eine ethisch: religiöse Bildungsanstalt dar, bestimmt, die schon vorhandene aber unterdrückte innere Hülfe Gottes durch Eindrücke von außen aufzuwecken und emporzubringen, und leitet seine Ansicht aus den Zwecken und Bedürfnissen der Menschheit, mit Beyhülfe der Geschichte, ab. Die einzelnen Züge dieser Darstellung können wir nicht wiedergeben, und die einzelnen Punkte, über welche wir mit dem Verf. nicht übereinstimmen, wollen wir nicht hers vorheben. Vielmehr beschließen wir unsre Anzeige mit der Ers klärung, daß wir über, die Hauptsache mit dem Verf. einver: standen und überzeugt find, er habe die Ansicht des Christens thums gefaßt und dargestellt, zu welcher sich die protestantische Kirche je långer desto mehr neigen wird. Eine Religionsphi losophie ohne Geschichte und äußere Institute kann das relis gidse Bedürfniß der Welt nicht befriedigen und wird niemals öffentlicher, die Menschen zu kirchlicher Gemeinschaft vereinigen: der Glaube werden. Zur Gründung einer Kirche bedarf es eis ner äußern Autorität, und nur dann können die religidsen Ideen die menschlichen Gemüther ergreifen und bewegen, wenn sie in Symbolen und in Thatsachen sich darstellen. Daher befanden sich allerdings die Theologen der leßten zwanzig und dreißig Jahre auf einem Irrwege, welche das Christenthum in eine bloße Religionsphilosophie umwandelten und von seiner Ge schichte, namentlich von der Person seines großen Stifters, in welchem der Glaube und die Liebe gleichsam in sichtbarer Ges

stalt sich darstellt, trennen wollten. Auf der andern Seite aber wird auch die Lehrart, welche den menschlichen Geist an den Buchstaben der Schrift fesseln will, sich nicht zu behaupten vers mögen. Das Zeitalter ist ihr entwachsen; die Kritik, die Ge schichte und die Philosophie haben sie längst untergraben. Das her betreten, wie uns scheint, auch diejenigen einen Jrrweg welche den Autoritätsglauben zurückzuführen versuchen. Denn es ist ein vergebliches Bemühen das Erstorbene wieder beleben zu wollen; auf einen Standpunkt, den sie einmal verlassen hat, kehrt die Welt nicht wieder zurück; die seit Semler's Zeiten ausgesprochenen und in die allgemeine Denkart der Theologen nicht nur, sondern des ganzen Zeitalters verwebten Grundsäße tönnen nicht wieder ausgetilgt werden. Mag Herr Harms noch so sehr eifern und zürnen, mag Herr Scheibel noch so wehmüthig seufzen und klagen, sie werden beyde mit alleu ihren berühmten und unberühmten Anhängern nichts zu åndern vere mögen. Herr Daub, und wenn er seinen Judas Ischariot zu einem Werke von zehn Bånden erweiterte, wird doch den bösen Geist in seine alten Rechte nicht einsehen. Selbst die Res gierungen, deren Hülfe jüngst einige Eiferer ansprechen zu müss sen glaubten, selbst die Regierungen, wenn sie es versuchten, die Partey der liberalen Theologen zu unterdrücken, würden doch nur Einzelnen wehe thun, aber dem Zeitgeiste keine andere Richtung geben können. Die Zeit behauptet ihre Rechte; was einmal allgemeine Denkart geworden ist, kann weder eine welts liche Macht noch ein auflodernder Eifer ändern. Nur eine solche Ansicht des Christenthums kann das religiöse Bedürfniß des Zeitalters befriedigen, welche ihm auf der einen Seite seine Achя tung als einer göttlichen auf Thatsachen und heilige Schriften gegründeten Anstalt erhält, und doch auf der andern der Vers nunft ihre Rechte sichert. Das nun ist die von dem Verf. dara gestellte Ansicht. Sie sichert der Vernunft ihre Rechte. Denn ihr zu Folge verlangt die Offenbarung nicht, daß der Mensch glaube, wofür er in sich selbst keinen Grund findet, bloß weil es also geschrieben steht; der lehte Grund seines Glaubens bleibt immer das Gesch seines Geistes, der Ausspruch seines Herzens, das Zeugniß seines Gewissens. Sie sichert aber auch der Offens barung, als einer von Gott in der Welt gegründeten Anstalt, als einem äußern Gottesworte, als einer bedeutungsvollen heiligen Geschichte, ihre Achtung. Denn ihr zu Folge ist es die Bestim mung des Christenthums, die Menschen zum innigen und klaren. Bewußtseyn der religidsen Ideen und der sittlichen Gefeße, die sie in ihrem Innern tragen, zu führen, die wahre Religion in der Welt zu erhalten und fortzupflanzen, und kirchliche Vereine

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