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eingriffe? Und machen nicht die Ueberzeugungen des Menschen ein Ganzes aus? Wird nicht also auch seine wissenschaftliche Ueberzeugung immer einen wichtigen Einfluß auf seine Ansichten über Staat und Kirche haben, sie mit sich in Einstimmung zu Lehen? Doch wir wollen die Sache unmittelbarer betrachten.

Erstlich also in Beziehung auf die Kirche, meynt man, dürfe keine Preßfreyheit statt finden. Denn die Heiligkeit ders selben müsse bewahrt werden vor der freveln Antastung des menschlichen Verstandes. Leicht würden durch freye Mittheis lung von Gedanken, die nicht mit der Kirchenlehre und Kirchens verfassung übereinstimmen, die Seelen beunruhigt; ihr Glaube werde wankend gemacht, Gleichgültigkeit und Leichtsinn befördert. Auch sey das von jeher die Hauptquelle der Irrthümer, Secten und Spaltungen gewesen. Darum also müsse die Rede und insbefondere auch die Presse in Beziehung auf die Kirche uns ter strenger Huth und Zucht gehalten werden.

Wird das nicht aus aufrichtiger Ueberzeugung, sondern aus Absichten und zwar aus unlautern Absichten gesagt, so verdient es keine Würdigung und Widerlegung. Wo aber solche Mey nung wirklich aus aufrichtiger Besorgniß hervorgeht, da beweis't fie in der That eine große Schwäche des Vertrauens zu der Macht des Geistes der Wahrheit, welcher ist der Geist Gottes, und zu der Macht des Gewissens, der Stimme Gottes in den Gemüthern der Menschen. Und sind etwa die Kirchenvorsteher, wie sie heißen mögen, denen dann die Ausübung solcher Huth und Zucht zukommen würde, allein oder vorzüglich die Gotter füllten und Erleuchteten? Es ist wohl nicht nöthig, den, der das ernstlich behaupten wollte, an die Kirchengeschichte zu verz weisen; denn schon im Allgemeinen erscheint eine solche Ber hauptung als eine Herabwürdigung der Menschheit und eine anmaaßende Beschränkung der Erweisungen des Geistes Gottes.

Lassen wir aber das, und stellen uns eine Kirche vor, wors In jene Huth und Zucht recht strenge gehandhabt würde, in welchen traurigen, den innersten Bedürfnissen der Menschenseele ungenügenden Zustand würde sie bald gerathen! Denn Alles, was die Menschen in der Kirche thun -die Lehrsäße und Glaubensvorschriften, die sie aufstellen, weil ihnen gewöhnlich die Lehren Jesu und der Apostel zu unbestimmt scheinen; die gottesdienstlichen Gebräuche, die sie anordnen, um das Heilige den Seelen zu vergegenwärtigen und seine Wirkung über das Leben zu verbreiten; die Kirchengewalt, die sie einführen, und die Kirchenzucht; die Amtsverrichtungen der Priester, Lehrer, Vorsteher Alles das wird, angenommen, daß es anfangs vortreflich eingerichtet gewesen sey, nach dem allgemeinen Loose

zeitlicher Dinge in bloße Aeußerlichkeit und Erstarrung fallen, wenn es nicht vom Geiste aus lebendig erhalten wird. Dazu kommt die Unvollkommenheit schon der ersten Einrichtung, so: fern es menschliche und zeitliche Einrichtung war; dazu ferner die Verschiedenheit der Bedürfnisse des Menschenlebens in ver schiedenen Zeiten. Daraus ist offenbar, daß eine fortwährende Geistesbewegung nothwendig ist, um die Lehre und Verfassung der Kirche in einem Zustande zu erhalten, der den Bedürfnissen der Menschenseele in jeder Zeit genüge. Diese Geistesbewes gung aber kann durch Beschränkung der Rede und Schrift zwar nicht unterdrückt denn die Macht des Geistes siegt doch end lich über alle äußere Gewalt aber doch gehemmt und in Einseitigkeit verfeßt werden. Darum also soll man die Freye heit der Presse in Sachen der Kirche nicht beschränken. Wie also? auch ruchlose Lehren sollen frey verbreitet wer: den dürfen? Was denn, fragen wir, nennt ihr ruchlos? etz: wa das offenbar Unsittliche, das Schaamlose? In der Hinsicht bedarf es doch wohl keiner besondern Geseße und Einrichtuns gen. Schon die gewöhnliche Polizey, wie sie in den Staaten gebildeter Völker ist, soll und wird von selbst Sorge dafür tra gen, daß nicht durch freche, insbesondere durch unzüchtige Bil der, Lieder u. dgl., die das allgemeine sittliche Gefühl verle hen, ein öffentliches Aergerniß gegeben werde. Aber hier sind vielmehr Lehren gemeynt, welche den Grund des religiösen Glaubens angreifen. Ist denn aber die Macht des Geistes und der Wahrheit so gering, daß solche Lehren sehr zu fürchten wåren? Im Gegentheil, je größer und offenbarer ihre Ruchs losigkeit ist, desto mehr widersteht ihnen das Gewissen und Ge fühl der Menschen und der deutliche Ausspruch der Lehren Jesu. Aber wenn. sie mit sophistischer Kunst in die Form der Wahrheit eingehüllt wären? Gut! das fodert auf zu desto größerer Klarheit und Lauterkeit des Bewußtseyns des Wahren. Und ist denn die Menge der angestellten Lehrer nicht hinlänglich, um durch Wort und Schrift den Trug zu enthül len und unwirksam zu machen? Muß äußerliche Gewalt zu Hülfe genommen werden? Wäre das nicht ein Zeichen, daß man verzweifle durch die Macht der Wahrheit zu wirken? Wie verderbt man auch das menschliche Gemüth denken mag, so ver: derbt ist es nicht. Die Macht des Bösen und Falschen ist nicht größer in der Menschenseele, als die des Guten und Wah ren; und wenn sie größer wäre, wie könnten dann Menschen hüten und helfen, die nicht weniger als die andern dem Bö sen und Falschen ergeben wären? Aber so verhüllet und vers sunken ist nicht der Glaube an Gott und Christus und Tugend,

daß er so gar leicht erschüttert werden könnté; er ist vielmehr immer das Innerste und Wesenhafte im Menschen: Bewußtseyn. Unzugänglich weiset ein einfaches Gemüth alle Grübeleyen von sich ab. Wo aber ein Bedürfniß der bestimmtern Auffassung des innerlich Gewissen in Gedanken und Worte ist, da muß der Streit mit Andersdenkenden der eigenen Entwickeluug zu größerer Klarheit und Sicherheit behülflich seyn. - Aber wenn von den angestellten Lehrern selbst viele hingerissen werden in den Irrthum, was kann dann helfen, wenn keine Gewalt da ist, die Ordnung hålt? Wenn das geschicht, dann sollte man vielmehr bedenklich werden, ob nicht vielleicht Wahrheit sey, was solche Wirksamkeit hat, und Gamaliel's Worte behers zigen: Ist der Rath oder das Werk aus den Menschen, so ,,wirds untergehen; ist es aber aus Gott, so tönnet ihrs nicht ,,dämpfen, auf daß ihr nicht erfunden werdet, als die wider ,,Gott streiten wollen." Und wo ist die Grenze folcher äußern Gewalt, wenn sich ihr die Anhänger einer neuen Lehre, wie dort die Apostel, mit dem Gefühle und Gedanken: Wir müss sen Gott mehr gehorchen als den Menschen nicht fügen wollen? Bis zu den blutigen Verfolgungen kommt es dann, die wie Gräuel in der Menschengeschichte stehn. Also soll man die Gemüther der Beunruhigung, die Seelen dem Zweiz fel, dem Unglauben preis geben! Aber ist denn das die Ruhe, der Friede, welchen der Mensch, der Christ, haben soll, daß keine Geistesbewegung in ihm sey? Ist das der Glaube, die Zuversicht, die er haben soll, daß er sein Gemüth bans nen lasse, unter die Formel, den Gebrauch? Wahre Ueberzeus gung kommt doch nur aus dem Innern; wahrer Glaube ist nur, wo dem Aeußern aus der Tiefe des offenen und regen Gemüths die innigste Zustimmung gekommen ist. Der Mensch muß inne werden, daß eine Lehre von Gott sey: dann erst glaubet er. Zu solcher Ueberzeugung aber und solchem Glauben - dem eins zigen, der des Menschen würdig ist wirkt von außen nur die Anregung seines Gemüths, entweder mehr unmittelbar durch einen Unterricht, der ihn auffodert, die Bewährung in seinem Innern zu suchen, oder mehr mittelbar, durch eine Verschies denheit der Lehren und Meynungen, die ihn von allem åußer: lichen Ansehn an seine eigene innere Lebens' Innigkeit hinweist, um aus ihr zur Sicherheit und Einigkeit zu gelangen. - Aber die Menschen, sagt man, werden, leichtsinnig wie sie sind, durch eine große Verschiedenheit von Lehren und Ansichten viel: mehr verführt, alle eigene feste Ueberzeugung aufzugeben; und fo wird nur eine allgemeine Gleichgültigkeit gegen das, was ihnen das Heiligste seyn sollte, die Folge der freyen Gedanken:

mittheilung seyn! Daß Manche die Mannichfaltigkeit der Ansichten und Lehren zum Vorwande nehmen, allem Nachdens ken und aller Ueberzeugung zu entsagen, ist nicht zu leugnen. Das sind aber doch nur diejenigen, die, im Aeußern befangen, kein Bedürfniß einer Ueberzeugung in den Angelegenheiten ih rer Seele fühlen, oder ein ernstes Nachdenken scheuen. Sie würden auch dann keine Ueberzeugung haben, wenn gar keine Verschiedenheit der Gedanken herrschte; nun aber benußen sie dieselbe nur zur Entschuldigung ihrer Trägheit oder ihres Leicht: finns. An solchen Menschen wird also für die Wahrheit nichts verloren. Dagegen fühlen sich die Bessern durch den Streit der Meynungen zum Streben nach einer klaren und festen Ueber: zeugung aufgefodert. Eine allgemeine dumpfe Gleichgültigkeit lagert sich nur da über die Gemüther, wo alle freye Mitthei lung durch finstere Drohungen weggeschreckt und Glaube wie Lehre an starre Sahungen gefesselt ist. In keiner Hinsicht also findet sich die Meynung derjenigen, welche die Preßfreyheit in Hinsicht auf die Kirche in der Beschränkung, worin sie ist, gehalten oder noch mehr beschränkt haben wollen, einstimmig mit der Vernunft und den Anføderungen der Menschheit,

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Aber in Hinsicht auf den Staat zweytens muß doch wohl eine größere Beschränkung statt finden! Dann da gilt es nicht so sehr das Innere, die Erkenntniß, die Ueberzeugung, den Glauben, als vielmehr das Aeußere, das geordnete Zusam menleben der Menschen. Da muß jeder die Aeußerung seiner geistigen und leiblichen Kraft, also auch seine mündliche und schriftliche Rede, so weit beschränken, daß kein Anderer dadurch verleht werde. Vor Allem aber müssen diejenigen Einrichtungen, welche das ganze Staats: Daseyn begründen, durchdringen und halten, wodurch und womit also ein Staat besteht, vor allem Angriff der Bosheit, des Muthwillens und des Unverstandes bewahrt werden!

Es bedürfen solche allgemeine Behauptungen der genauern Bestimmung. Die Frage ist vorerst und vorzüglich, wiefern das Wohl eines Staates durch freye Mittheilung der Gedanken über seine Verfassung und Verwaltung gefährdet werden könne, Das kann nach unserer Ueberzeugung auf keinerley Weise gesche hen. Es lassen sich im Allgemeinen drey Fälle denken. Die Verfas sung und Verwaltung eines Staates ist entweder gut, oder sie ist schlecht, oder sie ist weder gut noch schlecht. In teinem dieser Fälle ist Beschränkung der Preßfreyheit nothwendig oder auch nur zu wünschen.

Denn, wenn erstlich Verfassung und Verwaltung eines Etaates gut ist, so sichert er sich von selbst. Das allgemeine Gefühl behaglicher Lebendigkeit, das ihn durchdringet, wehrt

mit der Kraft der Gesundheit alle Gedanken der Arglist und Unvernunft von sich ab, oder wirft doch ihre schädliche Wir kung, wo sie irgend eingedrungen seyn möchten, bald von selbst wieder aus. Man muß nur nicht mit gewaltsamer Hand zus greifen, um zu wehren oder zu heilen. Denn dadurch würde nur die freye Lebensbewegung, die sich selbst die beste Heilkraft ist, gehemmet und krankhafte Erbitterung auch da verursachet werden, wo nur arglose Regung war.

Wenn aber zweytens Verfassung oder Verwaltung, oder beydes schlecht ist, etwa von außen her einem Volke, seiner Lebenseigenthümlichkeit zuwider, aufgezwungen oder im Laufe der Zeiten nicht fortgegangen mit der Lebens: Entwickelung, son dern eigensinnig festgehalten, also erstarret, oder durch Will: kühr den gerechten Wünschen des Volkes entgegengeseht: so kann ja nichts wünschenswerther seyn, als daß Regierung und Volk darüber zur Erkenntniß kominen und sich mit Besonnen heit in einen andern Zustand zu sehen suchen, ehe die lang gehemmte und gedrückte Lebenskraft endlich, des Joches ungedul tig, ausbreche in wilden Bewegungen. Und wie anders kann Regierung und Volk zur Besinnung darüber kommen, als das durch, daß jedem gestattet sey, seine Gedanken über des Va terlandes Zustand frey zu äußern? Es wird nie an Männern fehlen, bey denen noch zu rechter Zeit die wahren Bedürfnisse desselben in Gedanken übergehen und sich durch Wort und Schrift verkünden, nämlich noch ehe das unbestimmte Verlan: gen, worüber das Gefühl der größern Menge brütet, bis zum Ausbruche gereift ist. Oder ist es etwa gefahrloser und wün: schenswerther, daß ein solcher Zustand des Staates bleibe und das Gegenstreben des Volksgefühls mit immer zunehmender Ge walt niedergedrückt werde, bis sich endlich das Leben des Vol: kes alles Strebens begebe und in starre Fühllosigkeit versïnke?

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hat aber die Schlechtigkeit der Verwaltung eines Staates ihren Hauptgrund in Sittenlosigkeit, so findet ein zweyfacher Fall statt. Entweder nämlich ist der Kern des Volkes noch gut und die Sittenlosigkeit hat nur vorzüglich diejenigen Klassen ergrif fen, in deren Händen die Verwaltung ist: dann kann die öffent liche Stimme des Unwillens warnen. Oder die Sittenlosigkeit hat alle Stände in ihren Strudel hingerissen: dann kann kein Menschenrath mehr helfen, am wenigsten das Verbieten des Redens und Schreibens. Und ist wohl zu wünschen, daß ein Staat in solcher Verderbniß fortbestehe? - Sind aber, wie gewöhnlich wenn nicht immer, Gute mit Bösen ungefähr in gleicher Zahl gemischt im Volke überhaupt und insbesondere in den Verwaltungsbehörden: so mögen sie mit einander kämpfen.

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