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So sehen wir also," sagt hr. Bignon,,,Conventios nen und Tractaten, geeignet, an beyden Seiten als Offensiv: und Defensiv Waffen gebraucht zu werden." Nach einer sorg fältigen und äußerst gründlichen Erörterung der beyderseitigen Ansprüche zicht der Verfasser die Schlußfolgen: daß Tractaten zwischen zwey Mächten zum Nachtheil einer dritten ohne deren Zuziehung null und nichtig sind; daß keine Genehmigung, selbst nicht die der höchsten Mächte solchen Verhandlungen die man geinde Legitimität ertheilen kann; daß, wenn auch die drey großen Mächte, Rußland, Großbritannien und Preußen, den von Oesterreich und Bayern zum Nachtheile Badens getroffe nen Verfügungen ihre Zustimmung ertheilt haben, die Gültig keit dieser Conventionen auf der andern Seite durch Acte von der nämlichen Beschaffenheit überwogen wird, welche das Werk der nämlichen Mächte sind und dem Großherzoge von Baden die Integrität seiner Staaten garantiren; daß, wenn jene Vers abredungen zwischen den Höfen von Wien und München auch durch den Beytritt der drey großen Mächte eine Art von Ler galität erhalten haben, diese Ansicht der Dinge dennoch nur in dem nicht vorhandenen Falle bestandbar seyn könnte, wenn jene Verabredungen durch die Wiener Congreßacte als eine für das allgemeine Wohl Europens unumgängliche Maasregel ge: heiligt wären, und daß selbst in diesem Falle politische Gründe für die Verlegung der natürlichen Billigkeit nur eine schwache Ents schuldigung darbieten würden. Jeder Versuch" fährt Hr. B. fort, die oberwähnten Tractaten zum Nachtheile Badens in Ausführung zu bringen, wäre eine offenbare Verlegung des Völkerrechts, eine Hintansehung aller Grundsäße des legitiz men Besizes und nach einem solchen Vorgange müßte außer den Mächten ersten Ranges jeder Fürst mit Grunde in steter Besorgniß schweben, seine Länder unter begünstigtere Nebenz buhler vertheilt zu sehen. Sollte wirklich ein solcher Versuch gemacht werden, so bleibt dem Großherzoge von Baden nichts übrig als die Zuflucht zu den moralischen Gesinnungen andrer Fürsten, als Widerstand und der Aufruf an die öffentliche Meinung."

,,In einem Conferenzprotokolle des Wiener Congresses (vom 10ten Junius 1815) und nicht in der schlüssigen Congreßacte selbst ist der Heimfall der Rheinpfalz und des Breisgaus dem Hause Desterreich zugesichert, welches Kraft dieses Protokolls die Rheinpfalz zu einem Entschädigungsmittel für Bayern ge: macht hat. Von diesen beyden Ländern gehörte zwar in frü heren Zeiten das erstere Bayern, das leztere Desterreich; könn ten aber solche Ansprüche aufs Neue wieder geltend gemacht

werden, so müßte nach dem nämlichen Grundsahe Frankreich Lothringen und Elsaß, Rußland Polen, Preußen Schlesien, und Desterreich Italien wieder herausgeben. Aber," fährt Hr. B. fort, mit der Descendenz des jezt regierenden Großs Herzogs würde noch nicht das Haus Baden erlöschen. Unbes zweifelt sind die Erbrechte des Markgrafen_Ludwig Wilhelm August, Vaters: Bruders des regierenden Großherzogs, und unbestandbar die Einwendungen gegen die Successionsfähigkeit der drey Söhne zweyter Ehe des leztverstorbnen Großherzogs, der Markgrafen Carl Leopold, Wilhelm und Maximilian; denn mit der deutschen Reichsverfassung ist das Lehnsgesch aufgehoz ben, welches ihnen als Söhnen einer nicht ebenbürtigen Muts ter die Successionsfähigkeit in höhere Reichslehne abgesprochen haben würde; ein Gesez, welches ohnedieß häufige, durch kais serliche Genehmigung sanctionirte Ausnahmen litt, wovon naz mentlich die neuere Geschichte des Hauses Baden ein auffallen: des Beyspiel darbietet. Es hatte also der leztverstorbne Großs herzog nach Aufhebung der Reichsverfassung ein um so unge: zweifelteres Recht zur Erlassung des jüngsten Badenschen Hauss gesezes, welches seinen Söhnen zweyter Ehe die eventuelle Erbfolge sicherte und die Verlegung dieses herkömmlichen Nechts aller Fürsten, über ihre Erbfolge zu verfügen, würde eine allen Regenten gemeinsame Beschwerde seyn. Aber nicht minder die Rechte der Völker als die der Fürsten würden durch die eventuelle Verfügung der großen Mächte über die Erbfolge im Großherzogthume Baden verlezt werden; denn selbst Gros tius und Puffendorf geben den Grundsaß zu: daß im Falle der Erlöschung eines Regentenhauses die Souverainität von Rechtswegen auf das Volk zurückfällt; ein Recht, von des: sen Ausübung in neueren Zeiten unter andern England und ganz kürzlich noch Schweden unwiderlegliche Beyspiele geliefert haben, und welches auch im Großherzogthume Baden durch die in der neuer Verfassung angeordneten Landstände auf gesehliche Weise in eventuelle Ausübung gebracht werden kann."

Nach diesem Allen geht des Verfassers schlüssige Mey? nung dahin, daß die Verfügung über irgend einen Theil des Badenschen Gebiets, sey es bey Lebzeiten des jezt regierenden Großherzogs oder auf dessen Todesfall, ungerecht, gewaltsam und sowohl der sie veranlassenden, als der sie bekräftigenden Mächte unwürdig seyn würde. Doch glaubt der Verfasser und weicher Deutsche tråte nicht gern dieser Muthmaßung bey? Die Aufnahme der fraglichen Verfügung in ein bloßes Conferenzprotocoll, und nicht, wie andre gleichartige Be stimmungen, in die Schlußacte des Wiener Congresses, sey eine

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absichtliche Andeutung der Widerruflichkeit derselben und rechts fertige die Vermuthung, daß sie lediglich als ein Gegenstand künftiger wechselseitiger freundschaftlicher Verhandlungen hoffentlich schon auf dem nahen Aachner Congresse — zu bes trachten sey. Wenn aber Hr. B. zu verstehen gibt, daß im Falle einer, den aufgestellten Grundsäßen zuwiderlaufenden Entscheidung, einst Frankreich die Rolle Friederich's des Großen (im Bayrischen Erbfolge: Streite) zu übernehmen. fich veranlaßt finden könnte, so dürfte sehr spåt, oder viels leicht nie, der Zeitpunct erscheinen, wo deutscher Gemeinsinn Friederich's Mittleramt in Frankreichs Händen sehen möchte.

XXIX.

Ueber Deutschland, wie ich es nach einer zehnjäh rigen Abwesenheit wieder fand. Von Dr. G. Merfel. Mainz, in Kommission bei Brede in Of fenbach. 1818. Erster Band. IV und 370 S. Zweiter Band. IV und 240 S. in Taschenformat. (Preis 2 Thlr.)

Wir rechnen diese Schrift zu den Flugschriften, ob sie gleich aus zwei Bänden (eigentlich Bändchen) besteht; denn sie ist wirklich im Fluge geschrieben und enthält daher auch nur flüch tig hingeworfene Bemerkungen über ein Land, das der Verf. nach zehnjähriger Abwesenheit neun Monate lang von Berlin aus und dann auf einer flüchtigen Reise durch einen kleinen Theil desselben beobachtete. Wir erlauben uns daher auch nur eine flüchtige Beurtheilung.

Das Ganze ist in 4 Bücher getheilt und in Briefform abgefaßt. Nach einer kurzen Einleitung, welche die Persöns lichkeit des Verf. betrift und eine Art von Entschuldigung wes gen der, Manchem misfälligen, Schärfe seiner Urtheile enthält, handelt der Verf. im 1. Buche vom kriegerischen Geiste des preußischen Volkes und Heeres im J. 1816 verglichen mit dem im J. 1806, vom preußischen Handel und Reichthum, von der Universität in Berlin, deren Lehrer über dem Streben nach geselliger Unterhaltung_und_politischem Einflusse ihre ei gentliche Bestimmung zum Theil vergessen sollen, vom jungen Witte und dessen Behandlung in Berlin, die nach der wohl nicht ganz unparteiischen Darstellung des Verf. der dortigen Juristenfakultät nicht zur Ehre gereicht, von der Schädellehre und Mnemonik, vom Bauerpropheten Adam Müller und

vom Dr. Schlottheim, vom Mystizismus, der in Berlin viel Anhänger finden, mit dem es aber doch sonst nicht viel zu bedeuten haben soll, vom berliner Theater, mit dem der Verf. sehr unzufrieden ist, und wohl nicht ganz ohne Grund, von der Preßfreiheit oder vielmehr vom Prefzwange in Berlin, von den Juden, denen der Verf. nicht hold ist, von einigen ausge zeichneten Köpfen Berlin's, besonders von Jahn und dessen Turnkunst, endlich von der Zeitschriftstellerei und besonders von dem mislungenen Projekte, in Berlin eine offizielle Staatszeis tung herauszugeben. Fürwahr ein reichhaltiger Stoff, über den der Verf. manche treffende, hin und wieder aber auch schneidende Bemerkung macht. In den Grundsäßen, von denen er ausgeht, können wir ihm nicht überall beistimmen. So sagt er S. 155 in Beziehung auf die Juden; Von Rechten ,,kann bei Fremden im Staate gar keine Rede sein." Wie? Sind denn die Fremden nicht Menschen? Und was würde der Berf. gesagt haben, wenn man ihm, der doch auch ein Fremder in Berlin war, gar keine Rechte, hätte zugestehen wollen? Aber, sagt er, die Juden sind keine Christen und unsre Staaten find christliche! Freilich wohl. Allein welche schreckliche Lehre, daß das Recht des Menschen im Staate von der Art und Weise abhangt, wie der Mensch sein Verhältniß zur Gottheit denkt und äußerlich darstellt! Das ist ja dieselbe Lehre, nach welcher man in katholischen Ländern Keßergerichte und Scheiter: haufen gegen Andersdenkende errichtete, nach welcher ein vor: maliger Bischoff in Frankreich vom Könige foderte, daß alle von Nichtkatholiken eingegangene Ehen für Konkubinate und die daraus hervorgegangenen Kinder für Bastarde erklärt wer den sollten. Und wenn die Juden einen Staat für sich bilde: ten, in welchem sie nun auch keinem Christen, selbst dem einge: bornen nicht, Rechte zugestehen, uns Andere also als rechtlose Wesen betrachten und behandeln wollten, würde der Verf. dieß wohl recht und billig finden? Er håtte also das Wort Christi: Was du nicht willst ze. beherzigen und nicht in den fast fanatischen Eifer einiger christlichen Schriftsteller gegen die Juden einstim men sollen, ob wir gleich übrigens diese gegen die ihnen vom Verf. gemachten Vorwürfe gar nicht vertheidigen wollen. Wir leugnen nur das Prinzip, aus welchem er ihnen in unsern Staaten alle Rechte absprechen und bloße Freiheiten wodurch sie nur noch mehr verdorben werden müssen - ein räumen will. Dagegen unterschreiben wir des Verf. Urtheil über die Nüßlichkeit der von Jahn keineswegs erfundnen, son: dern nur von neuem angeregten und mehr ins Leben eingeführ: ten Turnkunst, von ganzem Herzen. Alles Gute kann über

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trieben und gemisbraucht werden; dieß beweist aber nichts ge: gen die Sache. Auf dieselbe Weise könnte man darthun, daß der ganze Schulunterricht schädlich sei. Und was einzele Un fälle beim Turnen betrift, so sagt der Verf. sehr richtig S. 190: Sollten einzele Unfälle hinreichen, eine Art der Uebung zu verrufen, so wåren viel mehre Gründe vorhanden, das Reiten, Schwimmen, Fechten und Tanzen zu untersagen, als das Turnen."

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Im 2. Buche erzählt der Verf. seinen Durchflug durch Deutschland von Berlin aus über Kassel, Frankfurt a. M., Mannheim, Mainz, Weimar, Leipzig, durch Brandenburg und Meklenburg, nach Lübeck, wo der Verf. sich einschiffte, um in sein Vaterland zurückzukehren. Die Erzählung ist mit mans cherlei Anekdoten und pikanten Bemerkungen gewürzt, für welche der Verf. nicht überall Dank erndten wird, z. B. wenn er Kassel ein schönes Weib ohne Geist" nennt und von Dannecker's Ariadne behauptet, daß sie nicht nur im Einzeln, besonders am Nacken und am untergeschlagnen Beine, manche Fehler habe, sondern auch im Ganzen verfehlt sei, in: dem sie eher einer Muse der Geschichte, die auch der unums schränktesten Tyrannengewalt ihr Recht widerfahren läßt, als einer Ariadne ähnlich sehe oder wenn er die deutsche Lite: ratur des Zunftgeistes, der kleinlichen Eigensucht und der feiz gen Ränkemacherei beschuldigt und sie mit einem Theezirkel von modischen, zum Theil auch wirklich geistreichen; Damen und ihren leichten Stüßern vergleicht. Ein Spotter könnte den Verf., der doch selbst an der deutschen Literatur thätig Theil genommen, freilich wohl fragen, ob er sich zu den modi schen Damen oder zu den leichten Stußern zähle.

Im 3. und 4. Buche folgen wieder allgemeine Betrach tungen über Hierarchie, politische Schriftstellerei, ståndische Ver: fassung, Volksgeist, europäische Völker und Staaten, besonders über Deutschland und dessen Verhältniß zum übrigen Europa. Wir wollen hier bloß auszeichnen, was der Verf. über Nußland und dessen Beherrscher sagt, indem es von neuem beweist, daß nicht bloß die eigentlichen Nazionalrussen, sondern auch die Deutschruffen bereits ziemlich lebhaft von einer neuen Univer: falmonarchie träumen. Ich blicke" sagt der Verf. im leh ten Briefe,,auf Rußland hin. Mit welcher frohen Span: ,,nung folgt seine Nazion dem erhabenen Gange ihres Monar chen! Jeder Tag erzählt neue Großthaten. Hier reicht er die Hand zur Vermittlung zwischen einem Staate am andern „Ende des Welttheils und seinen Kolonien auf der entgegenges lehten Seite der Erde. Dort erschafft sein Wink neue Han „delsverbindungen Rußlands an der östlichen Küfte Asiens ́und

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