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,,Tugend wird bei uns zum Gespotte werden!" - Diesem Urtheile können wir nicht beistimmen. Die Frauenvereine was ren ein Werk der Noth, des außerordentlichen Dranges der Umstände, der allgemeinen Begeisterung für die gute Sache. Den Verwundeten und Kranken, den Verwaiseten und Hülflos sen, deren Zahl sich ins Unendliche gesteigert hatte, konnte der Staat, konnten die Männer, deren Thätigkeit schon größtens theils für andre Zwecke in Anspruch genommen war, nicht mehr hinreichend beistehen. Die Frauen, von der allgemeinen Begeisterung ergriffen und doch in der Regel nicht geeignet zum Kampfe mit dem Feinde, verbanden sich also, zum Theil selbst von den öffentlichen Behörden dazu aufgefodert, zu einer ans dern Art der Wirksamkeit, die ihrem natürlichen Gefühle und Berufe mehr zusagte.. Sie pflegten die Verwundeten und Kranken, unterstüßten die Verwaiseten und Hülflosen, damit sie nicht im Elende verschmachteten, in der Noth untergingen. Seitdem nun aber die Umstände, welche die Frauenvereine hers vortiefen, größtentheils aufgehört haben, sind auch die Frau envereine an vielen Orten bereits aufgelöst, und wo sie noch bestehen, weil die Folgen des Kriegs und der vorjährigen Theus rung ihre Dauer verlängerten, werden sie sich nach und nach ebenfalls auflösen. Es scheint also die Voraussetzung, auf welche der Verf. seine ganze Anklage der Frauenvereine stüßt, daß sie als immer dauernde Verbindungen fortbestehen sollen und werden, ungegründet, und der Misbrauch, der hin und wieder mit jenen Vereinen getrieben worden sein mag, ver: diente wohl gerügt, aber nicht als ein wesentliches Gebrechen derselben dargestellt zu werden. Auch übertreibt der Verf.. wenn er . 23 sagt, die Tugenden der Wohlthätigkeit und Menschenliebe seien Gefühlstugenden,,, die nie eine Folge von ,,Grundsäßen sein können." Gerade sie bedürfen der leitenden Grundsäße am meisten, wenn das sogenannte Wohlthun nicht in Uebelthun ausarten soll. Und was ist die vom Verf. ebens daselbst angeführte Regel der Schrift: Laß deine Linke nicht wissen, wissen, was die Rechte thut!" was ist sie anders als ein solcher Grundsak? Eben so übertrieben sind die Vorwürfe, die der Verf., wahrscheinlich ein Rheinländer, S. 30 den übrigen Deutschen wegen ihres Betragens während der Frans zosenherrschaft macht. Tausend Beispiele vom Gegentheile könnten wir anführen, wenn der Streit darüber jeht nicht völs lig unnüt wäre. Wollen wir denn nie vergeben und vergessen lernen, was Bicle unsrer deutschen Brüder diesseit und jenseit des Rheins gefehlt haben? Soll der alte Schlamm immerfort von neuem aufgerührt werden?

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II. Ist die Auflösung der Zunftvereine und die Einführung der Gewerbefreiheit vortheilhaft oder nachtheilig für Deutschland? Nachdem der Verf. die Vortheile und Nachtheile sowohl der Zunftvereine als der Gewerbefreiheit aufgezählt und gegen einander abgewogen hat, so findet er folgendes Resultat: „Zicht man das mannichfalti: ,,ge Gute in Erwägung, welches die Zünfte ihrer zufälligen ,,Mängel ungeachtet gewähren; berücksichtigt man den wohl ,,thätigen Einfluß, den sie durch so viele Jahrhunderte auf den Charakter, die Sitten und den Kunstfleiß des deutschen ,, Handwerksstandes geäußert haben, und bringt man dagegen ,,die Nachtheile in Anschlag, die sich schon jcht aus der Ge ,,werbefreiheit entwickelten: so kann man nicht umhin, die Er: ,,haltung der Zünfte, wo sie noch bestehen, und ihre Wieders „Herstellung, wo sie aufgehoben sind, zu wünschen. Wenn

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man die Innungsverfassungen von einigen mit dem Zeitgeiste unverträglichen Gebräuchen reinigt, diejenigen Zwanggesehe, die den Gewerbstand zu sehr beschränken und in den kleinli ,,chen Kreis des alten Herkommens bannen, aufhebt, das Aufblühen des Kunstfleißes durch Einrichtungen polytechnischer Schulen befödert, und den Erfindern nüßlicher Handgriffe und Verbesserungen den Lohn ihres Fleißes und Nachdenkens ,,durch Patente sichert: so werden die Zünfte sich nach wie vor als zweckmäßig bewähren, unser Handwerksstand wird ,,künftig wie früher seines Fleißes, seiner Sitten, seiner Rechtlichkeit wegen durch die ganze Welt geachtet und ge ,,schäßt werden, Wohlhabenheit wird wieder in die Mauern ,,unsrer Städte zurückkehren, und der deutsche Bürgerstand ,, erhält die Würde wieder, die er zu unsrer Våter Zeit be ,,hauptete." Wir halten dieses Resultat für richtig; wes nigstens erhellet aus den vom Verf. beigebrachten Thatsachen und allgemeinen Gründen soviel, daß eine plöhliche Aufhebung des Zunftwesens und Einführung einer unbedingten Gewerbe: freiheit mit Nachtheilen und Gefahren verknüpft sei, die durch den davon gehoften Nußen auf keinen Fall aufgewogen werden.

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III. Auch Etwas über die begehrten Einfuhr verbote der englischen Waaren. Ein gewichtiges Wort gegen dergleichen Verbote! Der Verf. zeigt mit sehr triftigen Gründen, daß man dadurch das Interesse Vieler dem Inter? esse Weniger aufopfern würde, ohne doch den beabsichteten Zweck zu erreichen. Unter andern sagt er S. 72: „Alle er: ,,fahrene Staatswirthe sind einstimmig der Meinung, daß Fas „briken, die allein durch Einführverbote erhalten werden kön ,,nen, dem Lande keinen Nußen bringen, und es ist noch kein

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,,Fall eingetreten, der das Gegentheil bewiesen hätte. Friede rich der Große wollte die Seidenfabriken durch das Verbot „ausländischer Zeuche in seinen Staaten emporbringen ; der Versuch kostete seinen Ländern über vierzig Millionen Thaler, ,,und eine Menge seiner Unterthanen beschäftigte sich mit Zolls defraudazionen, wodurch die Sittlichkeit derselben wahrlich „nicht gewann. Nach Anführung mehrer Beispiele der Art fährt er S. 73 fort: Ich könnte tausend solcher Beispiele ,,anführen, wodurch es klar wird, daß kein Einfuhrverbot ,,hinreicht, Fabriken auf die Dauer emporzubringen; höchstens ,, erhalten sie dadurch ein ephemeres Bestehen auf Kosten der „Abnehmer, und bei der geringsten Veränderung der Umstände, ,,bei dem ersten ungünstigen Zufalle, nehmen sie ein trauriges ,,Ende und machen eine Menge Menschen brodlos." Der Verf. wendet dieß dann auf die deutschen Baumwollenfabriken, von welchen hier vorzüglich die Rede sei, an und zeigt, daß fie unserm Baterlande nicht angemessen und zuträglich, die Einfuhrverbote aber in Bezug auf die englischen Baumwollen. fabrikate oder die solchen Verboten gleichkommende Erhöhung der Zollabgaben weder gerecht und billig, noch auch thunlich und ausführbar seien. Wir wünschen, daß diese Stimme eines, wie es scheint, sehr erfahrnen Mannes nicht überhört werde, bevor man in einer so wichtigen Angelegenheit festé Beschlüsse faßt.

IV. Freimüthige Gedanken über den deutschen Bund. Der Verf. fodert, um dem Bunde innere Festigkeit und äußere Sicherheit zu geben 1. eine von fünf zu fünf Jah: ren unter den acht größern deutschen Mächten wechselnde Dit: tatur mit dem Oberbefehle über sämmtliche Bundestruppen, der Entscheidung aller Streitigkeiten unter den einzelen Buns desgliedern in höchster Instanz und der obersten Leitung aller Bundesangelegenheiten im Innern und Aeußern; 2. die Zuzier hung Belgiens, des eigentlichen Preußens und der Schweiß in die Bertheidigungslinie des deutschen Bundes; und 3. Vertre tung des ganzen deutschen Volks beim Bundestage durch Ab geordnete, die von fünf zu fünf Jahren von den deutschen Volksstämmen selbst gewählt werden, damit der Bund nicht ein bloßer Fürstenbund, sondern auch ein wahrer Völkerbund sei. Fromme Wünsche, die wahrscheinlich nie in Erfüllung gehen werden! Uebrigens sagt der Verf. mit großer Freimüs thigkeit viel Wahres und Beherzigenswerthes.

V. Beleuchtung der Ansprüche des deutschen Adels auf die Erhaltung und Wiederherstellung seiner Vorrechte. Wenn, wie der Verf. bemerkt, die vor

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maligen Reichsoberhäupter (wie auch jezt noch andre Fürsten) selbst Juden Adelsdiplome ertheilten und Karl VII. sogar eis ,,nem frankfurter Juden das Recht verlieh, Individuen ohne ,,Unterschied des Standes gegen eine sehr billige baare Bezah ,, lung in den Adelstand zu erheben:" so ist es wohl kein Wunder, daß der durch die bloße Geburt sich fortpflanzende Briefadel in der öffentlichen Meinung völlig gesunken ist * und daß man jezt nur noch jenen Adel schäßt, den entweder die Natur oder das Verdienst ertheilt. Dieser einzig wahre Adel aber bedarf keiner Vorrechte außer denen, die er schon in sich trägt; ja er verschmäht sic, weil sie seinem innern selbe ständigen Werthe Abbruch thun würden. Er begehrt daher wer der Erhaltung noch Wiederherstellung seiner Vorrechte; denn die, welche er schon in sich trägt, können ihm weder ge nommen noch, wenn er sie verloren hätte, wiedergegeben wer?

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Es ist also nur der Brief: oder sogenannte Geburtsadel, von Erhaltung oder Wiederherstellung seiner Vorrechte spricht, und er gründet diese Foderung bald darauf, daß er die Stüße der Fürsten gegen die Anmaaßungen der Völker, bald darauf, daß er der Vertreter der Völker gegen die Ant maaßungen der Fürsten sei, je nachdem er seine Foderung entz weder in den Augen der Fürsten oder in den Augen der Völs ker geltend zu machen sucht. Aber weder die Fürsten noch die Völker wollen mehr daran glauben, weil jene wissen, daß so mancher Fürst durch den Adel entthront, wo nicht gar ermors det wurde, und weil diese wissen, daß ihr Interesse von dem Adel meistens schlecht vertreten, wo nicht gar offenbar beein trächtigt wurde. Darum ist es nun dahin gekommen, daß der Adel (nämlich der sich schlechtweg so nennende, der Brief: oder Geburtsadel) gleichsam zwischen Himmel und Erde schwebt und nirgend mehr festen Fuß fassen kann. Es bleibt also für

den Adeligen dieser Art nichts Besseres zu thun übrig, als daß er mit edler Verzichtung auf Vorrechte, die keinen wirklichen Rechtsgrund haben, mithin eigentlich Unrechte sind, nach einer höhern Art des Adels strebe und ebendadurch auch das Vers forne in einem noch höhern Grade wiedergewinne, nämlich nach jes nen Vorzügen des Geistes und Herzens, ohne welche als innere Vor rechte der Besiß und Genuß aller dußeren Vorrechte nur um so schreienderes Unrecht wird. Wir wüßten wenigstens keinen heilsamern Rath zu geben, als eben diesen, da die im Publis Eum sich gegen die bisherigen Vorrechte des Adels erhebenden Stimmen, zu welchen auch die des Verf. gehört, immer laus ter und zahlreicher werden und also großes Unglück zu befürch ten steht, wenn man gleichwohl eigensinnig auf Ansprüchen be

harren wollte, die außer der Zeit und ebendarum nicht mehr auf die Dauer zu behaupten sind.

VI. Bemerkungen über den Kornwuch er. Der Verf. zeigt zuerst, daß der Kornwucher keine leere Einbildung sei, wie Manche glauben, sodann, welche Kunstgriffe die Korn: wucherer anwenden, um die Preise der Brodfrüchte zu steigern. Hierauf schlägt er folgende Gegenmittel vor:

1. soll den Gutsbesitzern der Ankauf von Brodfrüchten, außer dem eignen Bedarfe, untersagt werden, weil die Korn wucherer sich häufig derselben als Unterhändler bedienen.

2. Follen die Brodfrüchte nicht anders als auf öffentlichem Markte über die Gränze des Orts, wo sie erzeugt worden, hinaus verkauft werden, weil der Kornwucher hauptsächlich durch den Hausverkauf betrieben wird.

3. follen keine Zwischenhändler geduldet werden, weil sich die Kornwucherer hinter diesen verbergen.

4. soll Niemand mit Brodfrüchten handeln dürfen, der sich nicht ausschließlich und öffentlich diesem Gewerbe widmet, und die Befugniß dazu soll nur rechtlichen und vermögenden Männern ertheilt werden, damit der Kornhandel ein regelmås Biges Geschäft ehrliebender Personen werde. (Daß den Jus den der Kornhandel zu verbieten sei, folgt hieraus von selbst, wies wohl der Verf. nichts davon sagt). Ob aber die Polizei im Stande sein werde, diese Maaßregeln überall anzuwenden und zu handhaben, scheint freilich zweifelhaft. Indessen muß man auch nicht fodern, daß der Kornwucher ganz unmöglich gemacht, sondern nur, daß er thunlichst beschränkt werde. Von Frucht: sperren und Nothmagazinen hält der Verf. nichts. Ueber ein festzusehendes Maximum des Getreidepreises erklärt er sich nicht; doch folgt aus seinen Grundsäßen die Unzulässigkeit dies ses Gegenmittels. Auf jeden Fall sind seine Vorschläge der Beachtung werth.

VII. Mancherlei. Kurze, aber größtentheils treffens de, Bemerkungen über die Ursachen, warum es mit Einfüh rung der Volksvertretung und der Preßfreiheit in Deutschland nicht vorwärts will, über den unsinnigen Gebrauch der Schnürbrüste, nicht nur bei den Frauen, sondern so gar bei Kriegern, und über den Bücher nachdruck, für def: sen Unterdrückung der Verf. nichts vom Bundestage hoft, weil die süddeutschen Bundesstaaten, die ihn bisher duldeten, ein zu großes Interesse bei der Fortdauer desselben haben. Hierin scheint er sich aber doch zu irren, indem einige jener Staaten bereits ihre Bereitwilligkeit zur Unterdrückung des Nachdrucks erklärt haben. Eben so skeptisch äußert er sich in Bezug auf

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