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die tief gesunkene Hoffnung von neuem beleben und den entz blätterten Baum des Vertrauens wieder frisch grünend ma: chen.“ Möcht' er recht bald wieder frische Blätter treiben; an schönen Früchten wird es dann gewiß auch nicht fehlen!

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XX.

An den Sprecher der Stadt und Landschaft Koblenz. Von Adam Müller. Leipzig in Kommission der G. Voß'schen Buchhandlung. 1818. 8.

Diese aus den deutschen Staatsanzeigen (Jahrg. 1818.

April, oder B. 3. H. 16.) besonders abgedruckte und dem Buchhandel übergebne Zuschrift an Hrn. Görres beginnt mit einem Sage, welchen der Verf. für die einzig wahre „Grundansicht der Politik, von der das deutsche „Herz niemals lassen wird," erklärt. Wir glauben nun zwar auch ein deutsches Herz zu haben, können uns aber doch nicht von der Wahrheit jenes Sahes überzeugen, müssen fogar zweifeln, daß es viele deutsche Herzen geben werde, die ihn mit dem Verf. für die einzig wahre Grundansicht der Politik erklären möchten. Der Sah lautet nämlich, wie folgt: Christliche Staaten find lebendige, gegliederte Körper; alle andre Gemeinwesen todte Massen, Summen, höchstens Maschinen.“ Vermöge des Gegensahes können hier unter den andern Gemeinwesen nur nicht - christliche Staaten verstanden werden. War denn aber in den gebildet: ften Staaten des Alterthums, in Griechenland und Rom, bevor sie et: was vom Christenthume wußten, kein Leben, keine Gliederung? Waren sie nur todte Massen, Summen, höchstens Maschinen? Die Geschichte sagt gerade das Gegentheil. Sie lehrt, daß jene Staaten gerade dann erst ánfingen, ihr höheres Leben, ihre organische Gliederung zu verlieren und todte Massen zu werden, als sie christliche Staaten geworden waren. Das Christenthum war freilich nicht Schuld daran, wie man ungè: rechter Weise behauptet hat; aber eben so ungerecht ist der Verf., wenn er jenen Staaten als nicht christlichen Gemein wesen Leben und Gliederung absprechen will. Wir möchten aber noch einen Schritt weiter gehn und behaupten, daß, nach: dem das Christenthum eine Zeit lang völlig entartet war, die diesem entarteten Christenthum anhangenden Staaten erst durch Aneignung der wissenschaftlichen Bildung, also eines sehr bez

1819 deutenden Theils vom Leben jener nichtschriftlichen Staaten, wiedergeboren werden mußten, um sich zu einer höhern Lebens stufe zu erheben. Oder will der Verf. ebenfalls trok aller Ges schichte leugnen, daß durch das Studium der alten griechischen und römischen Klassiker ein neues Licht im christlichen Europa aufgegangen und eben dadurch ein neues Leben sich in demsels ben verbreitet hat? Will er etwa fodern, daß jenes Studium in unsern gelehrten Bildungsanstalten aufhdre, damit die christs lich europäischen Staaten wieder das Leben und die Gliederung annehmen, die sie in dem auch vom Verf. hochgepriesenen Mits telalter hatten? Wenn man aber auch nur das kleine, aber recht treffende und (was hier vorzüglich wichtig) ganz authentis sche Gemälde betrachtet, was ein berühmter Kaiser des dst reichschen Hauses, Friedrich III., in seiner (oben angezeigs ten) Reformazion vom Jahre 1441 in Bezug auf den damalis gen Zustand der Dinge in Staat und Kirche entworfen hat, so möchte wohl auch der leidenschaftlichste Verehrer des Mits telalters gestehen müssen, daß es mit dem Leben und der Glies derung der christlichen Staaten in jener Zeit gar schlecht bes stellt war, und daß, um eine wirkliche Reformazion in Haupt und Gliedern, in geistlichen und weltlichen Dingen, zu Stande zu bringen, auch jenes Licht nöthig war, welches nach den Rathschlüssen einer weisen und gütigen Fürschung die gleichsam vom Tode auferweckten Lehrer der Griechen und Römer im christlichen Europa anzünden sollten.

Die einzig wahre Grundansicht der Politik, wovon der Verf. ausgeht, steht also auf sehr schwachen Füßen; ja sie ist nach den unwidersprechlichsten Zeugnissen der Geschichte grunds falsch. Gleichwohl behauptet der Verf. gleich hinterher, daß Hr. Görres bei jener feierlichen Gelegenheit, wo er die Wüns fche eines achtungswürdigen deutschen Volksstammes dem ersten Minister seines Königs ans Herz legte, sich im Namen dieses Volksstammes für jene Grundansicht unwiderruflich ers klärt" habe. Wir gestehn, daß wir in dem darüber bekannt gemachten Berichte auch nicht die leiseste Spur einer solchen. Erklärung gefunden haben. Wenn also der Verf. nicht etwa geheime Nachrichten von dem besißt, was dort gesprochen, aber im gedruckten Berichte verschwiegen worden, so müssen wir dieß wieder für ein historisches Falsum erklären. Der Verf. rühmt alsdann die,,muthige, freie, menschenfreundlis ,,che und meistentheils gottesfürchtige Gesinnung" des Hrn. G., so wie daß derselbe sein reines und großartiges Streben durch die einzige menschliche Eigenschaft, welche sogar „noch über der guten Gesinnung erhaben ist, nämlich

„durch die Rechtgläubigkeit,“ verherrliche. Wir wissen nicht, ob diese Captatio benivolentiae Hrn. G. sehr genehm fein werde; so viel aber wissen wir, daß, wer die Rechts glaubigkeit die vielbestrittene, noch nie und nirgend alle gemein anerkannte, sondern von den Gegenparteien immer für baare Keßerei ausgegebne Orthodoxie — noch über die gute Gesinnung erhebt, sich sehr verdächtig macht, daß er es mit den Worten eben so wenig genau nehme, als mit den Sachen. Der Verf. hätte aber doch bedenken sollen, daß die Schrift selbst die Liebe gegen Gott und Menschen, also die. gute Gesinnung, für das Hochste in der Religion erklärt, und daß der Glaube, wenn er nicht aus dieser Quelle hervorgeht, todt an ihm selber ist, weil er dann keine Früchte bringt oder nur böse, als da sind Inquisizion. und Keßergericht, Autodafe's und Dragonaden 20. 20.

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Dem Verf. hat es indessen Hr. G. doch nicht ganz recht gemacht; jener weist daher diesem Stellen seines Berichtes nach, wo er „den unvermeidlichen Folgerungen des mehrers ,,wähnten rechtgläubigen Vordersaßes, also sich selbst nicht ger nüge;" wo er hingerissen von der bedeutenden Veranlass sung, von dem Feuer der Rede, auch von dem alten, in ,,kriegerischen Zeiten wohlverwendeten, persönlichen Truß und Kraftgefühle dem vorangegangenen Bekenntnisse zu widerspres ,,chen scheine;" ja wo er als ein Macchiavell im Lande des „Glaubens und der frommen Treue, als ein Damon im Reis ,,che und im Glanze der Engel erscheine. Wir finden keinen Beruf in uns, Hrn. G. gegen diesen Vorwurf zu vertheidis gen; auch bedarf er, der rustige Kämpfer, unsrer Vertheidis gung nicht. Er wird wohl selbst, wenn er es nöthig findet, das treffendste Wort darauf zu sagen wissen, ungeachtet wir damit keineswegs zu verstehen geben wollen, daß er überall Recht und sein Gegner überall Unrecht habe. Im Gegentheil hat dieser manche schwache Stelle des Berichts glücklich aufge funden, und lehrreich ist es immer zu sehn, wie mannichfaltig die Ansichten denkender Köpfe von den wichtigsten Interessen der Zeit sind. Wir benußen aber diese Gelegenheit, um noch ein Wort über die

XXI.

Deutschen Staatsanzeigen

überhaupt zu sagen, welche Hr. Adam Müller seit dem J. 1816 herauszugeben angefangen hat und von welchen bis zum April des J. 1818, 16 Hefte erschienen sind (Leipzig, in Kommission der G. Voß'schen Buchhandlung, gr. 8.).

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Im Vorworte zum 1. H. erklärte der Herausgeber, daß es vornehmlich seine Absicht sei, durch diese neue politische Zeit: schrift den Gedankenfrieden in Deutschland zu beför dern ein schöner Zweck, wenn er nicht etwa dadurch erz reicht werden soll, daß man irgend ein politisches oder kirchliches Glaubensbekenntniß als diejenige Norm aufstelle, welcher die Gedanken aller Geister in Deutschland zu unterwerfen seien. Denn alsdann wäre wahrlich das Heilmits tel schlimmer als das Uebel, dem es abhelfen sollte. Betrach tet man aber die Auffäße nåher, welche nach und nach in die ser Zeitschrift erschienen sind, um auf jenen Zweck hinzuarbei besonders die, welche vom Herausgeber selbst und seis nen gleichgesinnten Freunden herrühren so muß bei unber fangenen Lesern allerdings der Verdacht entstehen, daß die neuen deutschen Staatsanzeigen im völligen Gegensaße mit den ålteren, von Schldzer herausgegeben nichts anders beabsichtigen, denn die Aufstellung eines politischen und kirchli chen Glaubensbekenntnisses als einer ewigen Gedankenform für alle Geister in Deutschland. Die einzelen Belege dieser Be hauptung aus allen 16 Heften zusammen zu suchen und zu stellen, ist nicht nöthig, da der Herausgeber selbst im lehten Auffahe des 16. H. sich so bestimmt über die Tendenz und den Charakter der Staatsanzeigen erklärt hat, daß wir ihn statt unsrer nur reden lassen dürfen. Herr schendes Lehrgebäude" — sagt er hier, unwans delbare Marimen, Herstellung einer geistlichen Autos rität, dieß ist, was die Sache der Ordnung auf Erden be ,,darf.“

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Welches Lehrgebäude, was für Marimen, welche Autorität hier gemeint seien, erräth der Leser wohl von selbst, wenn es ihm auch nicht gleich nachher noch deutlicher gesagt würde. Denn da wird behauptet,,, daß die Vernunft ohne die Offenbarung nichts sei, als ein eitel thierisches ,,Vermögen" und daß daher alles unser politisches Sinnen und Treiben an den Offenbarungen Gottes und an }, den- -Aussprüchen einer sichtbaren Kirche nicht nur ,,als an dem lehten Anker im Sturme, sondern als an dem ,,Mittelpunkte alles möglichen menschlichen Daseins und Wir: ,,kens angeknüpft werden müsse." Da es nun mehre sicht bare Kirchen gibt und deren Aussprüche sehr vers fchieden lauten, so würde unser politisches Sinnen und Treis ben freilich einen schlechten Anker im Sturme und einen ganz veränderlichen Mittelpunkt haben, wenn man sich nicht erin

nerte, daß es eine Kirche mit einem untrüglichen Oberhaupte an der Spike gibt, die sich allein für eine wirkliche und für die allgemeine Kirche hält, und daß uns also der Herausgeber der Staatsanzeigen eigentlich an das herrschende Lehrgebäude, die unwandelbaren Marimen und die geistliche Autorität (Hierar chie) der römisch : katholischen Kirche verweist. Dieß wird ihm auch eben niemand übel nehmen, der fremde Uebers zeugung chrt. Aber schlimm ist es doch für uns Andere, die erst noch überzeugt werden sollen, wenn die Vernunft ohne Offenbarung nichts weiter ist, als ein eitel thierisches Vermögen. Denn da es ebenfalls mehre angebliche Of fenbarungen gibt, so wissen wir ja ohne vorausgegangene Prüfung derselben gar nicht, an welche wir uns halten sollen, und der Mufti in Konstantinopel hätte dann eben soviel Recht auf seinen Koran zu verweisen, als der Papst in Rom auf die Bibel oder die Tradizion. Die Vernunft als ein eitel thieri: sches Vermögen könnte nicht sagen, hier allein ist Gottes Wort, dort aber Lüge. Jeder müßte außer der allgemeinen Offenba: rung noch eine besondre haben (wie die nordische Sibylle oder der schwäbische Bauerprophet), welche ihm sagte, wo die rechte zu suchen sei. Kurz, es giebt hier kein Drittes. Man muß entweder die Vernunft eben sowohl als die Offenbarung in Eh; ren halten, oder man öffnet jeder noch so tollen Schwärmerei Thûr und Thor. Heißt aber das die Vernunft in Ehren halten, wenn man sie, die vornehmste Zierde des Menschen, die einzige Kraft, wodurch er sich wesentlich über die bloße Thiers welt erhebt, um welcher willen ihn die Schrift selbst das Ebenbild Gottes nennt, weil Gott die höchste Vernunft ist, ein eitel thierisches Vermögen nennt? ,,Ratio" sagt Sc neca,, diis hominibusque communis: haec in illis ,, consummata est, in nobis consummabilis." Aber freiz lich war das ein blinder Heide. Der durch das Christenthum erleuchtete Herausgeber der deutschen Staatsanzeigen weiß es besser. Ihm ist die Vernunft ein eitel thierisches Vermögen. Um also diese wilde Bestie in uns zu zähmen, sollen wir uns in weltlichen sowohl als geistlichen Dingen der Autorität eines untrüglichen Glaubensrichters blindlings unterwerfen, sollen -mit einem Worterechtgläubige Katholiken wer

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Wir unsers Orts müssen unter dieser Bedingung auf allen Gedankenfrieden verzichten, so friedfertig wir auch sonst ges finnt sind, was die Personen betrift. Denn wir halten jene Lehre von der Thierheit der Vernunft mit allen daraus

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