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her diese Regel nicht befolgen, sondern alles, wie es da gedruckt steht, hinter einander fortlesen wollte, würde nur sich selbst ans klagen, wenn er seinen Geist nicht mannichfaltig genug beschäfs tigt fühlte und daher über lange Weile klagte.

Der Verf. hat indeß alles Mögliche gethan, um auch fole chen ungebürlichen oder vielmehr ungenügsamen Lesern zu ges nügen. Er bietet ihnen zuvörderst in der ersten Abtheilung eine Menge von kleinen Gedichten über allerlei Gegenstånde in sehr verschiednen Versarten, nach drei Unterabtheilungen, indem zuerst didaktische, dann epigrammatische und endlich lyrische Dichtungen den Leser in die Gemüthswelt des Verf. einführen und ihn auffodern, mit demselben darüber in behagli: cher Beschaulichkeit zu reflektiren. Doch darf man es mit dies sen Unterabtheilungen, wie mit jedem poetischen Fachwerke, nicht so genau nehmen, indem Gedichte der einen Abtheilung oft in die andre herübergreifen. In allen findet sich des Sinnis gen, wohl Gedachten `und schön Ausgesprochnen recht viel, und besonders erfreuend ist der edle und fromme Sinn, der das Ganze durchdringt. Daß indessen der Verf. in der Auswahl noch etwas strenger håtte sein sollen, dürfen wir nicht verhehlen. Was soll z. B. hier der nakte Spruch zum neuen Jahre (S. 145):

Herr, vor der Sünde mich bewahre

In diesem neuen Prüfungsjahre! — ?

Ein solcher Morgenseufzer am Neujahrstage ist recht gut; wer wird ihn aber drucken lassen und als Pocsie verkaufen? Als solche hat er ja noch weniger Werth, als die heilige Klage (S. 60), die nur metrisch, nicht poetisch ausgesprochen ist. Hin und wieder verliert sich der Verf. auch in die Rebelgefilde einer düstern, das rühmliche Streben der Vernunft nach ties ferer Erkenntniß verlästernden Mystik. Wir rechnen dahin vornehmlich die S. 21 mitten unter den didaktischen Dichtun gen befindliche Legende: Die Philosophen im Himmels reich, welche wirklich etwas vom Unsinne gewöhnlicher Legens den, an sich hat. Der Dichter erzählt nämlich, daß einst die Weisen allzumal,

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in des Himmels: Palmenthal um eine große Tafel her saßen, aber sich nicht mehr stritten; denn das durch ihre Adern fließende Himmelsblut machte ihnen die Augen hell, daß sie alles klar und richtig sahen, und daher in ihren Urtheilen einstimm: ten, und

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Himmelsfreud' umweht die Brust,
Sie schmekten feel'ges Lebens Lust
Am Tisch, wo sie im Kreise saßen

und Früchte vom Baume des Lebens aßen.

Ungeachtet ihres Himmelsbluts aber und ihrer hellen Augen und ihrer himmlischen Nahrung sind sie so dumm, nicht zu merken, wo sie seien. Die Neugier plagt sie also, darnach zu fragen, und obwohl der sie bedienende Gärtner sie warnt, fie würden's doch nicht glauben, wenn er's ihnen auch sagte, und dann in Todesnacht versinken: so bestehen sie doch auf ihre Frage und wollen auch wissen, wer er, der Gärtner, eigentlich sei. Darauf antwortet denn dieser recht im Katechismustone: Bin, der für euch am Kreuz gestorben

Und euch das Himmelreich erworben.

Das empört sie alle; fie glauben's nicht, und flugs wie der Blik versinken sie, gleich als wären sie in den Händen eines spanischen Großinquisitors,

Viel Klaftern tief in finstre Kammern;

Da wandelt sich die Lust in Jammern.

Aber nun kommt ihnen auch plöhlich in der Finsterniß der Glaube in die Hand, und darum werden sie eben so pldhs lich wieder in den Himmel verseht, und da sehen sie denn auch den Sohn leibhaftig zur Rechten des Vaters sizen und von als len Engeln bedient werden. Eine solche Befchrungsgeschichte kann man allenfalls im Munde eines Kapuziners erträglich finden, aber nimmer in einer Sammlung von Gedichten, die sonst von einem hochgebildeten Geiste zeugen. Wir wissen es wohl, die Phantasie hat ihre Rechte. Wo sie aber aller Vers nunft so offenbar Hohn spricht, da prostituire sie sich und man flopft sich lieber die Ohren zu, als daß man solche Legenden anhdren möchte. Oder sollte vielleicht die ganze Legende nur ein Scherz sein, um die kindische Albernheit gewiffer Legendenz schreiber ju perfifliren? Dann hätte freilich der Ton der Ers zählung anders gehalten und besonders die didaktische Nußars wendung weggelassen werden müssen, damit kein Leser verleitet würde, die Sache für bittern Ernst zu nehmen.

Unter den epigrammatischen Stücken kommen recht sinns reiche vor, aber auch manches, dem es an Klarheit und Richs tigkeit des Gedankens fehlt. So der Spruch (S. 39) das Eine:

Nimmer verlassen bin ich, so, folgend dem Nufe des Geistes,
Uls auch, schweiget der Geist, deinem, o treue Natur!
Denn du, Religion, reichst stets mir in beiden die Hand
dar,

Jego die Rechte: den Geift; jcgo die Einke: Natur.

Den Sinn des ersten Distichon's kann man, wegen der verwis ckelten Wortverbindung und der ungewöhnlichen Bedeutung des Wörtchens so für sowohl, nur errathen, und hat man ihn errathen, so findet man, daß der Mensch doch wirklich verläss sen wäre, wenn der Geist in ihm schwiege und er bloß der Natur ohne Geist folgen wollte. Und nun gar die Religion dergestalt personifizirt, daß der Geist ihre Rechte und die Naz tur ihre Linke sei! Vergebens zerarbeitet sich hier die Phantasie, ein der Idee, die der Dichter ausdrücken wollte', entsprechendes Bild zu Stande zu bringen, Treffender und schdner ist der Spruch (S. 41) das Nothige:

Künstler möchtest du sein und bist nicht fromm? Es gelingt

dir

Nimmer, du wendest denn ab ganz von dem Eitlen den
Sinn,

Hin zu dem Ewigen, Einen, das klar sich als innere Reinheit
Kündet. Es eint sich der Gott nicht dem befleckten Ge:
müth.

Desgleichen der Spruch (S. 42) falsche Christen:

Christen nennet ihr euch, und beharret in feindlicher Zwie:

tracht?

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Nennt euch Juden: denn euch starb der Versöhner umsonst. Dagegen schielt wieder etwas stark der Spruch (ebend.) Heiz den und Christen:

Jene blühten wie Blumen: ihr Leben entfloh mit dem'

Dufte.

Bir wie Blüthen: es birgt schöneres Leben die

Frucht.

Die Blumen sind ja auch Blüthen, und was für herrliche Früchte, an denen sich noch immer die Welt erlabt und fort bildet, haben jene Blumen getragen! Und die christlichen Blů: then? ach möchten sie nie taub gewesen sein, nie bittere und faule Früchte getragen haben! Hat der Verf. den vorigen Spruch so bald vergessen? Ein Dichter, besonders ein frommer, muß sich auch treu sein und vor allem gerecht, gerecht gegen Jedermann. Denn er schwebt in höhern Sphären, wo die Dissonanzen des beschränkten Erdenlebens sein Ohr nicht mehr berühren, oder wenn es sie noch vernimmt, so müssen sie sich ihm sogleich in Harmonie auflösen. Damit verträgt sich aber das Christeln so wenig als das Jüdeln, das Vornehmthun gez gen die Heiden, denen doch der Berf. einen guten Theil seines Wissens und Könnens, selbst die schöne Bersart verdankt, worin er mit dem stolzen Pentameter auf sie herabblickt. Demuth ist ja ebenfalls eine chriftliche Tugend,

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Zu den lyrischen Dichtungen gehörten wohl auch die sechs Liederchen aus häuslichem Kranje (S. 81-91), die aber. hier sich unter die epigrammatischen verloren haben. Sie ente halten so viel zart und fein Empfundnes, daß wir dem Gegens fande dieser Empfindungen Glück zu einem so empfindenden Herzen wünschen. Auch das zweite Weinlied (S. 121), wiewohl es etwas an Novalis erinnert, und das Festlied Die (S. 123) gehören zu den besten dieser. Sammlung. Borte religiofer Stimmung (S. 125-164), womit die erste Abtheilung schließt, kann man einer Schnur von fchdr nen Perlen vergleichen, unter die sich bloß ein paar nachger machte oder Glasperlen geschlichen haben. Wir rechnen dahin, außer dem oben bezeichneten Neujahrsseufzer, das Feste (S. 143) und die Weisung (S. 144), in denen wir nichts als klare Prose in Trochden erblicken können. In dieser Be jichung gehören wir also nicht zu den Ungenügsamen, vor welchen es (77) heißt:~~~

„Mehr_nur sollt er uns geben, der Dichter, er würde bez

kannter !!!

Reichet ein Berg euch Gold: „Wår, er doch golden der
Berg!"

Das wünschen wir eben nicht; aber es muß doch echt sein, was er uns als Gold reicht, und wo des' Echten so viel ist, fällt das Unechte um so unangenehmer auf. Als Probe des Echten stehe hier noch aus dieser Abtheilung folgendes schön gewundenę Sonett (S. 125) der Glaube:

,,Vorüber sind des Lebens Frühlingsstunden,
„Die holden Blüthenzeiten sind entflohn,
,,Vom Herzen weicht die Lebenswärme schon,
„Und was ich suchte, hab' ich nie gefunden.'

"

Go flag ich, ist der Glaube mir entschwunden,
Die Himmelskraft, des reinen Strebens Lohn.
Doch allem Lebenswechsel sprech' ich bohn,.
Halt ich den Glauben neu an mich gebunden.

Der Glaube lehrt uns, nie in Roth verzagens
Er gibt uns Muth und hoffendes Vertrauen;
und schügend wacht er über unsern Tagen.

Die tiefften Räthsel läßt er uns durchschauenz
Von ihm geführt darfst du das Höchste wagen
und kühn dein Wert für Emigkeiten bauen.

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Während die erste Hauptabtheilung nur tleinere Stücke ents halt, bietet uns die zweite ein Kunstwerk von längerem Athem, ein idyllisches Epos in drei Gesängen, genannt der Som

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mertag. © Jede der drei Idyllen øder. Gesänge führt : wieder eine besondere Ueberschrift, nämlich: der Morgen, der Mits tag, und der Abend zur Bezeichnung der verschiednen Tageszeiten, in welche die Handlung vertheilt ist. Das Ganzę ist ein recht lebendiges und ergdhliches Gemälde eines landlig chen Festes, welches eine städtische Familie auf ihrem Some mersiße begeht, um den Geburtstag eines hochverehrten_Famiz liengliedes zu feiern. Man fühlt sehr bald, daß der Dichter aus cigner Anschauung und Empfindung erzählt, daß es selbsts erlebte Scenen find, die er seinen Lesern im Spiegel der Ers innerung mit Hülfe der verschönernden: Einbildungskraft vor hält. Es ist gleichsam ein Gemälde aus der niederländischen Schule, wahr und treu, nur hin und wieder etwas idealisirt, Für den mit allen Lokalitäten und Personalitäten vertrauten Leser muß die Darstellung natürlich noch anziehender sein, als für den in die Mysterien der Familiarität Uncingeweihten. Doch dürfen wir auch diesem einen wohlthuenden Mitgenuß an Den Freuden eines durch Liebe u Den Freuden eines durch Liebe und Freundschaft gewürzten länd lichen Festes versprechen. Die zuweilen angeregte Erinnerung an Voß'ens Luise schadet dem Ganzen nicht. Doch könnten die Herameter hier und da geschmeidiger sein. Ausgänge, wie .183

U

kann der Mensch | nichts thun

thun dem Ohre nicht wohl, da der Mensch zu widerspenstig und trage ist, um in dem beflügelten Daktylusschritte so leicht fortzuhüpfen, als es hier verlangt wird. Auch Anfänge, wie .193:

Neichliches Regens | labender | Strom'.

tlingen nicht gut, weil sie keinen Einschnitt haben. Den Herameter S. 226:

Bom hochaufragenden Thurm der alternden Kirche des Hüs

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hat der Verf. selbst in den Berichtigungen so verbessert, daß man lesen söll: Bom hochragendenc., da die drei ersten Sylben vom Hochauf“ keinen Daktylus (vv) geben, sondern einen Bakcheus (0 - 1) oder allenfalls einen Amphi; brachys (UU), so daß man jenen Vers wie die Hexameter in Kleist's Frühling skandiren müßte, Die undeutschen Papa, Mama, und Onkel, die sich oft hervordrängen, wollen in einer so deutsch gemüthlichen Dichtung auch nicht recht gefals fen. Die Verse S. 242.

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