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Friedrich's III. (S. XIII-CXXVIII). Dann läßt er die Urkunde selbst nach ihren Hauptartikeln folgen (S. 1-28) und endlich fügt er derselben eine Menge treflicher Bemerkuns gen zur Erläuterung bei (S. 29-Ende). Wir heben zuz vörderst das Wichtigste aus der Einleitung aus.

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Nach Angabe der Quellen und Hülfsmittel in Bezug auf die nähere Kenntniß des vorliegenden Aktenstücks, und nach Erörterung des mit dem Worte Reformazion zu verbindenden Begriffs indem man sonst darunter nicht bloß die bes wirckte Abstellung von allerhand Unordnungen und Misbräuchen, sondern auch darauf sich bezichende Vorschläge, Entwürfe, Ges seze verstand schildert Hr. D. B. Deutschlands Zustand im Anfange des 15ten Jahrhunderts auf folgende Weise: Das Reich befand sich in einer höchst verwirrten und traurigen Lages Karl's des Gr. und seiner nächsten Nachfolger Kapitularien waren vergessen, und kein spåterer Kaiser hatte etwas Besseres an deren Stelle geseht. Deutschland war eigentlich ohne Vers fassung, ein Spielball des Zufalls oder der Arglist, welche vie Anarchie für ihre Privatzwecke benußte. Finsterniß und Abers glaube herrschten überall und umlagerten selbst die Thronen der Fürsten. Deshalb hatte schon K. Siegmund in einer früher entworfenen, aber auch erfolglosen, Reformazion gesagt : Man ist in allen Sachen schier blind geworden. Thue man ,,die Augen auf und sehe an alle Läufe der Welt, so findet ,,man nichts Rechtes. Es ist alles unrecht." Es ist alles unrecht.“ Das_kaiserliche Ansehn war so tief gesunken, daß, wie Aeneas Sylvius (Geheimschreiber Friedrich's III., nachheriger Papst Pius II.) sagte, kaum ein Graf sein Haupt vor dem Kaiser beugte, und das ganze Reich schien so krank, daß man nach dem Ausspruche ebendesselben Schriftstellers, mehr an dessen Beerdigung als an einen Arzt denken mußte. Reichstage wurden genug gehalten, aber wenig wurde beschlossen und noch weniger ausgeführt; die wichtigsten Dinge sezte man immer auf künftige Berathungen aus, so daß die Fruchtbarkeit der Reichstage selbst in jener Zeit zum Gespötte ward, indem man sagte, einer habe immer den andern im Leibe. Die Rechtspflege war erbärmlich und die römischen Juristen verdrängten mit ihrem fremden Rechte das einheimische immer mehr. Noch schlimmer sah' es mit Religion und Kirche aus. Diese war in sich selbst zerrissen durch den Kampf zwischen Alleinherrschaft und Aristokratie, der soz gar die Erscheinung von mehren Gegenpåpsten und eine förm liche Spaltung der Kirche zur Folge hatte; die Religion aber war dabei so wenig geachtet, daß derselbe Aeneas Sylvius in seinen vertraulichen Briefen über die völlige Erkaltung der

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Liebe und den Untergang alles Glaubens, so wie ein andrer Schriftsteller jener Zeit, der Kardinal Nikolaus von Cusa, über den Untergang alles Gemeingeistes und die durchgängige Herrschaft der Selbstsucht klagt was sich beiläufig die Lobs redner des Mittelalters wegen seines religiosen und gemeinheits lichen Sinnes merken mögen, damit sie uns nicht ferner etwas zum Muster aufstellen, was die Bessern jener Zeit selbst höchst bejammernswerth fanden.

Friedrich III., diesen allgemeinen Nothstand beherzigend, dachte bald nach dem Antritte seiner Regierung im . 1440 auf Abhülfe. Er schrieb wegen verschiedner Anträge von meh ren geistlichen und weltlichen Reichsständen im J. 1441 einen in Mainz zu haltenden Reichstag aus, ,,conventionem sive ,,diaetam solennem pro communi omnium salute,' wie er selbst in seinem Einladungsschreiben an den König von Frank: reich sagt denn auch dieser (Karl VII.), so wie wahrschein lich auch andre auswärtige Fürsten, waren von dem Kaiser er: sucht worden, an den wichtigen Berathungen dieses Reichs: tages Theil zu nehmen, da sich alle Welt nach einem bessern Zustand der Dinge und besonders nach Herstellung des durch die Gegenpäpste selbst gestörten Kirchenfriedens sehnte. Dies sem Reichstage nun ließ Friedrich III., da er nicht selbst ges genwärtig sein konnte, durch vier Kommissarien, unter welchen sich auch der berühmte Thomas Haselbach, Doktor und Professor der Philosophie und Theologie auf der Universität zu Wien, befand, seinen Reformazionsentwurf vorlegen. Es wurde aber nichts beschlossen, sondern die weitere Berathung darüber auf einen in demselben Jahre zu Frankfurt zu haltenden Reichs tag ausgeseht. Hier ging es eben so, und deshalb ward im J. 1442 ein neuer Reichstag ebendaselbst gehalten, auf welchem zwar ein Reichsabschied zu Stande kam, der aber den wohl thätigen Absichten des Kaisers wenig entsprach, weil dieser sich uicht zu durchgreifenden Maaßregeln gegen die Anmaaßungen und Ränke der Hierarchie entschließen konnte, sondern den Grundsah hatte,,,daß durch Verweilung und Verlegung „unrichtige Händel könnten zur Besserung gebracht werden“. ein Grundsah, von dem Hr. D. B. sehr richtig sagt, daß er nur allzuleicht zu jener Schwäche führe,,,welche durch die Ges „schichte der deutschen Reichstage und selbst durch die nachfol gende Geschichte unsers Friedrich's fast auf allen Blättern ber ,,urkundet wird." Jenes Verweilen und Verlegen scheint überhaupt unser Erbfehler zu sein, weshalb es auch jeht im deutschen Bunde eben so hemmend in unsre politische Organiz fazion einwirkt als sonst im deutschen Reiche.

In Bezug auf die Frage, wer eigentlich Verfasser jenes Entwurfes zur Verbesserung Deutschlands sei, widerlegt Hr. D. B. zuerst mit triftigen Gründen die Meinung Goldast's, der auch Silberrad, Häberlin u. A. beigetreten, daß er `ursprünglich durch die damaligen Reichsstädte auf einem Stað: tetage gemacht, hernach auf dem Reichstage dem Kaiser übers geben und durch diesen den übrigen Ständen des Reiches zur Berathung mitgetheilt worden. Sodann sucht er zu zeigen, daß jener Entwurf in seinem ganzen Umfange auf unmittelbas ren Befehl des Kaisers in dessen Kabinet verfaßt worden. Wer dabei die Feder geführt, läßt sich freilich wegen Mangels be: stimmter Nachrichten über den Ursprung jenes merkwürdigen Aktenstücks jeht nicht mehr entscheiden. Hr. D. B. vermuthet aber aus innern Gründen und wir finden diese Vermuthung nicht unwahrscheinlich — daß der vorhin genannte Dokt. und Prof. Thomas Haselbach, einer der hellsten Köpfe und freisinnigsten Männer seiner Zeit, welcher auch Mitglied des kaiserlichen geheimen Rathes war und Friedrich's III. Vert trauen in hohem Grade besaß, auch sonst von demselben in wichtigen Angelegenheiten gebraucht wurde, der eigentliche Verf. oder Konzipient des Entwurfes gewesen. Mdchť' es doch is gend einem Gelehrten in Wien, der Zutritt zu den dortigen Archiven hätte, gelingen, hierüber dem deutschen Publikum und den Freunden der vaterländischen Geschichte etwas Gewisseres mitzutheilen!

Die Urkunde selbst besteht aus einem Eingangsgebete, welches hier nicht mitgetheilt worden, 13 Hauptartikeln, jeder mit einer vierfachen Deklarazion versehen, die aber hier nur Auszugsweise mitgetheilt worden, und einem Bé: schlusse. Die tem Ganzen zum Grunde liegende Idee ist, Deutschland zur politischen Einheit durch eine rechtliche Ver: fassung zu erheben und dem Christenthume denjenigen Einfluß auf das bürgerliche Leben zu verschaffen, der ihm nach den weis sen Absichten seines erhabnen Stifters gebüre, aber durch die Lasterhaftigkeit der Geistlichkeit so sehr verkümmert worden. Man kann daher allerdings mit Hrn. D. B. sagen, daß hier bereits die Idee eines heiligen Bundes ausgesprochen sei, wenn auch nicht so deutlich und bestimmt, wie in einer neuen Urkunde, und nur in nächster Beziehung auf Deutschland und dessen einzele Staaten.

Der 1ste Art. der Urkunde betrift die Geistlichen oder, wie sie hier genannt werden, die Geweihten, als den dama: ligen ersten Stand der Gesellschaft, der aber auch am meisten verdorben und daher vorzugsweise einer Reform bedürftig war.

Die Urkunde fodert, daß die Geweihten im ganzen römischen Reiche deutscher Nazion ohne Rücksicht auf Geburt, Herkoms men, Gunst 2c. in ihrem rechten Stande geordnet und bestå tigt, und allein Gort zu Lobe nach ziemlicher Nothdurft erhalten werden sollen, damit die Werke Christi auch vom ges meinen Manne angenommen und bestätigt werden. Die bei: gefügte Deklarazion klagt über das Uebermaaß der Pfaffen, Mönche und Nonnen, welche nur unter einem geistlichen Scheine die Welt betrügen wollen und den Bürger und Bauer so hart beschweren, daß deren Weiber und Kinder oft an ihrer tågliz chen Nahrung Mangel leiden, damit sie das faule müßiggehende Volk nähren mögen. ,,Das ist ihre geistliche Barmher igkeit und ihre geistliche brüderliche Liebe: Was ,,man ihnen um Gottes willen gibt, das wollen sie darnach mit ,,ihrem Geiß und ihrer tyrannischen Weise sparen und erhal ten." Die Wahrheit dieser Klage bestätigt Hr. D. B. in den erläuternden Bemerkungen durch Zeugnisse mehrer gleichzei tiger Schriftsteller und theilt eine etwas spåter (unter Papst Paul IV. in der Mitte des 16ten Jahrh.) gemachte Berech nung mit, nach welcher es um diese Zeit fast noch eine Million von Mönchen und Nonnen in der römisch-katholischen Kirche gab, ungeachtet diese Kirche bereits durch Luther's und Zwings li's Reformazion so viel Abbruch gelitten hatte. Und doch soll diese Reformazion unnöthig gewesen sein, während die mäch tigsten, einsichtsvollsten und bestgesinnten Fürsten sich früherhin so oft vergebens bemüht hatten, die Hierarchie selbst um ihr res eignen Vortheils willen zu einer Reform zu bewes gen! Denn schon K. Siegmund hatte an P. Eugen IV. ges schrieben, es sei zu fürchten, daß die Laien endlich über die Kleriker herfallen würden, wenn man den Beschwerden jener gegen diese nicht abhelfe.

Der 2te Art. betrift die Fürsten, Grafen, Freien, Herren, Ritter und Edle im römischen Reiche deutscher Nazion und fodert sie zur Ordnung und zum Gehorsam gegen. die Reichsgesehe auf, „damit sich ein jeder in seinem Stande selbst erkenne und der arme Mann auf dem Lande ,,unbeschwert bleibe und ihm seine menschliche Freiheit ,,auch gehalten werde." In der beigefügten Deklaration wer den noch besonders Gerichtsordnungen gefodert, und daß. auch Wittwen und Waisen zu ihrem Rechte verholfen werde, „damit fürbas hin niemand rechtlos erfunden werde.“ Also erkennt schon diese Urkunde ein ursprüngliches Menschenrecht in jedem Deutschen an und legt selbst dem armen Manne auf dem Lande (damal noch größtentheils leibeigen) menschliche

Freiheit bei. Was werden dazu jene sagen, die dergleichen Dinge für Ausgeburten der neuern Modephilosophie halten? Was werden diese laudatores temporis acti inprimis medii aeri sagen, wenn sie die von Hrn. D. B. in den erläuternden Bemerkungen über diesen Artikel angeführte Klage des edlen Nikolaus von Cusa lesen: In den Gerichten sehen wir die größte Verwirrung oder beinahe gar keine Justiz. Man ,,unterscheidet Ehre von Recht und es gibt Adlige, die es für ,,erlaubt halten, auch die beträchtlichsten Güter mit Gewalt an „sich zu ziehen, wenn sie gleich gestehen, daß dieser Besiß auf ,,teinen Rechtsgrunde beruhe." Ein solcher Adliger durfte in jener Zeit es sogar wagen, seinem rechtmäßigen Fürsten, der zugleich des Reiches Oberhaupt war, folgenden, hier ebenfalls angeführten, Fehdebrief zu senden: „Durchlauchtigster gnådigster ,,Fürst Friedrich, Römischer König, Herzog zu Desterreich 2c. "Ich Kaspar Niederspeuger lasse Ew. Königl. Gnaden wissen, ,,daß ich Ew. Gnaden zu diesen Zeiten nicht dienen mag, son,,dern Euer und Eurer Land und Leute Feind sein will, und „schaden trachten will, wie ich werde mdgen mit allen denen, ,,die ich auf Euren Schaden bringen mag" 2c. Wahrlich, das muß eine herrliche Zeit gewesen sein, wo ein deutscher Edels mann seinein Landesherrn und des heiligen römischen Reichs Oberhaupte die Spike seines Degens so mir nichts dir nichts bieten konnte !

Nach dem 3ten Art. soll auch den Städten, sowohl den Reichs als den Fürstenstädten, so wie allen andern Gemeinen ihr Recht und ordentlich Wesen geseht und bestätigt wer den, und zwar so, daß dabei allein angesehen werde „die christ: liche Freiheit menschlichen Wesens rechter natür licher Vernunft, das allen Menschen gleich mäßig ,,und leidlich sein mag." So sprach ein deutscher Kaiser zu den Ständeu des Reiches in Mitte des 15ten Jahrh. von christlicher Freiheit, von natürlicher Vernunft, von Gleichheit aller Menschen in Anschung ihres wesentlichen Rechts. Wenn aber heutzutage ein Schriftsteller so redet, so bezüchtigt man ihn schier des Jakobinismus, Naturalismus, Razionalismus, wo nicht des Atheismus. Wie beschämt doch dieser Kaiser die politischen und theologischen Kezermacher unsrer Zeit! In der beigefügten Deklarazion heißt es noch: „Den Eigennuß ,,will dieser Zeit alle Welt für Weisheit achten und des gez „meinen Nußens ist ganz vergessen." Ob es wohl jeht viel anders ist?

Der 4te Art. faßt nun alles Bisherige in Eins zusammen, indem er fodert, daß alle Deutsche, wes Standes und Würden

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