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für so viel als möglich wörtliches Uebersehen Shakspeare's erklärte, wohl aus Bescheidenheit von dem Verhältnisfe der neuen Uebersehungsweise zu den vorigen Uebersehungen gänzlich. Wenn ebenderselbe in den Vorres den zu seinen frühern Verdeutschungen äußerte, Hr. Schles gel habe die Kunst, den Shakspeare poetisch zu überseßen, zur größten Vollkommenheit gebracht, und weder er, `noch sein Bruder würden eins der von jenem vollendeten Shakspeare's: Ueberfeßer · gelieferten Stücke anrühren; so muß er allerdings von dieser Hyperbel zurückgekommen seyn, theils durch die neuen Ansichten, die er selbst jeht über Shakspeare's Vollkom: menheit in Wortausdruck, Metrik und Kürze aufstellte, theils durch die großen Beweise, die Voß, der Vater, gegeben hat, daß sich wenigstens der Sommernachtstraum im Gan: žen, und zum Theil auch der Sturm, oder Romeo und Julie im Einzeln, unendlich poetischer, reichhaltiger, vor allem treuer, treffender, musikalischer (wenn auch nicht allemal so passend für den Geschmack neuerer Leser) übersehen lasse. Was man an Schlegel's Uebersehungsart in den gelungensten seiner Ueber: tragungen, (Romeo und Julie, und Sturm) lobend heraus: heben kann, ist eine gewisse ästhetische Glätte, anständige, leichte Grazie im Ausdrucke, der sich Shakspeare's mehrere Jahrhunderte alte geniale Rauhigkeit und Schroffheit zum Ber ften einer gewißen fließenden Lesbarkeit für moderne, bequeme Leser selbst fügen muß, als wäre Shakspeare ein Metastasio. Allein dieses Lob schmilzt gewaltig, wenn man genauer hinsicht wie es öfter erreicht wird, nämlich durch Weitschweifigkeit und Breite in den Wendungen, die mehr und längere Verse macht, und dennoch den poetischen Reichthum des Originals, seine Gedankenfülle, wie seine Kraft vermindert. Seines Originals reichhaltige Kürze möchte hierbey Hr. Schlegel aufopfern, weil er umschreibend überseht: allein er verkennt hierin auch die poetische Kraft der deutschen Sprache selbst. Nür allein die vorhergegangenen obigen und die noch folgenden Beleuchtungen mehrerer Hauptstellen gerade aus den von Schlegel am glück: lichsten übergetragenen romantischen Shakspeare'schen Schau: spielen dürften jene obenerwähnte lobpreisende Hyperbel, die Hr. Heinrich Voß vor acht und mehrern Jahren aussprach, gar fehr mäßigen. Zwar hat Hr. Heinrich Voß d. j. bey dieser Hyperbel wohl manchen aus der sogenannten neuern Schule auf seiner Seite, der es wirklich gelungen ist, auf Geschmack und Sprach cultur in Deutschland eben so einseitig, als måchtig zu wirken, und die Hrn. Schlegel gewöhnlich als einen Petrus mit dem Schlüssel zum literarisch - poetischen Himmel

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betrachtet, in welchem nur ein paar ausschließlich verehrte, als les vernichtende Gößen zur Verehrung aufgestellt sind. chen wird es jeht auch natürlich so vorkommen, als wenn Voß, der Bater, welcher den Shakspeare in seiner schroffen, kernhafts rauhen, mehrere Jahrhunderte alten, oft lakonischen Urnatur wiedergeben will, und zu dem Ende eine Bildung deutschen Styls nach Klopstock und den Griechen und Römern, nicht, wie Hr. Schlegel nach Göthe und den Italienern, mitbringt, eine Iliade nach dem Homer unternommen habe. Auch ist diese Ansicht, die manche hier haben werden, in einiger Rücksicht vers zeihlich, weil Hr. Schlegel allerdings für die Form eine Bahn gebrochen und zumal zu einem Shakspeare in neuerem Ges schmacke manches geleistet hat, und weil Shakspeare selbst in jeder Behandlung doch so auf das Gemüth wirkt, daß man sos gar den Ausdruck der Ueberschung lieb gewinnt, in der man Shakspeare zuerst kennen lernte, gerade wie man bey einem Dichter die frühern Ausgaben oft den spätern gefeilten vorzieht. In dieser Hinsicht gestehn auch noch jezt viele, daß ihnen Eschenburg gewöhnlich mehr, wie der spätere Schlegel, zus sagt, eben so wie mehrere den Ossian in der Herold'schen Ues bersehung und nach Macpherson immer noch lieber haben, als mit den spåtern, zumal metrischen Verbesserungen. Indessen tann Hr. Heinrich Voß d. j. selbst doch dem väterlichen Ges nius und dessen Bestrebungen nicht zu viel vergeben wollen, wie er bey jener früher geäußerten in seinem Munde allerdings rühmlich bescheidnen Hyperbel über Hrn. Schlegel müßte. Wes nigstens müßt er nun annehmen, daß es zwey ganz verschies dene, gleich vollendete Üebersehungen eines und ebens desselben Schauspieles geben könne. Daß aber dieses uns möglich sey, siehet_er_ja selbst ein, und äußerte in einer frühern Vorrede die sehr richtige Marime, jeder Ueberseher müsse seine Vorgänger, wo sie treffend übersehten, benußen. „Wer, sagt er da sehr treffend, wie Gdh'ens kleiner Karl, immer nur etwas Apartes haben will, Gram, wo der Vors gånger Schmerz hatte, Angst, wo Furcht, u. s. f. nach dies sem Maaßstabe, erweist dem Autor einen schlechten Dienst.. Der wahre Ueberseßer strebt nach einer durchaus treuen Nachs bildung, und läßt, was er in Worten und Wendungen für seinen Zweck Taugliches vorfindet, gern und dankbar in seiner Uebersehung fortleben." Man möchte aber hinzusehen,

es wäre zu wünschen, daß jeder neuere Ueberseßer sich erst uns mittelbar an das Original hielte, und nur nach seiner vollbrachs ten Uebersehung die Vorgänger vergliche, die ihn, wenn er sie sogleich bey der Arbeit selbst zu Rathe zicht, dennoch beschräns

ken, indem man entweder ihren Weg geht, oder doch Verans derungen anbringt. So findet sich bey Voß, dem Vater, wenn er auch, obwohl selten, wörtlich mit Schlegel übereintrift, doch vietes nicht, was die Vorgänger, Schlegel und Eschenburg, doch ziemlich natürlich ausgedrückt hatten. Gewöhnlich ist das ge: nauere Boß'ische Metrum dazu eine hinreichende Ursache und die größere Treue in der Wortstellung. Zuweilen scheint aber

doch die Veränderung etwas absichtlich, um der möglichen Variationen des Denkens willen, wo das Alte doch passender. scheint. So spricht Hrn. Voß'ens Mercutio:

Sag Einen Reim nur und mir ists genug!

Lechz' Ein o Weh! paar uns Ein Herz und Schmerz.

Hrn. Schlegel's Mercutio sagt hingegen:

Sprich nur ein Reimchen, so genügt mirs schon.
Ein Uch nur jammre, paare Lieb' und Triebe.

Der in Liebesgedichten gewöhnliche Reim, Herz und Schmerz,
ist an sich ein eben so gutes Surrogat für das englische love
and dove. Indeß bey der Treue, mit der Herr Voß sonst so
gar den Klang der Wörter und Reime, sogar die Alliteratio:
nen wieder gibt, hätt' er wahrscheinlich das leichter sich ers
gebende, hier treuere, dem Englischen afsonirende Liebe und
Triebe vorgezogen, wär' es nicht bey Vorgängern zu finden,
und paßte es sonst in sein jambisches System. Aus ähnlichem
Grunde hätte vielleicht H. Voß. Sturm S. 62. das fair en-
counter of two most rare affections eben so treu, als Herr
Schlegel Ein Schön Begegnen zwev erwählter Herzen,
oder ähnlich überseßt, wäre das nicht schon vorhanden gewesen.

Durch einige Probestellen, die Hr. Heinr. Voß der jun gere in der Vorrede aus dem Lear anführt, erschn wir auch, daß wir, wie schon früher bekannt gemacht worden, und wie zu Hoffen stand, in Zukunft einen von ihm ganz umgearbeiteten Lear zu erwarten haben. In dem ersten Versuche von 1806 hicß es z. B. da, wo Lear im Ungewitter heraustritt:

Blaset, ihr Winde, sprenget eure Wangen!
Lost, blast. Ihr Himmelsfluthen und Orcane,
Strömt, bis ihr Thüren und Wetterhähn' ersäuft.
Ihr schweflichten, gedankenschnellen Blige,
Bortrab der Eichenspaltenden Donnerkeule,
Versengt mein graues Haupt! Kommt Wetterstrahlen
Und schlaget flach des Weltbaus dicke Ründung,
Zerkracht die Formen der Natur, verwüstet
Auf einmal jeden Keim, woraus der Mensch
Entspringt, der undankbare

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Dieselbe Stelle hat Herr Boß d. j. in der Vorrede dieser neuen Shakspeare: Ueberfeßung folgendermaßen aufgeführt:

Blast, Wind', und sprengt die Backen!

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Blast für to!!!.
Ihr jähen Sturzbach' und Orlane speit,
Bis rings ersäuft sind Thurm und Wetterhahn.
Schwefelblig, schnell, wie Gedank und That,
Dem, Eichen schmetternd, folgt der Donnerkeil,
Trift mein weiß Haupt! Uumåchtger Donner, voll
und schlage flach das dicke Rund der Welt!

Brich der Natur Werkstatt, tilg allen Keim
Zum undankbaren Mann.

Man sieht, daß Hr. Heinrich Voß im frühern Lear noch nach Schlegel'scher Manier übersehte, die er für Ideal hielt. Das rum die weiblichen kraftlosen Schlußfälle, in obiger Stelle sechs, darum die Weitläufigkeit, nach welcher er einen ganzen Vers mehr im Deutschen erhielt, als das Original. Diese frühere Weitläufigkeit bey Hrn. Heinr. Voß d. j, ist auch aus feiner in der Vorrede zum Othello geäußerten Ansicht zu erklás ren, die ihm, wenigstens in dieser Ausdehnung, Klopstock nicht zugegeben haben würde, daß die englische Sprache wegen ih: rer einsylbigen Worte (er hätte hinzusehen können, wegen des Weglaffens von Artikeln und Relativen) einer Kürze fås hig ist, vor welcher die deutsche Sprache verstummen müsse. Allerdings sind in dieser Hinsicht manche Stellen Shakspeare's unüberseßlich. Aber so sehr verftummen und sich schẳmen braucht doch unsere Sprache nicht, wenn wir sie mit Klopstock's lyrischem Auge betrachten, oder vielmehr sie kann vers stummen und doch reden. In der zweyten Uebersehungsprobe nach der Vorrede hat sich nun das alles geändert, und es liegt die Uebersehungsweise von Voß, dem Vater, zu Grunde, alles kraftvoll zusammengedrängt, für prosaischen Sinn vielleicht minder fließend, lauter zehnsylbige Jamben mit männlichen Aus: gången, und nicht mehr Verse als im Original. Die thougt, executing fires sind ausgedrückt, und anderes mehr treffender gegeben. Das blast für toll .. ist eine etwas zu kalte Res densart. Blast Euch toll, wäre noch lebendiger, wenn der Ueberseher nicht das reimende raset, blast (oder heult), als das treuere vorziehn will. So wenig wir ferner auch das Zers krachen in der ersten Uebersehung in Schuh nehmen wollen, so waren doch die Formen der Natur vorher weit ausdrucks voller, als die Metonymia, pro contento continens-Werts statt. Lear will die Formen der Natur at once mit den darin enthaltenen Stoffen zertrümmert wissen, und zwar die Keime zum Menschen, nicht zum Manne. Das leztere ist

undeutlich in der neuen Uebersetzung, die hierin der alten nachsteht. Denn Lear hat sich mehr über undankbare Töche ter, also über Menschen, nicht: Männer zu beklagen. Wir Deutschen können einmal Mann nicht wie Mensch brauz chen, ohne daß es Undeutlichkeiten, wenigstens wie hier etwas Schwankendes gåbe. (Vergl. Sommernachtstraum S. 155, wo Voß, der Vater, und Schlegel beyde in der Rede der Herz mia men mit Mann, es läßt sich schwer einsehn, weswes gen, übersehen... da es weit mehr Wirkung im Deutschen thut: Sey nie hinfort den Menschen beygezählt.) Aber warum dies alles? Hr. Heinr. Voß opfert in der neuen Ueber: setzung der Stelle aus Lear Deutlichkeit und Sinn, offenbar um des Metrums willen, etwas auf. Natur Werkstatt giebt gute Spondeen, Mann ist einsylbig, wie im Englischen u. s. w. Hier können wir durchaus der, sich auch in der neue? ren Odyssee, und Fliadenverdeutschung des Vaters Voß zuweilen ankündigenden, Marime nicht beypflichten, der metrischen Aehnlichkeit und Sylbenstellung oft die Aehnlichkeit und Treue des Gedanken zu opfern. Uebrigens hat auch die zweyte Stelle im Lear, die berühmte Beschreibung des Felsen bey Dos ver, in der neuen Gestalt, die ihr Hr. Heinr. Voß in der Vor: rede gegeben hat, durch die strengere Beobachtung des jambis schen Gesetzes viel Vorzüge vor der åltern. Sehr treu ist die Wortstellung des Originals

Lest my brain turn, and the deficient sight
Topple down headlong.

wiedergegeben folgendermaaßen:

Daß nicht mein Hirn dreh, und mein dunkler Blick
Abtaumele häuptlings.

Indessen schien das Alte von 1806

Damit nicht Schwindel und verdunkelter Blick
Kopfüber hinab mich reiße,

den Sinn kräftiger zu geben. Ueberhaupt also kann man es nicht genug wünschen, daß die Hrn. Voß, die Söhne, allerdings die väterliche Genauigkeit in Metrum und Wortstellung in alle die von ihnen bereits deutsch gelieferten Shakspeare'schen Werke übertragen mögen, ohne døch an der früher bey ihnen bemerkten leichtern Lesbarkeit zu viel zuzusehen, ohne gerade fich mit Verkürzung des Inhalts an diese metrische, grammatische Form zu ängstlich oder mit zu großer Vorliebe zu hängen. Vor allem würde es dabey gewiß gut seyn, wenn sie, nach dem Beyspiele ihres Vaters, die noch zu häufigen weiblichen Schlußfälle, welche in ihren frühern Verdeutschungen sich

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