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bung möglich, einestheils, weil Shakspeare selbst provinziale Ausdrücke häufig gebraucht, welche die Commentatoren dem übrigen England dollmetschen müssen, (auch weil er viel mit einzelnen englischen Mundarten spielt, wie z. B. in den lus ftigen Weibern, wo die Ueberseher im Deutschen leicht fade werden, wenn sie bey dem Radebrechen der Worte nicht et was deutsche Wirklichkeit zum Grunde legen) — anderntheils weil eben das niedersächsische Deutsch sich dem Englischen gar sehr nähert. Vor allen mag dergleichen in der Boß'ischen Bers deutschung des Shakspeare'schen Sturms, wo so viele ohnedieß allgemein minder bekannte Schiffs: und Secausdrücke vorkoms men, an seinem Plaß seyn, z. B. Geestland, Koje, Grundruhr, Tieden u. s. w. Denn die deutsche Schiffahrt ist ja in Nies dersachsen allein zu Hause. Bekanntlich ist auch das sogenannte Platt sehr reich an originalen, oft nicht unpoetischen Präz dicaten, womit sich Schimpfende bedienen können, und Herr Beß d. a. hat es daher ebenfalls hierin benußt, um Shaks speare's, auch in diesem Punkte, geniale Laune deutsch darzus stellen,... B.

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Das Buttende, wofür manchem freylich Knirps, (welches auch mit dem Kndterich eine komische Alliteration gabe) verz ständlicher wäre, ist in dem Sinne hier, wie ein Weib einen ste neckenden Kadetten Er Endeken von einem Militär schimpfte. Die Antiquität mit dem knot-grass, im Englischen freylich durch das. hind'ring verständlicher, bedarf und erhält hier eine Anmerkung. Bey Schlegel fehlt sie ganz. Statt dem etwas dunkeln und leicht doppelsinnig werdenden Bet knd pfchen hat Hr. Schlegel Paternosterkralle (statt Coralle). Indessen find einige Voß'ische Ausdrücke aus dem Plattdeutschen doch so beschaffen, daß sie bis jeht ohne Commentar vielen nicht nies dersächsischen Lesern ganz unverständlich sind, z. B. im Soms mernachtstraum auf der Prick nicht ein Spier, mazpumpeln u. f. w. Hier müssen wir Hrn. Voß, dem Sohn, es Dank wissen, daß er in den Noten zu der våterlichen Uebers sehung auf die Unwissenden Rücksicht nimmt, welches freylich bey Hrn. Schlegel's Uebersetzung nicht so oft nöthig ist. Les tere braucht dafür hier wenigstens die Ausdrücke auf ein Haar... Nicht ein Tittelchen. sich breit machen, welche allgemein verständlich sind und doch einige gemeine Lebens digkeit haben. Am wenigsten scheinen doch diese Provins jialismen anwendbar, wenn sie für den deutschen Leser übers

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haupt einen Doppelsinn enthalten. 3. B. in den Boß'ischen Bersen:

Mårt Männer ihr, nicht bloß Scheinmånner, o!
Ihr kränktet nicht ein feines Mädchen so!

ist das Wort fein in niedersächsischer Bedeutung ganz dem Gentle des Originals entsprechend, deutend auf guten Stand, Erziehung, Sitten und das comme il faut und allemal deut: licher, treuer verdeutschend, als wenn Hr. Schlegel hier sagt: So flößt ein armes Weib auch Mitleid ein!

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Allein in der deutschen Schriftsprache ist fein das, was der Engländer nice nennt, und mithin etwas ganz anderes, wenigstens etwas, was ein bescheidenes Mädchen, wie Helena, nicht von sich selbst sagen würde. Bey manchen dieser Voß'is schen Ausdrücke hat sich's aber der unkundige Leser selbst zuzus schreiben, wenn er sie nicht versteht, wo sie äußerst passend, und unserer alten Volkssprache angemessen sind. Z. B. Sominer nachtstraum. 2 A. Sc. 1. sagt Puck, (Freund Robert) der bey Hrn. Schlegel ebenfalls nicht uneben Droll heißt:

Ich bins, der gerne drollt,

Bin dir der lose Nachtmann Túckebold.

Dieses ist poetisch charakteristischer, und der merry wanderer of the night ist dem altdeutschen Aberglauben geinåßer ausges drückt, wie wenn Hr. Schlegel nur im Allgemeinen sagt: Du hasts gerathen.

Ich schwärme Nachts umher auf solche Thaten.

Eben so finden wir eine Menge altdeutsche von Hrn. Voß'ens tiefer Kunde wieder belebte und hervorgerufene Kernwörter, an denen gewöhnliche Leser vielleicht Anstoß nehmen werden, 1. B. das Luther'sche pampen (schlampampen), verbuzen, theidigen u. a. m., noch dazu von Voß dem Sohn in den Anmerkungen häufig durch altdeutsche Schriftsteller gerechts fertigt, ganz an ihrem Ort, wo sie nämlich leicht zu verstehn sind und höchstens nur ungewöhnlich klingen. Auch stellen sie Shakspeare's cignes englisches Alterthum treffend dar, und überz haupt, was sollen die Dichter sich aus Furcht, bey dem unkun digen Publikum anzustoßen, den reichen Schaß ihrer Sprache nehmen lassen? Der Leser von wahrem poetischen Gefühl merkt es sogleich, was gezierte Alterthümlichkeit, und was wahrhafte Wiederherstellung des alten Sprachreichthums ist, und wo lez: tere hingehört, oder nicht. Nur dürft' es der deutschen Sprache schwer werden, an einige, bereits in den Voß’ischen Ueberseßun: gen aus den Alten befindliche, Wendungen sich zu gewöhnen,

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die oft Zivendeutigkeiten geben. Hicher gehört der Art Im perativ, geflohn! gesprochen! gefolgt mir! (Sturm 6.29 Sommernachtstraum S. 134)

Himmel mir aus Hdll' erbaut!

der zwar in gemeiner Rede vorkommt, aber in höherer, poetischer oft dunkel oder minder passend erscheint. Wenn Antonio im Sturm spricht: .

Gehenkt den Gnarrer, gehenkt!

so ist es nicht anstößig. Hingegen, wenn im Sommernachts; traum Puck zu dem entzauberten Zettel sagt:

Bachst du, mit eignem Glozaug' umgeglost!

so wird das Verständniß schon schwerer erreicht, es sey hier nicht von einem Particip die Rede. Hieher gehört auch das doppelsinnige, wenigstens nicht gleich verständliche Particip in der Rede des Prospero im Sturm, S. 11:

Bald ausgeübt, nun, wie Gesuche man gewährt u. f. w. wo ausgeübt für exercitatus steht, und das überascht 6. 206 für unter Asche, wo man im Lesen überrascht versteht. Vielen wird auch der Gebrauch des Wortes Quer 6. 129 S. 154 Querer, adjectiv neu seyn. Zweydeutig wird bey Hrn. Voß auch zuweilen die optativische Form es geschehe, durch Hinweglassung des es. Wenn Rom co zu Julien sagt:

That Sünde die unwerthe Hand an dir,

Heilig bild, gern büß ich den Verdruß.
Schaamrothe Pilger stehn die Lippen hier.
Tilg' aus den rauhen Streif ein sanfter Kuß.

Das, was im Original so sanft hinfließt, so wohl verbunden ist,
Jf i profane with my unworthy hand

This holy shrine, the gentle fine is this...

My lips, two blushing pilgrims, ready stand

To smooth that rough touch with a tender kiss

wird durch die ganz neue Construction des vierten Verses in der Boß'ischen Verdeurschung gewaltsam getrennt; und nun kommt noch die Ungewißheit hinzu, daß man anfangs wegen des wegges laffenen es die Form tilg' für die gewöhnliche imperativische zu halten geneigt ist, welche an die zweyte Person gerichtet wird. Man meyne übrigens nicht, daß wir hier dafür bey Hrn. Schles gel goldene Berge finden! Zwar hat er fließender die bey: den lehten Verse verbunden. Aber dafür ist auch das so poe: tifche blushing, und unworthy weggelassen, und am Ende

in das Ganze eine dem Original fremde gezierte Süßlichkeit hineingebracht, die im Munde des Romeo zur Anmaßung wird. Man höre!

Entweihet meine Hand verwegen Dich,

Heilgenbild, so will ich's lieblich büßen. 3wen Pilger, neigen meine Lippen sich,

Den herben Druck im Kusse zu verfüßen.

Zuerst ist das: meine Hand entweiht dich, ein viel zu stars ter Ausdruck. Das Original redet nicht an und ist insofern weit feiner. Das verwegen ist schon in der Entweihung enthalten, und hat das bescheidene unwerth verdrängt, welches wir bey Hrn. Voß finden. Die Lippen, als Pilger, sind hier nicht schaamroth, wie im Original und bey Voß, und statt des tender kiss, sanften (eigentlich hier wohl zarten schüchternen zärtlichen) Kusses, der im Original den Reim macht, wird bey Hrn. Schlegel die Heilige mit galantem Marzipan bedient. Der Reim Kuß bey Hrn. Voß hat übrigens den Verdruß herbeys gezogen, über den wir ihm nicht den Krieg machen können, weil der Originaltert (fine, sin) etwas ungewiß ist. Die Form Heiligbild scheint ferner bey Hrn. Voß nicht so der deutschen Sprache angemessen, weil es auch getrennt verstanden werden kann, als das Heiligenbild bey Hrn. Schlegel. Bey Bers gleichung der beyden Uebersehungen in solchen nach der Originalform fast unüberseßlichen Stellen muß man Hrn. Voß und Hrn. Schlegel für zwey geschickte Schüßen halten, welche beyde der Eine rechts, der Andere lints neben das Schwarze treffen, welches ... das Original ist. Von Wort zu Wort heißts beym Shakspeare: Wenn ich entweihe mit unwerther Hand dies Heilgenbild, die schöne Buße ist das... Meine Lippen, zwey errdthende Pilgrime, stehen bez reit, zu glätten die rauhe Berührung mit einem schüchtern zarz ten Kusse. Hr. Voß und Hr. Schlegel wollen die gereimte Form des Originals darstellen, wiewohl auch hier der Erste treuer als der Andere. Da schen sie sich genöthigt, die Pilz ger unbequemer Weise vor, die Lippen nachzuseßen, der Eine bey den Lippen das Meine, bey den Pilgern, das Zwey, der Andre bey den Pilgrimen das Schaamrothe wegzulassen, der Eine Verdruß, der Andre ein Versüßen hineinzubringen. Auf diese Art find noch manche Uebersehungsversuche denkbar, wenn man etwas vom Originale aufopfern, oder irgend eine Hárte in Reim und Wendung sich gestatten will. 3. B.

Wenn ich entweihte mit unwerther Hand
Dies Heilgenbild, gern büß ich, wie ich muß.
Die Lippen glühn, zwey Pilger schaamentbrannt,
Zu glätten rauhen Druck mit zartem Kuß.

Aber wird hier nicht offenbar, um die Nebensache, die metrische und gereimte Form zu erhalten, immer etwas weit Wesentlicheres, eine Idee vom Originale aufgeopfert, und sind denn also die neueren Uebersehungsweisen immer so treu, als sie äußerlich scheis nen? Ist es etwa Zeichen der Zeit, daß man jeßt überall äußerer Form den Stoff opfert? Wenn man auf diese Art die neuen poctischgeformten Uebersehungen durchgeht, hat man nicht selten Gelegenheit, ... nach Eschenburg zu greifen, und wird, wenn man Gedankentreue der Treue in äußerer Ges stalt vorzicht zumal in Romeo und Julie, oft dabey recht wohl fahren, da hier Eschenburg Grazie des Ausdrucks und poetischen Schwung in freyer Prosa verbindet, und nicht wie sonst zuweilen, weil er in Prosa überseht, auch meynt, daß die poetische Metapher prosaisch aufgelöst werden müsse.

Wir sind, um von diesen Einzelheiten auf die Gedankens reihe im Ganzen zurückzukommen, Hrn. Heinrich Voß dem jungern bey seinen Betrachtungen des Shakspeare'schen Genius, in der Vorrede zur neuen Ueberseßung, Schritt für Schritt gefolgt, weil wir einestheils dabey schon überall Gelegenheit fanden, die etwas schwer aufzufindenden Vergleis chungspunkte der neuen und ältern Shakspeare Ubereschungen ans zudeuten, und das, was von Voß, dem Vater, insbesondre in Absicht auf poetische Treue in vielen Fällen wirklich außerors dentliches geleistet worden ist, gehdrig herauszuheben, . . . ans derntheils weil sich mittelbar aus den Ansichten, die der Vors redner von dem Originals Dichter aufstellt, die Marimen verrathen, welche die neuen Ueberscher befolgt haben und noch befolgen wollen. Daß sie es sich nicht leicht gemacht, auch so viel als möglich Shakspeare's Kunst in der einzelnen Wortfügung darzustellen zum Ziel ihrer Bestrebung erwählt has ben, erhellt schon aus allem Vorigen. Indessen hat man insofern keine pedantische Befolgung dieser Maxime zu befürchten, weil der Vorredner erklärt S. LVI., daß man häufig, sogar schon. um des Musikalischen willen, von der buchstäblichen Treue in der Uebersehung völlig abweichen müsse. Um so dfter hoffen wir, wird es auch um des Shakspeare'schen Geistes willen, nach des Vorredners Ansicht, geschehn müssen. Auch zeigt der Vorredner S. LIV. sehr richtig gegen einen Vers der Schils ler'schen Makbeth-Uebersehung, wie viel auf die metrische Stellung der Worte in Jamben ankomme, und wie richtig Shakspeare den Hauptgedanken dahin bringt, wo nach dem Acs cent des jambischen Verses er hingehört. Im Uebrigen schweigt der gegenwärtige Vorredner, Hr. Heinrich Voß, der schon in der Vorrede zu Othello, nach Wilhelm Meister's Maxime, sich

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