auch gekommen ist. Noch ein Beyspiel müssen wir hier anfüh ren, wo der aus Bequemlichkeit mit eingemischte weibliche Schlußfall in den Schlegel'schen Jamben die ganze mes trische Wirksamkeit verdirbt, während Hr. Voß d. d. ganz treu eben so dem englischen Original, wie seinem bessern metrischen Gefühl, gefolgt ist; und das ist Romeos und Juliens wahrs haft lyrischer Wechselgesang bey ihrer Trennung. Wer weiß, wie das Metrum die Empfindung ausdrückt, und wie die Bez wegung des Versganges das bewegte Herz begleitet, dem wird hier das zur Flucht Anmahnende, und das ängstliche Bleis benwollen, durch die Jamben ohne weiblichen Schlußfall, welcher dagegen eine Art Ruhe zeigen würde, am Besten ausgedrückt scheinen, und so verfährt auch Shaks speare in dem it is, it is, hie hence, be gone, away seis ner Julie, und durchaus in diesen herrlichen Versen. Daß Shakspeare in dieser Scene keinen gewöhnlichen Dialog, sondern ein Amoebaeum, einen lyrischen Wechselgesang beabsichtigte, beweisen hier die kurzen Säße, und sich aufeinans der beziehenden Gegensäße, wie wir sie in der Psalmenpoesie und in den idyllischen Wechselversen Virgil's, Theokrit's u. f. w. finden. Diese Scene eben so wohl als der erste Dialog auf der Maskerade zwischen den beyden Liebenden können daher als für sich bestehende Oden, für sich allein in jeder lyrischen Samms lung des größten Dichters glänzen. Herr Schlegel hat nun aber durch Einmischung von einem Dußend weiblicher, schwäs chender Ausgänge, und prosaischer Partikeln (ja, dort u. s. w.) und minder kräftige Darstellung der Gegenfäße diese ganze Scene großentheils in Dialog aufgelöst. Julia. Romeo. Julia. ,,Willst du schon gehn? Der Tag ist ja noch fern. Die Lerche wars, die Zagverkünderin, Der muntre Tag erklimmt die dunstgen Höhn. Trau mir! das Licht ist nicht des Tages Licht. Romeo. Laß fie mich greifen, ja laß sie mich tödten. Julia. Es tagt. Es tagt! Auf Eile fort von hier! und falsche Weisen, rauhen Miston gurgelt. Die Lerche, sagt man, wechselt mit der Krote Stets heller wirds wir müssen scheiden. Romeo. Hell? Dunkler stets und dunkler unsre Leiden. Man höre dagegen die dem Original in Metrum ganz treue und in Wortstellung größentheils treuere Voß'ische Ueberschung: 3. Willst du schon gehn? Noch dåmmert nicht der Tag. (it is not yet near day) Die Nachtigall und nicht die Lerche wars, . Die Lerche wars, der Früh' Heroldin, (herold) nicht Oftwårts verbråmt (lace) zerwallendes Gewölk (severing clouds). Die Nachtkerzlein verglühn. Der muntre Tag Klimmt auf den Beh'n (tiptoe) die Rebelberg' empor. Weggehn ist Leben mir, Verziehn ist Tod. 3. Das ist kein Tagslicht dort. Ich weiß es, Ich. (J know it, J). Es ist ein Luftschein, den die Sonne haucht, Daß er die Nacht dir Fackelträger sey, Dir leuchtend auf dem Weg nach Mantua. Drum weile noch nichts drångt dich wegzugehn. R. Laß sie mich fahn (ta'en) laß sie mich weihn dem ob! (put to death) Mir ist es recht, wenn da es haben willst. Zur Himmelswölbung hoch ob unsrem Haupt. (above our heads) Willkommen Lod mir, so wills Julia. Nun, laß uns kosen, Herz, nicht tagt es dort. 3. Es tagt, es tagt. Gil! eil hinweg! fort, fort! Die Lerch' ists, die so schrill singt außer Ton (out of tune) Man sagt, die Lerch' hebt kråuselnd süßen Lauf. Jest Arm aus Arm schreckt uns ihr Tireli Dich jagend mit dem Fagdaufruf der Früh. (hunts-up to the day) geh doch! heller hellt das Morgenroth! R. Es hellt? Nein dunkler dunkelt uns die Noth! Offenbar sind hier von Voß die Gegensäße des Wechsel gesangs sammt den kühnen Bildern metrisch und logisch mehr herausgehoben. Herr Schlegel seht einmal Nachtigall, das andre Mal (warum?) Philomele, wodurch die Beziehung von Rede und Gegenrede verwischt wird. Er redet von Eite, wo Shakspeare von Weggehn redet, worauf es hier allein ankommt. Er verwischt den Herold, das berühmte Bild von dem jungen auf den Zehen stehenden Tage, der über die Berge. herüberguckt, ihm vielleicht nicht anständig genug, die Verbrå mung zerflatternder Wolken gänzlich. Wo im Englischen die kräftigen Monosyllaba da y death den Vers endigen, da spricht Herr Schlegel, der Tag ist ja noch fern, ja laß sie mich tödten. Juliens J know it, J ist bey Schlegel ganz weggelassen. — Nur der neidsche (envicus) Streif ist bey Schlegel treuer, als Voß'ens böser. Das orientalis sche poetische Spiel mit mornings eye und Cynthias brow hätten beyde Uebersezer wohl deutlicher ausdrücken können. Denn brow als Augenbrau für die Mondsichel, über dem Morgenauge, macht sich besser, als Stirn. Uebrigens ist die lehe Rede Juliens bey Herrn Schlegel, wenn auch nicht so treu, doch mitunter geschmackvoller überseßt. Der Lauf und Irrlauf bey Voß ist sehr dunkel, und die Onomatopoia Tireli, die zwar durch den hunts-up etwas motivirt wird, erinnert zu sehr an die Zefianer und Pegnißschäfer, als daß fie die Originalstelle, die davon nichts weiß und Julien ihrer Stimmung gemäß einfacher reden läßt, wahrhaft verschönern sollte. Ueberhaupt kommt man in Versuchung, zumal in Ros meo und Julie, einer Dichtung, über welche so ganz die itas lienische, phantastische Luft eben so lau schmeichelnd, als bang athmend hinweht, aus der Voß’ifchen Ueberseßung man: che an sich unverwerfliche deutsche Derbheiten im Tone der tragischen Personen selbst hinwegzuwünschen, z. B. Rom. und Jul. S. 124 das beschnellt.... nach Schlegel berückt ... wohl nach dem beguild gebildet? ferner das beast, womit fich Julie schilt, gerade zu Bich überseßt. Dergleichen paßt für Mercutio, der darinn auch ganz gut mit Eschenburg und Voß sagen kann: Ich bin gepfeffert für diese Welt, wo Herr Schlegel minder treu von verfalznem Spaß spricht. Aber solcher Ton paßt doch nicht für Julien. Hier gibts Unzarthei: ten, die Herr Schlegel allerdings mit Geschmack vermieden hat, der in ein paar Stellen feinem Original selbst, bey manchem Gezierten, doch auch das Maß einer südlichen Grazie mittheilt. So findet sich noch bey Voß folgende Nede Juliens: Ich sprache schlecht von dem, der ist mein Mann? Kehrt albre Thrånen, kehrt zum Quell zurück u. f. w. In den Ausdrücken my husband und poor my-lord des Originals sicht man offenbar, daß die junge Neuvermählte, die in außerer Sicherheit ihr Glück nicht genießen darf, doch sich mit solchen Worten, welche die ruhige Ehefrau braucht, um ihren Mann zu bezeichnen, schmeichelt, sich in denselben innig wohlgefällt. Mann ist hier zu wenig gegen husband. Arm Mannchen! ist zwar zärtlicher, als Schlegel's: armer Gatte aber es ist mehr im Tone ciner deutschen Frau des Mittelstandes und drückt das poor my lord, den Herrn, auf den hier Gewicht gelegt wird, gar nicht aus. Das villain im Original mag churke, etwas milder Bdsewicht bedeus Aber das deutsche ten, und mehr als Schlegel's Arger. Bub' ist doch zu contrastirend, zu massiv, zu sehr im Rits terton des Mittelalters, zumal in der unleidlichen Wortzusams mensehung Vetterbub, von welcher Art Wortgebäuden, gleichs sam über einander gefeßten Wort: Etagen, man bey Hrn. Vos hier überall zu viele findet. Auch gibt wenigstens hier der sonst wohl auch kühne Wortzusammenscher Shakspeare keine Ges legenheit dazu. Denn es steht da villain cousin schlecht weg. 3u solchem hier bey Voß zuweilen minder passend angenomme: nen altdeutschen Rittertone gehören auch z. B. Sipp, Treus mund, true knight (das aber doch wegen des knight sich rechtfertigen kann) Strauß wenn die Amine sagt: - Der Tag bricht an: Seyd klug! sonst gibt es Strauß! Julia Dann, Fenster, laß Tag ein und Leben aus! Dieser ganze Strauß ist ohne Veranlassung des Originals um des unvermeidlichen Hauptreimes Willen hereingekommen, eben so wie das Schlegel'sche Haus. Im übrigen aber ist der zweyte Vers wiederum mit der Anrede an das Fenster ganz treu dem Originale nachgebildet, und gewiß besser, als der Schlegel’sche Tag schein herein, und Leben flich hinaus!" Zwar hat letterer Vers eine Art Grazie, die für den ersten Eindruck besticht, aber er ist weit dunkler, weil alsdann die Bühnenweisung zu Julia's Nahmen eigenmächtig hinzukommen muß das Fenster öffnend) und die Anrede an das Fenster, das Tag und Leben ein und aus läßt, ist doch poetischer, als die zwey Anreden in Schlegel. Weit besser übrigens als jene Einmischung des altdeutschen Tones, der immer wider das Costume seyn möchte, wenn er nicht oft die Empfindung der Grazie in einer italienischen Schilderung störte, scheint Hrn. Boß die Bereicherung des Deutschen geglückt, durch genaue Nachbildung solcher englischen Wörter, welche wir im Deuts schen auch haben und haben können, wenn sie gleich mit unter weniger bekannt seyn mögen, wie z. B. in dem obigen Wech: felgesange der Liebenden das Harsch, im Sommernachtstraume: Wechseling, Changeling u. a. m. wenigstens in der ihnen gegebenen Verbindung. Auch sind wir, beyläufig gesagt, weil wir einmal auf dem Punkt neuer Ausdrücke zur Sprachs bereicherung gerathen sind, Herrn Voß, dem Vater, vielen Dank schuldig wegen der in dieser Ueberschung Shakspeare'scher Stücke eröffneten, und ihm bekanntlich vorzugsweise zugänglichen Quelle des niedersächsischen, plattdeutschen Dialekts für die klassische Büchersprache. Dieser Dialekt ist so reichhaltig an mannichfas chen Ausdrücken, die dem übrigen Deutschland abgehn, hat zus weilen so etwas mahlerisches, kräftiges, treuherziges, daß von feinen Kennern oft gewünscht worden, er möchte durch die klassische Literatur in geistlichem und weltlichem Gebiet mehr, als geschehen ist, ausgebildet und angewendet worden feyn. Wenn in Griechenland das vom Attischen verschiedene Dorische für Jdylle und Ode war in musikalischer Hinsicht, so ist, wie schon Voß'ens plattdeutsche Idyllen erweisen, das Platt? deutsche, als breite Weichheit, dem scharfen Ton entgegengeseßt. und außerdem ist in diesem Dialekte ein Reichthum naiver Ideenbezeichnung für mehr als das gemeine Leben, welcher Bes rücksichtigung verdient. Eine freylich behutsame allmählige Einz führung solcher Provinzialausdrücke und zwar, wie Herr Voß auch gethan hat, dem Dialekte der Büchersprache mehr ange: paßt, ist nun vorzugsweise in einer Shakspeare'schen Ueberfes |