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Dafür weiß aber auch der gewöhnliche Leser freylich bey Hrn. Schlegel mehr, was Romeo in der Hauptsache sagen will, wäh rend er das, Herrn Schlegel sauer gewordne, Wortspiel übrigens kaum bemerken wird.

Die Antithese mit dem Wortspiele (light):

being but heavy, i will bear the light.

ist bey Hrn. Schlegel an sich nicht unglücklich in eine andere Antithese, aber mit Verluste des Wortspiels verwandelt worden und so, daß die ganze folgende Gedankenreihe des Dichters uns terbrochen wird:

Da ich so finster bin, so will ich leuchten.

Herr Voß d. d. seht hier, wiederum treuer:

Mich, dem so schwer ist, laßt Lichtträger seyn.

Hat der Ueberseker hier das Wortspiel behalten wollen, so hat er vermuthlich an das lichten, erleichtern bey Schiffen ge: dacht. Für die Deutschen überhaupt, wär' es aber wohl deutlicher gewesen, Leucht: Tråger zu sagen, ein Laut, der Herrn Voß nicht ungeläufig seyn kann, weil er oft Leuchtung für Blik sagt. Freylich ist alsdann nur eine Assonanz. Leicht ist nicht leucht. Aber dann konnte man einwenden, so dürfte Herr Voß, wie weiter unten geschehn, im Deutschen auch nicht mit lugt und liegt spielen. Nimmt man es hier nicht so genau, warum dort? Das Wortspiel mit soles und soul hat weder Herr Schlegel noch Herr Voß ausgedrückt oder nachgeahmt. Aber wenn Eins ausgedrückt, auch nur Eis nem nachgeahmt, substituirt wird, warum nicht Allem? Und ist man hier mit der Uebersehungsmarime im Reinen? Hier hätte fich zum Beyspiel, wenn man so wörtlich allen Shakspeare'schen Geist auffangen will, sagen lassen: Ihr habet leichte Sihlchen an Euren Tanzschuhen, aber ach, mein armes Seelchen ist von Bley. Nicht als wenn wir dieses Spiel im diminutivo als geschmackvoll empfdhlen, wiewohl Herr Voß oft sehr auffal: lende diminutiva in seiner Uebersetzung braucht, z. B. Kriegsz trautelchen, Etelnámlein, Aeugelein u. s. w., von denen das Original nichts weiß. Aber consequent würde das doch seyn, wenn sich die Ueberseßer einmal vornehmen, durch Berücksichtigung der ewigen Wortspiele, gleich dem Originale geschmacklos zu werden.

Von dem Wortspiele soar, sore, das nun folgt, mag we: der Herr Schlegel, noch Herr Voß etwas wissen. Sie helfen sich mit Antithefen von tief und hoch, um doch in Etwas zu spielen. Gleichwohl hätte sich vielleicht wörtlich sagen lassen: Borgt Euch Cupido's Flügel, schwirrt (soar) damit...hoch

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über die gemeinen Gränzen. „Ach das Geschwür (sore) der Wunde seines Pfcits läßt mir nicht zu, mit seinen leichten Fe: dern aufzuschwirren." Von dem hierauf folgenden Spiel mit dem dreymaligen bound weiß wiederum Herr Schle: gel durchaus nichts. Herr Voß hält wenigstens hier den Ver gleich mit Shakspeare zweymal aus, indem er mit redlicher Treue überscht

Ich bin...so in Haft, (bound)

Daß ich fest haft, an meinem dumpfen Weh!

Und nun vollends das done und dun, und die von beyden Ue: berseķern weggelassené Constabler: Parole im Original, welche als eine Anspielung auf lokale Alterthümlichkeiten, wie weiter unten die curfeu Glocke und unzählige Dinge der Art mehr, die Idee einer nur halben Wegs treuen Uebersehung des Shakspeare zu den utopischen Träumen verweisen! Andeuten hätte sich hier noch viel mehr lassen! Herr Schlegel überz seht:

R. Nie war das Spiel so schön — doch ich bin matt! (i am done) M. Ja wohl zu matt, dich aus dem Schlamme nein der Liebe wollt' ich sagen dich zu ziehn.

Herr Voß:

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R. Das Spiel ist schön für andre ich bin zu plump.
M. Ein sankst du plump! Zich, Schimmel, aus dem Koth
Der (mit Erlaubniß) Liebe. ...

Diese beyden deutschen Nachbildungen verhalten sich in Etwas, wie die beyden Hauptwörter, mit denen sie spielen, wiewohl nicht zu läugnen ist, daß Herr Voß dem Original treuer, hier zugleich mit viel Lebendigkeit an ein Lied trinkender junger Leute erinnert, an das ein Mercutio in Deutschland wohl gedacht ha: ben könnte. Wiederum ist Herr Schlegel darin etwas treuer, daß er den Spielerausdruck i am done, wenigstens durch eine Anspielung auf schach matt andeutet. Im übrigen aber hat sich Herr Schlegel, wie überhaupt in dem ganzen Trauerspiel Romeo der Fall ist, befleißigt, den Shakspeare'schen Aus: druck mehr in Anstand_zu kleiden. Dafür läßt er auch gleich eine Zeile weiter das Wortspiel mit den five wits ganz im Dunkel, welches Herr Voß zwar treu wiedergibt, aber in Halbs dunkel:

,,Fünfmal, eh Einmal im fünffachen Sinn“

statt in fünf Sinnen. Muß aber nicht uns bey solchen, dennoch fruchtlosen Versuchen, fremde Geschmacklosigkeit oder eine Laune nachzubilden, die mit ihrer genialen Fülle nur für ihr Zeitalter war, die kostbare Zeit braver Männer dauern? Und was in Absicht

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auf die Shakspeare'schen Zweydeutigkeiten, in wiefern fie unartig werden, die Hauptsache ist, wird es nicht beinah zur Sünde, unfre deutsche Sprache, von der man immer rühmt, fie sey, dem Hummel sey Dank, noch nicht so zweydeutig, als die französische, bis zur Uebertreibung ein solches Wizzeln mit Wortklängen zu lehren und auf Nebenbedcutungen immer hinzuweisen, die nur der unedle falsche Geschmack sucht, auf die der reinere kaum einmal merkt, und die alsdann den bef: fern Schriftsteller in seinen Ausdrücken beschränken? Ist es doch, als wenn die deutsche Literatur verdammt sey, von einem Extreme auf das andre zu schwanken in Allem. Der damals rigoristische Wieland meisterte Shakspeare noch wegen jedes ke: cken, genialen, oft schuldlosen Scherzes, und seit durch die neue Schule ungezügelte Freyheit das Feldgeschrey geworden ist, kann man den Shakspeare in seinen Uebertreibungen nicht genau genug ausdrücken. Herr Heinrich Voß redet in seiner Vorrede von kleinlichen Splitterrichtern, welche die Shakspeare'schen Un a nständigkeiten im Ausdruck auswitterten. Indeffen lie: gen sie oft doch so sehr am Tage, daß man eben nicht lange darnach zu wittern braucht, und daß man hier leicht zu einem Balkenrichter wird, ohne es zu wollen. Vorzüglich hat doch das weibliche Geschlecht in manchen Shakspeare'schen Darstels lungen und Gesprächen ein wenig über die Gebühr gelitten, dessen schöne Zierde immer eine gewisse Schüchternheit und Zurückges zogenheit vor den lauten Späßen und Zudringlichkeiten des månns lichen ist, wenn dieses auch nicht in Ziererey ausarten darf, wie Romeo's Julie richtig fühlt. Sonderbarfist es, daß in uns serer guten deutschen Sprache nun jeder schon an sich etwas handfeste Shakspeare'sche Spaß noch weit auffallender klingt, je treuer er überfeßt wird, und ist das nicht ein Beweis von dr ursprünglichen größern Keuschheit der Tochter Thuiskon's? Der nårrische Mercutio, der, um dem platonischen Liebesgott seine Schwingen zu beschneiden, sehr schicklich auf das Sinnliche der Geschlechterneigung aufmerksam macht, beschwört den phantastiz schen Romeo bey Rosalteens Schönheit

by her fine foot, straight leg, and quivering thigh

And the demesnes, that there adjacend lie.

Nach Hrn. Voß dem älteren:

dem drallen Fuß, Streckbein und Quabbelschooß
und den romantischen Umgebungen.

Dieses Gemälde ist nun freylich mehr aus der niederländis schen, flammländischen Schule, wie aus der italienis schen, und klingt namentlich im Deutschen sehr auffallend. Gleichwohl ist nicht zu läugnen, daß Herr Boß sich treu ans

Original gehalten hat. Wir nehmen den drallen Fuß aus, welcher provinzielle Ausdruck zwar gut mahlen, das Nette, Glatte richtig Gemessene ebenfalls ausdrücken mag, aber doch, wir wiss sen nicht, warum den feinen Fuß, wörtlich und deutlich nach dem Original, verdrängt hat. Herr Schlegel hat einen farten Fuß daraus gemacht, welches hier ebenfalls nicht paßt, weil dieses im Deutschen zu poetisch zärtlich klingt. Mercutio spricht aber hier offenbar nicht, den zärtlichen Liebhaber parodirend, der fich nicht in so materielle Beschreibungen einlassen würde, sondern in eigenem Tone, als gründlicher Kenner und Kriti kus aller zwey und mehreren dreyßig Stücke weiblicher Schönheit. In diesem Sinne ist der feine Fuß hier das beste Epithes ton. Der Schooß, bey Voß, ist an sich noch verschämter, als das Original aber doch wie klingt die, an sich dem quivering entsprechende Zusammenseßung im Deutschen! Man meyne übrigens ja nicht, daß wir hier durch Hrn. Schlegel's Verfeinerung der Sache an Züchtigkeit gewonnen haben, wenn er Jeht:

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bey ihrem zarten Fuß, dem schlanken Bein,
Den uppgen Hüften und der Region,

Die ihnen nahe liegt.

Gerade weil Herr Schlegel hier zart und zierlich werden will, welches der satyrische Moralist Mercutio keineswegs wollte, wird er schlüpfrig. In diesem Sinne ist das charakteristis sche Streckbein dem minder treuen schlanken Bein vorzuziehn. Die üppigen Hüften, die wiederum ästhetisch umschreiben wollen, was Mercutio naturhistorisch bemerkt, klingen, wie Worte aus einem åsthetischwollüftigen Stoman, im Tone der Lus cinde, und das demesnes im Englischen mag auch noch Nes benbedeutung haben, die in der Region nicht ausgedrückt ist, wie wohl das satyrische, mit dem vorhergehenden contrastirende Epitheton romantisch, im Voß, dem Gefühle auch nicht ganz jusagt.

Ueberhaupt ist es, wenn man auf diesem tizzlichen Punkte die beyden Ueberseher von Romeo und Julie mit einander vergleicht, als wenn Herr Schlegel zu viel, und Herr Voß zu wenig dabey an das Ohr delicater Damen gedacht hätte, wodurch Herr Voß seinem Originale freylich treuer bleibt, wäh rend Herrn Schlegel's Rede keineswegs züchtiger, nur äußerlich zarter, dem Originale den ihm durchaus nicht zukommenden Chas rakter der Schlüpfrigkeit_mittheilt. So wird allerdings im eleganten Lesezirkel Herr Schlegel allerdings den Preis das von tragen, wenn er Julien sagen läßt;

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Spring' in die Arm' hier heimlich ungesehn.

doch dem leap des Originals näher kommen mag, da Julie feu rig, kindlich, aber noch nicht verbuhlt genug ist, an.......Schlupfi wespen zu denken. Eben so schlüpfriger Styl verräth sich bey Hrn. Schlegel, wenn er den alten Capulet sagen läßt zu Paris:

o Sohn, die Nacht vor deiner Hochzeit buhlte
der Tod mit deiner Braut!

Wie widerlich Tod und Wollust gemischt! Nach Shakspeare und Voß hat blos der Tod bey der Braut gelegen. Dies ges rade zu sagt weit weniger. Shakspeare dichtete zu einer Zeit, wo man, wie auch in Luther's Tagen, noch mehr geradezu sprach, wo man noch, mit Boileau zu reden, eine Kahe eine Kahe nannte. Diesem Charakter (und das können wir bey einem Ueber: feher, insofern er nicht Bearbeiter werden soll, im Ganzen nicht tadeln) bleibt auch Herr Voß treuer, als Herr Schlegel. Herr Schlegel findet es sogar zu hart, im Sturm z. B., daß das fortgerissene Kind Miranda schreye, ungeachtet der überall seiner Zeit nach derb redende Shakspeare crying sagt, und so auch Voß treulich überseßt (S. 13.).

Miranda darf bey Herrn Schlegel, als Kind selbst, nur ans ständig weinen. Selbst die Moral ist Herrn Schlegel, aus Furcht vor den ästhetischen Ohren seiner Leserinnen, zu hart, ganz dem Geist unserer Zeiten gemäß, die nur süß gekizzelt sein wollen. In Romeo und Julie sieht Lorenzo Julien kommen, mit leichtem Fuß und sagt: so light is vanity! (So leicht ist Eitelkeit! Voß). Herr Schlegel läßt dagegen das poetische Bild vom fliegenden Weibersommer (gossamours) weg und der chrwürdige Pater muß eine Fadheit sagen:

Sich, wie die Macht der Lieb und Wonne siegt.

aber ja nicht auf die Eitelkeit hindeuten! Herrn Voß'ens Mercutio sagt:

Ja dies hartherzige bleiche Mensch, die Rosaline,

ganz dem Originale treu, und insofern hier charakteristisch, weil er sich gerade gegen lispelnde, gezierte Fantasten und falschdes licate Ausländerei erklärt. So darf Hrn. Schlegel's Mercutio aber nicht reden.

Ja dieß hartherzige Frauenbild, die Rosaline

heißt es da. Dieß Frauenbild ist offenbar halbe Maßre:

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