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Vernunftleben hat der Mensch Theil, aber nicht als Mensch, sondern weil ihm etwas Göttliches einwohnt, und dies Göttliche ist eben die selbstthätige Vernunft, welche sich selbst denkt, insofern sie das Beste ist; sie ist das Wesen und der höchste Zweck für den Menschen. Hat er diese errungen, dann bedarf es der Wiedererinnerung nicht, denn die ihrer selbstbewusste Vernunft ist leidlos, und in ihrem Anundfürsichsein das, was sie ist; sie allein ist unsterblich und ewig *). Diese göttliche Energie der Vernunft ist überhaupt nicht der Zeit nach. Nur in dem Einzelnen ist die Vernunft der Anlage nach früher, insofern sich in dem Einzelnen erst der passive νους entwickelt, auf welchen der νοῦς ποιητικός in einer wesentlichen Beziehung steht, der die Entwickelung des geistigen Lebens vollendet. Der active vous hat seine Thätigkeit in ihm selber; denn die Vernunft ist nicht bloss, wie in der natürlichen Welt, das Ansich, sondern sie kommt im Geiste zum Bewusstsein, zur eigenen Thätigkeit; denn würde sie bloss als das Ansich und als Anlage gefasst, dann würde das fortgesetzte Denken mühsam und das Objective der gegenständlichen Welt ehrwürdiger sein, als die Vernunft, und Denken und Gedanke käme auch demjenigen zu, der das Schlechteste denkt, weil das Vermögen auf das Entgegengesetzte gerichtet sein kann, und das Denken wäre deshalb nicht zu erstreben und könnte nicht das Beste sein. Sich selbst aber denkt die Vernunft, weil sie das Beste ist, und der Gedanke ist Denken des Gedankens. Das Ziel des activen vous ist daher die theoretische Vernunft, der sich selbst denkende Gedanke, in diesem ist ewiges Leben, ist Seeligkeit. Es ist demnach der active νοῦς die Vollendung (ἐντελέχεια) des passiven und dieser verhält sich zu jenem, wie die durch sich selbst nichts seiende Materie zu der wirksam schaffenden Formbestimmung, und

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*) Die in den Sonetten sich immer wiederholende Versicherung der Unsterblichkeit und des Ewigseins des von dem Dichter Besungenen >that pour'st into my verse thine own sweet argument« (Sonett 38) durch dessen Dichtung namentlich das Drama Hamlet findet durch vorstehende Ausführung des Aristoteles ihre Erklärung, wobei zu berücksichtigen, dass das besungene Wesen, die an und für sich gedachte Vernunft, der bessere Theil des eigenen Ichs des Sonettisten ist (cfr. Sonett 39). Würde man ein menschliches Wesen als besungen voraussetzen, so läge schon in dem Versprechen der Verewigung und doch Verschweigung des Namens eine gewisse Ungereimtheit, da eine solche Verewigung der Schönheit und Wahrheit (Sonett 14) des Betreffenden, nach den gewöhnlichen Annahmen, nur dann einen Sinn und für den Besungenen einen Werth haben kann, wenn der Name der Nachwelt erhalten bleibt, und auf diese gebracht wird. Anders verhält es sich mit dem besungenen ideellen Wesen, dessen ausdrückliche Bezeichnung selbstverständlich unzulässig war, über dessen Beschaffenheit der Dichter sich aber in manchen Sonetten deutlich genug geäussert hat. Cfr. Sonette 39, 62, 105, vgl. 38, 76, 78, 100 und 101.

obgleich er in der Geistesentwickelung des Einzelnen der selbstthätigen Vernunft zur Voraussetzung dient, so wird er durch diese erst das, wozu der vous seinem Wesen nach bestimmt ist, theoretische Vernunft, die in ihrer Identität mit der objectiven Vernunft das gegensatzlose Princip ist von Allem, durch welche die Dinge in ihrer ideellen Wahrheit erkannt werden und auf welcher die objective Wissenschaft, die den Dingen gleich ist, beruht. Diese theoretische Vernunft ist ewiges Sein und ewige Thätigkeit; sie geht über die natürliche und individuelle Seele hinaus, und gelangt zu der göttlichen Unabhängigkeit von der Menschlichkeit des passiven vous. So sehr Aristoteles die Vernunftthätigkeit des Geistes in ihrem innern Zusammenhange mit dem niedern Seelenleben auffasst, ebenso sehr trennt er dieselbe, wenn sie zur höchsten selbstbewussten Thätigkeit gelangt ist, von dem individuellen Seelenleben; dieses ist vergänglich, und jene nur ewig und unvergänglich. Die Vernunft ist ihrem Begriff nach auch unentstanden und als Gegenstand des göttlichen Gedankens ewig wirksam; nur dann erst, wenn sie bildend und gestaltend eintritt in das Materielle, ist sie der Entstehung und der Entwicklung nach das Spätere, wobei man zu unterscheiden hat das, was dem Vermögen nach ist, von dem Sein der wirksamen Thätigkeit nach. Hier tritt Bewegung und Veränderung ein; die Bewegung dient zur Vermittelung; sie ist die Thätigkeit des Unvollendeten, die Thätigkeit aber schlechthin ist eine andere, die des Vollendeten. Gedanke ist nun Thätigkeit schlechthin und mächtiger als die Seele und sie beherrschend kann Nichts sein, noch weniger aber irgend etwas, als die Vernunft, und mit Recht hat man gesagt, dass sie unter allen Dingen zuerst geschaffen sei. Da nun die Vernunft in ihrem Anundfürsichsein keine Gemeinschaft mit der Thätigkeit des Körpers hat, so bleibt nur übrig, dass sie allein von aussen in den Menschen eingeht und nur sie göttlichen Ursprungs ist. Daher ist der Mensch der Zweck und Mittelpunkt der gesammten Schöpfung, denn in ihm kommt der Gedanke des. göttlichen Denkens, welches der absolute Endzweck ist, zum Bewusstsein; er allein nimmt Theil an dem Denken der göttlichen Vernunft, und da diese sowohl in der natürlichen als auch in der geistigen Welt das Substanzielle ist und in dem Besonderen sich als das Wahre, Gute und Schöne offenbart, so kann der menschliche Geist nur durch Gott und in Gott schauend die Wissenschaft des Wahren, Guten und Schönen gewinnen."

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In Uebereinstimmung hiermit sagt Shakespeare über seine Liebe, welche er mit seiner Argumentation, dem Inhalte seiner Dichtung, identificirt, die die Selbstliebe ist und sich auf sein unabhängig gedachtes geistiges Vermögen, auf die Vernunft in ihrem Anundfürsichsein (die,,godlike reason" — Hamlet IV. 4 den Geist aus Gottes Geist *)) bezieht:

Sonett 105. Nennt meine Lieb' nicht Götzendienst, vergleicht
Nicht den Geliebten einem Prunkidole,

Weil all mein Preis und Sang zu ihm sich neigt,

Ich stets das Lob des Einzigen wiederhole.

Gut ist er heut und morgen wieder gut,
Ein Wunder von unwaudelbarer Treue,
Drum hochbeseligt sing' ich hochgemuth.
Beständig den Beständigen auf's Neue.
Schön, gut und wahr, ist meine einz'ge Weise.
Schön, gut und wahr, in lieblicher Verbindung,
In dieses Dreiklangs einigem Zauberkreise
Erschöpft sich alle Weisheit und Erfindung.

--

Schön, gut und wahr, man sieht's wohl oft allein
In Dir zuerst gewahrt man's im Verein. **)

*) Der endliche subjective Geist vollendet sich von seinem individuellen Sein aus durch das Bewusstsein zum Selbstbewusstsein. Gott ist das absolute Selbstbewusstsein und sein Sichwissen ist sein Selbstbewusstsein im Menschen: Gott ist dem menschlichen Geiste immanent, wodurch der Mensch sich weiss in Gott; der menschliche Geist ist Geist aus Gottes Geist. Cfr. Hegels Encyclopädie § 564- 3 Afl. Biese, Phil. des Arist I. XXVII.

**) Der vorstehende Wortlaut des Sonetts 105 ist der der Bodenstedtschen Nachbildung, welche Nachbildung von »William Shakespeare's Sonette (Berlin. 2. Aufl. 1866.) wir bei dieser Gelegenheit empfehlen. Indessen sprechen wir den Wunsch aus, dass der geehrte Verfasser die ursprüngliche Reihenfolge der Sonette wieder herstellen möge. Eine nochmalige Revision der Nachbildung und der Uebersetzungen Anderer dürfte sich, nach erlangter Erkenntniss des Wesens der Shakespeareschen Liebe und der Ursache der Klagen in den Sonetten, vielleicht als nothwendig herausstellen.

Die Sonette Shakespeare's.

Your praise is come too swiftly home before you.
Know you not, master, to some kind of men

Their graces serve them but as enemies?

No more do yours: your virtues, gentle master,

Are sanctified and holy traitors to you.

O, what a world is this, when what is comely
Envenoms him that bears it!

As you like it. Act II. S. 3. *)

*) Eu'r Ruhm kam allzuschnell vor euch nach Haus.
Wisst ihr nicht, Junker, dass gewissen Leuten
All' ihre Gaben nur als Feinde dienen?

So, bester Herr, sind eure Tugenden

An euch geweihte heilige Verräther.

O welche Welt ist dies, wenn das, was herrlich,
Den, der es hat, vergiftet!

Wie es euch gefällt. Act II. S. 3.

Die Selbstliebe.

(Moment des Schönen.)

Sonett 62. Sin of self-love possesseth all mine eye,
And all my soul, and all my every part;
And for this sin there is no remedy,

It is so grounded inward in my heart.
Methinks no face so gracious in as mine,
No shape so true, no truth of such account;
And for myself mine own worth do define,
As I all other in all worths surmount.
But when my glass shows me myself indeed,
Beated and chopp'd with tann'd antiquity,
Mine own self-love quite contrary I read;
Self so self-loving were iniquity.

"T is thee (myself) that for myself I praise,
Painting my age with beauty of thy days. *)

Wir bezeichnen die Selbstliebe insofern als Moment des Schönen, als dieselbe sich, wie dies auch durch die Schlussstrophe des vorstehenden Sonetts angedeutet werden soll auf den bessern Theil des eigenen Ichs, den an und für sich gedachten denkenden Geist bezieht, in dem das Allgemeine und die Formbestimmung ist, welche sich zu der Negation verhält wie das Schöne zum Hässlichen, das Vollendete zum Unvollendeten.

Den Begriff der Selbstliebe entwickelt Aristoteles in dem 9. Buch der Nic. Ethik indem er im 8. Capitel desselben die Frage zu beantworten sucht, ob man sich selbst am meisten lieben müsse oder einen Andern. Nach Anführung der entgegengesetzten Ansichten der Menschen in dieser Beziehung, sagt derselbe:

*) In dem vorstehenden Sonett wird die Definition des eigenen Selbst betont. Das hiermit in Verbindung gesetzte »beated and chopp'd with tann'd antiquity« müssen wir ebenso wie früher die Strophen in dem Sonett 108, wo über die Liebe gesagt wird:

»Nor gives to necessary wrinkles place
But makes antiquity for aye his page<

auf den Effect der negativen Thätigkeit, wie diese Thätigkeit in dem dem

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