Oldalképek
PDF
ePub

Das Drama Hamlet.

Es giebt Bewegung und Veränderung, Entstehen und Vergehen, ein lebendiges Wirken der Gegensätze stellt sich dar in dem ewig fliessenden Werden; es giebt aber auch ein ewig ruhendes Sein, eine Dauer im Wechsel, eine Idee, die nicht ausgeschieden ist von dem bewegten Sein, sondern die als Entelechie ihre immanente Wirksamkeit in den sich gleichbleibenden Formbestimmungen offenbart und das Materielle von innen heraus zu dem in sich bestimmten Einzelwesen gestaltet, und somit den steten Wechsel der in sich entgegengesetzten Materie beherrscht und das gesammte Dasein zu einem wesenhaften, vernünftig in sich gegliederten Dasein erschafft. Im Geiste stellt sich diese Idee dar als der schöpferische Begriff, den das Denken zu seinem Ziele hat und durch welchen der Gedanke zur Vollendung und in seinem Forschen zur Ruhe gelangt.

Biese. Phil. des Aristoteles I. II. 3.

[ocr errors]

Die Mythen.

Die von dem Dichter dem Drama Hamlet zum Grunde gelegten Mythen, nehmen wir nach ihrer Beziehung zu den beiden unterschiedenen, in Hamlet und Laertes personificirten Thätigkeiten, der erkennenden und handelnden, theoretischen und practischen, intensiven und extensiven (Vernunft und Triebkraft), des Dichters, auf.

In Hinsicht auf Hamlet.

Erster Mythos, der sich auf das göttliche Denken, welches das Eins, die erste Wesenheit, begründet, beziehen dürfte.*) Aus der Verbindung des Gottes Odin mit der Riesin Jórdh, des Geistes mit der Materie, entstand Thor.

Thor trägt Orvandill in einem Korbe auf seinem Rücken, die Fluten durchwatend, durch die winterlichen Eisströme, die Eli

--

->heaven <<

* In der Allusion des Bernardo im Drama Hamlet (Act I, S. 1) auf den Stern im Westen, den er in Verbindung setzt mit der Erscheinung des Geistes, wie die Glocke »Eins<< schlägt, und von dem er sagt, dass derselbe seinen »course« mache, um den Theil des Himmels nicht sky zu erhellen, wo er jetzt strahle, liegt ein sehr bedeutsames Bild, welches auf den ersten Mythos von dem Stern Orvandill (des mythischen Hamlets Vater) zurückzubeziehen ist. Bei den Worten des Bernardo >>the bell then beating one« tritt der freie Geist zuerst vor unsern Augen auf. Dieser ist das Eins den die Glocke verkündet hat, er ist der Stern im Westen, die erste Wesenheit, die ihren Cursus (ý vynynμávy μádodos) machen will, um die Wissenschaft des schöpferischen Seins durch das Drama Hamlet zu begründen. Dass das Einsschlagen der Glocke bei der ersten Wahrnehmung des freien Geistes etwas Besonderes besagen soll ist klar, denn sonst würde der Dichter das Auftreten des Geistes Abende vorher und die Observation des Bernardo wohl in die eigentliche s. g. Geisterstunde, die Mitternachtsstunde verlegt haben und nicht gerade nach Ablauf derselben erfolgen lassen.

am

Ueber die Gestirne als das Göttlichere unter dem Erscheinenden und als Bild der Göttlichkeit in der Sinnlichkeit, nach Auffassung des Aristoteles, vgl. Biese I. 555 sq. II. 73 sq.

Die Geistesthätigkeit dichterisch im Bilde des Sterns aufzufassen, ist im Shakespeare'schen Zeitalter eine nicht ungewöhnliche, so sagt z. B. Ben Jonson in jenen schon erwähnten Gedenkversen gerade über Shakespeare, von dem wir behaupten, dass er seine ewige Geistesthätigkeit so wie er dieselbe durch das Drama Hamlet zu entwickeln und darzulegen gedachte, im Bilde des Sterns im Westen auffasse: (welche Auffassung möglicherweise dem Freunde bekannt gewesen ist und woran er gedacht haben mag als er schrieb:)

»>ich sehe dich als ein Sternbild an den Himmel versetzt: dort leuchte, Stern der Dichter, und übe deinen Einfluss von da, in Liebe und Strenge, auf die sinkende Bühne, die seit deinem Tode getrauert hätte wie die Nacht oder der Tag der Verzweiflung, wenn nicht das Licht deiner Werke hinterblieben wäre.«

vagar, welche das Riesenreich von der Götter- und Menschenwelt trennen. Dem Orvandill erfriert eine Zehe, die aus dem Korbe hervorsteht und von Thor an den Himmel geworfen uud zu einem Sterne gemacht wird, der jetzt Orvandill's Zehe heisst. Mehrere Mythen erzählen, wie Thor (der Blitzstrahl) die heiligen lohenden Wasser des Himmels, die flammenden Wolken durchwatet. Im Winter sind diese zu Schnee, Eis verfroren, fremde Wogen (Elivagar) geworden. Aber der Frühling kömmt und mit ihm trägt der getreue Thor den Blitzfunken Orvandill (d. h. Strahl) auf seinen Götterschultern durch die eisigen Ströme, den Sitz alles winternächtigen Grauens, zur Erde, der erwartenden Gattin Groa entgegen, d. i. dem Pflanzengrün, welches mit seiner Decke das Felsgestein zu überziehen, den Stein *) aus des Anbaugottes Haupt zu lösen versucht. Am gereinigten klaren Frühlingshimmel glänzt Orvandill's im Winter erfrorne Zehe, der Blitzgott gab den Lichtern des Firmaments den Schein wieder, zündete ihn aufs neue mit dem Blitzfunken an und befestigte die Gestirne hoch oben.

Orvandill (die erfrorne Zehe, die Frostbeule) ist als Blitzfunke die Hypostase Thors. Dieser ist aber der Gott der Bauern, in welcher Rücksicht die Mythe besagt, dass das im Leben unter der Arbeit Last und Mühen gedrückte Geschlecht der Knechte (Sclaven, Thraele) nach dem Tode bei seinem Freunde Thor einen Ruheplatz finde.

Dass der Dichter diesen Mythus gekannt und besonders berücksichtigt hat, dürfte aus der schon vorhin angeführten sehr bedeutsamen Bemerkung Hamlets auf dem Kirchhofe in Hinblick auf den tragischen Sänger, den ersten Bauern (clown) und dessen Ambiguität und Equivocation hervorgehen.

Hamlet sagt nach Anerkennung des sich in der tragischen Figur offenbarenden Absoluten und nach Betonung der Doppelsinnigkeit die die Vernichtung bezwecke:

*) Im Kampfe mit dem Riesen Hrungnir (dem rauschenden, schallenden) hatte Thor einen Splitter des Geschosses desselben, welches mit Thors Hammer (Mjölnir) in der Luft zusammentraf in den Kopf bekommen. Bei diesem Kampfe stürzen beide Kämpfer zu Boden und des sterbenden Riesen Bein fällt über Thors Hals und keiner vermag ihn davon zu befreien, bis sein dreijähriger Sohn Magni (Kraft) kommt, der wirft leichten Spiels den Riesenfuss von des Vaters Nacken, sagend: »Schmach und Schaden dass ich zu spät kam, um am Kampfe theilnehmen zu können.<< Unserer kurzen Darstellung der beiden Orvandill Mythen liegt Mannhardts Werk, »die Götterwelt der deutschen und nordischen Völker« (Berlin, Schindler) aus welchem wir uns zum Theil wörtlich zu citiren erlauben, zum Grunde; vgl. daselbst 214. 216. 228.

"By the lord, Horatio, these three years I have taken
note of it; the age is grown so picked,*) that the toe of
the peasant comes SO near the heel of the courtier, he
galls his kibe.

wörtlich übersetzt würde die Stelle, welche die vorliegende Ueber-
setzung umschreibt und nur mit Auslassung der letzten Bemerkung
wiedergiebt, etwa lauten:

Bei Gott, Horatio, in diesen drei Jahren habe ich darauf
geachtet, die Zeit ist so geläutert geworden, dass die Zehe
des Bauern so nahe der Ferse des Hofmanns kömmt, er (?)
schädigt seine (?) Frostbeule.

In dem Verhältnisse wie der Stern (die erfrorne Zehe, die
Frostbeule) Orvandill zu Thor steht, als Hypostase, dürfte Hamlet
zu dem in dem ersten Gräber (dem Kronos oder Aeon) personificirten
Zeitbegriff und destructiven Moment der der Materie immanenten
Kraft,
(cfr. Sonett 126) stehen und scheint
Hamlet denn auch sagen zu wollen, dass die tragische personifi-
cirte Thätigkeit, ihre eigene Hypostase, ihn selbst zu schädigen
und zu vernichten suche.

[ocr errors]

nature

66

Hinsichtlich der Bedeutung von Thor (Orvandill) heben wir aus den mythologischen Sagen noch hervor (cfr. Petiscus Olymp).

Thor ist der höchste Gott in der Natur. Er besiegte die Mächte der Urelemente, die Riesen, Skirner und andere mittelst der Kraft seines Hammers und ist Freund der Menschen, denen er die Cultur giebt. Indem er der Gott des Blitzes und Donners ist, kehrt er die Naturgewalt nicht gegen die Menschen, sondern gegen die Riesen, die Feinde der Götter und Menschen; diesen aber erschliesst er den Himmel, lässt den befruchtenden Regen niederströmen um ihre Saaten zu segnen, Er ist Gott des Landbaues, daher auch der Bauern und Knechte. In Beziehung auf seinen Kampf gegen die Riesen wird er mit dem Herkules der Griechen verglichen.

Der Dichter dürfte seinen Kampf mit den Leidenschaften d. h. deren Darstellung durch Identification mit denselben, welche für ihn das Dasein im Fegefeuer, die Thymosis und den thymopatischen Zustand (cfr. das Bild vom „fretful porcupine", welches der Geist im Drama Hamlet Act I, S. 5 gebraucht) begründet, dem Kampfe der Götter und Heroen mit den Giganten

[ocr errors]

*) Steevens macht darauf aufmerksam, dass das hier gebrauchte Bild vom Mausern der Vögel genommen sei (pick; picken, stechen. rupfen, säubern, reinigen) und vermeinen wir, dass darin auch eine Andeutung auf das Hervorbringen aus sich selbst zum Zwecke Reinigung und Läuterung (Katharsis, Purgation) enthalten ist.

[ocr errors]
« ElőzőTovább »