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Dreiundzwanzigster Abschnitt.

Zustand der Colonien von Neu- England.
Von 1668 bis 1675.

Wenn die unmittelbaren und äußerlichen Folgen über das Recht und Unrecht eines Schrittes entscheiden könnten, so durften die Colonisten von Massachusetts sich schmeicheln, durch die Verweigerung des Gehorsams gegen ihren anerkannten König den Beifall des Höchsten verdient zu haben. Gewohnt seine Gnade oder seinen Zorn nach ihrer beschränkten menschlichen Weisheit in äußern Schickungen nachweisen zu wollen, fühlten sie mit freudigem Stolze, daß der starke Arm des Königs durch den stärkern des Königs der Könige gelähmt sei, um sein auserkorenes Volk zu beschützen. Denn Jahre vergingen, ehe die Folgen eintraten, welche die Vorsichtigern unter ihnen gefürchtet, und die Colonien, ihren eignen Kräften und ihrer eignen Weisheit überlassen, gediehen sichtlich unter der Vernachlässigung Englands.

Dem Könige war zwar die Stellung, die Massachusetts ihm gegenüber sich anmaßte, im hohen Grade empfindlich und ein Groll setzte sich in seiner Brust fest, der nur eine Gelegenheit zum Ausbruch abwartete. Allein der Zeitpunkt war noch nicht gekommen. Die Pest, das große Feuer in London, beide mit 1665. ihren furchtbaren, Alles lähmenden Folgen, nahmen fürs Erste 1666. alle Sorgen der Machthaber in England in Anspruch. Dazu Clarendon's Fall, die ausschließliche Beschäftigung von Karl's 1667. Gemüth mit den Nichtswürdigkeiten und Ränken seines Hofes, der Krieg mit Holländern und Franzosen, der Mangel an Geld, endlich und hauptsächlich der wachsende Zwiespalt mit seinem

Parlament' alles dies ließ die verhältnißmäßig geringen Angelegenheiten der Colonien für geraume Zeit gänzlich in den Hintergrund treten. Die Neu-Engländer, nachdem sie die Autorität des Königs jahrelang gehaßt und gefürchtet, sollten sie nun auch verachten lernen.

Zwar war im Rathe des Königs wiederholt die Rede von 1661. den Colonien und der Widerspenstigkeit von Massachusetts. Eine eigne Kammer für Handel und Pflanzungen ward errichtet, die sich über den Zustand von Neu- England Auskunft zu schaffen suchte. Auch der König wohnte zu Zeiten ihren Sißungen bei Er selbst äußerte die Furcht, daß jene, die feine Obergerichtsbar. keit nicht anerkennen wollten, bald alle Bande der Abhängigkeit zerreißen würden. Vorschläge verschiedener Art wurden gemacht. Einige wollten ihnen einen drohenden Brief geschrieben wissen. Andere, die die „grämliche und reizbare" (pavish and touchy) Stimmung der Colonien besser kannten, waren für versöhnende Maßregeln und ein höfliches Schreiben. Cartwright ward ver diese Handelskammer citirt, aber sein Bericht von dem Troh, der Hartnäckigkeit und den ergiebigen Mitteln von Massachusetts machte alle Vorschläge für icht zu nichte und eine Amnestie schien alles, was übrig blieb. Es ward beschlossen, einen Commissarius nach Neu-England zu senden, unter dem Vorwand, die nördlichen Grenzen zu reguliren, allein mit dem geheimen Auftrage, sich über die Stärke von Massachusetts und seine Befähigung, sich unab hängig zu machen, genau zu unterrichten. Die allgemeine Wohlhabenheit der Colonie, die Lebhaftigkeit ihres Handels, die große dort herrschende Ordnung aller Verhältnisse, besonders aber ihr Trok hatten in England übertriebene Begriffe von ihrem Reichthum und ihren Mitteln verbreitet. Wie sehr man sich über den Wohlstand der Colonien täuschte, geht aus einem Plane hervor, der kurz nachher zur Sprache kam, nämlich den Herzog

Ein Freund schreibt im Jahre 1674 an Gouverneur Leverett:,,,die Wahrheit ist, das Bertagen des Parlamentes, wenn sie so viele nügliche Dinge noch vor sich hatten, erregt große Unzufriedenheit, und dies nebst den Borgängen in Europa mit des Königs ungeheuern Schulden, über die sie noch nicht zum Ent schluß gekommen sind, auf welche Weise zu bezahlen, nimmt für jest alle ihre Gedanken in Anspruch, daß sie wenig Zeit für so geringe Sachen haben als Eure." Hutch. Coll. 144.

2 Board of Commissioners for trade and Plantations.

von Monmouth, des Königs natürlichen Sohn, zum Eigenthümer von Maine und Neu-Hampshire zu machen, um aus diesen beiden Provinzen, die um diese Zeit zusammengenommen etwa 8000 weiße Einwohner hatten, für ihn eine Jahreseinnahme von 5000 Pfd. 1674. Sterling oder mehr zu erheben. Von allen diesen Vorschlägen kam nichts zu Stande. Der König vergaß über ein neues hübsches Gesicht oder über den Zank zweier Hofdamen seine Colonien und Alles. Die Furcht vor irgend einem erfolglofen Schritt hielt ab, irgend einen Schritt zu thun, bis Jahre darüber vergangen waren 2.

Unterdessen erregten die fortgesetten übertretungen der Navigationsakte durch die Colonien mehr und mehr die Unzufriedenheit und die Eifersucht der englischen Kaufleute. Ihre Klagen bestürmten das Parlament. Die Hemmung des freien Handels 1672. der Colonien untereinander war die Folge. Es kam darauf an, fie auf irgend eine Weise für das Mutterland nüßlich zu machen. Eine Auflage, zum Besten des Königs im Restaurationsjahr, unter dem Namen Pfund- und Tonnengeld in allen Reichen der Krone zu erheben, war zufolge einer darüber entstandenen Erör terung nicht auf die Colonien ausgedehnt worden, wie diese denn überhaupt sich durch kein Statut verpflichtet hielten, in dem fie nicht eigen genannt waren3. Jeßt aber war der Zeitpunkt gekommen, wo das Parlament anfing fie für steuerbar zu halten. Ein Akt desselben sette dieselben Einfuhrzölle für die Erzeugnisse der Colonien in ihrem Handel untereinander fest, die in England gezahlt werden mußten. Diese Steuern aber kamen nicht den Colonien unter einander, sondern der Krone zu gut, nur daß durch die vielfache Umgehung dieses Gesetzes, durch welches keineswegs blos die Kaufleute, sondern die Gesammtzahl der Käufer zu leiden hatte, die Steuern eine geringere Summe einbrachten, als die Unterhaltung der aus England gesendeten Collectoren kostete*. In der That waren diese auf die zu erhebenden Zölle angewiesen, und der unmittelbare Zweck dieser Beschränkung scheint demnach nicht sowohl ein Einkommen für den König, als eine Be

1 Hutch. Coll. 451.

2 Holmes I. 358. Bancroft II. 89-91.

3 Bancroft II. 41, 42.

+ Chalmers 317-320. Bancroft II. 44-48. Holmes I. 360.

günstigung der Kaufleute in England gewesen zu sein, die go wannen, wenn die in den englischen Colonien verloren.

Auch die Verarbeitung ihrer eigenen Erzeugnisse ward den Colonisten untersagt; nicht allein wo es zur Concurrenz mit England führen konnte, sondern selbst zum eignen Gebrauch. Alles Manufacturwesen ward verpönt'.

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Troy allen diesen künstlichen Hemmungen wuchsen und blühten die Colonien von Neu-England. Die Union, jcht nur aus dreien bestehend denn wiederum ward Rhode Island ausge1672. schlossen ward erneut. Der Armuth und kümmerlichen Eristenz von Plymouth ist oben gedacht. Doch muß dabei nicht au Noth gedacht werden. Bettler hatte Plymouth so wenig als eine der andern Colonien. Jeder hatte sein Auskommen, aber auch nicht mehr. Viele Gemeinden konnten nicht den Gehalt eines besoldeten Predigers zusammenbringen, und mußten sich eines begabten Bruders" bedienen. Die geringe Ergiebigkeit des Bodens stand ihren Landwirthen, der Mangel an Kapital großartigen Handelsunternehmungen entgegen. Thomas Prince, nach Bradfords Tode mehrere Jahre lang ihr Gouverneur, war wie jener ein Mann von hellem Verstand, und obwohl selbst ohne wissenschaftliche Bildung, doch der eifrigste Beförderer von Schulen und sonstigen Erziehungsmitteln. Daß in den 71 Jahren ihrer unabhängigen Eristenz die Wahl ihres Oberhauptes nur auf sechs verschiedene Personen fiel Carver eingeschlossen, der dies Amt nur wenige Monate bekleiden konnte, - scheint von der Stetigkeit der Gesinnung der Colonisten und der Abwesenheit jener demokratischen Eifersucht zu zeugen, welche die ersten zwanzig Jahre der Geschichte von Massachusetts charakterisirt. Ihre Bevölkerung, in 14 Towns verbreitet, wird um diese Zeit ohnge fähr auf siebentausend Seelen geschäßt 3.

Wunderbar gedich Connektikut unter dem Segen der Charte. Die Vortheile der Vereinigung waren längst allgemein empfunden worden. Long Island zwar war verloren, und den dort

1 Bancroft II. 44.

=

2 Hazard II. 521-526. Hutch. I. 283.

3 Bancroft II. 93. Die Schäßung beruht auf dem Verhältniß der Truppenzahl, die sie als ein Glied der Colonialunion zu stellen hatten. S. auch Hutch. Coll. 416. Thacher's Hist. of Plymouth. Baylie's Hist. of the Colony of Plymouth.

angesiedelten Engländern, Auswanderern von Connektikut, gelang ihr eifriges Bemühen nicht, unter die Herrschaft dieser Colonie zurückkehren zu dürfen1. Allein die ihnen durch ihre Charte gesicherten Grenzen auf dem festen Lande, östlich des Pawcatuck, westlich eine Linie, zehn Meilen vom Hudson, behaupteten fie standhaft, griffen auch wol gelegentlich einmal hinüber in das Naragansetterland, wo das schwächere Rhode Island sich nicht vor ihnen schüßen konnte. Der neue Gouverneur von Neu-York, Edmund Andros, machte einen Versuch, die Grenzen der ihm vertrauten Provinz, dem ursprünglichen Patente des Herzogs von York gemäß, bis an den Connektikut auszudehnen. Mit dieser Absicht kam er, von bewaffneten Leuten begleitet, in den Hafen von Saybrock. Aber ihm rückte Capitän Bull an der Spite 1675. eines Theils der Miliz unverzüglich entgegen und pflanzte des Königs Flagge auf. Unterdessen kam ein Bote der Generalversammlung, die gerade stattfand, mit einem feierlichen Protest. Aber Andros, ohne Kenntniß davon zu nehmen, landete und forderte das Fort in des Königs Namen zur Übergabe auf. Vor dem zusammengelaufenen Volk wollte er nun des Herzogs Patent verlesen lassen. Aber Bull, ebenfalls in des Königs Namen, befahl dem Secretär einzuhalten. Dieser fing noch einmal an. Da wiederholte Bull sein Interdikt mit einer Stentorstimme, und brachte ihn zum Schweigen. Darauf las er selbst mit festem Tone den Protest der Generalversammlung ab. Andros, auf so viel Entschlossenheit nicht gefaßt und wahrscheinlich unautorisirt, Gewalt zu brauchen, mußte weichen und erneuerte nie seinen Versuch 2.

Auch Rhode Island erfreute sich der Vortheile seiner Charte und mußte jet wenigstens von den Mitschwestern anerkannt werden. Die Colonie, in welcher jeder seinen eigenen Weg ging und wenig Gemeingeist herrschte, entwickelte sich langsamer. Die Regierung, die sich fast ganz auf ein gewisses negatives Verhalten beschränkte, d. h. die sich begnügte, das Übel zu hindern und Störungen zu hemmen, zeigte diesem Princip zufolge wenig Thätigkeit und die Pflanzungen von Providence und Rhode-Island

1 Thompson's Hist. of Long-Isl. I. 139–150. Bancroft 11. 321 sq.
2 Trumbull I. 330. Holmes I. 368, 369.

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