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wissenschaftlichen) sehr einleuchtend und eindringlich gemacht hat, nachdem er, zur Vorbereitung auf das Folgende, gezeigt hat, wie auch im Reiche der Wahrheit und Wissenschaft nichts (keine eins zelne Wahrheit oder Unwahrheit) für sich besteht, sondern alles nur durch gegensägliche Wechselbeziehung sich geltend macht und erkannt wird, daß mithin das Wahre nur an dem Falschen, und umgekehrt, geprüft werden kann, daß aber das Falsche (wie überhaupt alles Böse, im Gegensaß des Guten) kein Mangel, sondern nur die Umkehrung, der Gegensaß (das entgegengesezte Positive) des Wahren sey, kommt er auf einen zwar långst bekannten, aber seinem ganzen Inhalte nach nicht erkannten, gleichwohl für den vorliegenden Gegenstand sehr wichtigen und wohl zu beachtenden Sah. Es ist folgender:

Eine Verbindung A+B kann weder durch A noch durch B zerlegt werden, wohl aber möglicher Weise durch C, D, E . Dieser Saß ist nur der mathematische Ausdruck von folgendem: „Gleiche Salze zerlegen sich nicht, nur ungleiche." In ihm ist der zweifache Weg aller Erkenntniß, nämlich die Erfor= schung des Wahren und die Nachweisung des Nichtwahren oder Falschen angedeutet und der Verf. macht auf seine Wichtigkeit aufmerksam, indem er beweist, daß in ihm das leitende Princip für alle Reactionsversuche und sonstige Anwendung der Reagentien liegt, die ohne seine Berücksichtigung nie zu einer wissen= schaftlichen Betrachtung gelangen können. Es liegt in diesem Sahe die doppelte Forderung:

1) Beweise das von einem Salze für wahr gelten Sollende durch das ihm Gleiche; und

2) das in Bezug auf dasselbe unwahre oder Falsche durch das ihm Ungleiche (durch andere Salze);

d. h. wende in dem Fall, wo du erweisen willst, daß ein Salz eine bestimmte Säure, z. B. Kleefäure, enthalte, die die gleiche Säure enthaltenden Salze, also kleefaure Salze, an. Durch Nichtreaction gegen diese (weil die Kleefäure die Kleesäure nicht austreiben kann) ist es dann von der einen Seite her (durch das Gleiche) bewiesen, daß die Säure im geprüften Salze die gleiche, also Klee= säure, sey. Dieser Beweis von dem, was die Säure ist, ist aber ein einseitiger, und kann nur dann erst auf Allgemeingültigkeit Anspruch machen, wenn ihm der andere von dem, was die Säure nicht ist, gegenübersteht, der dadurch geführt wird, daß man zeigt, die als Kleefäure schon halb und halb erwiesene Säure sen nicht Weinsteinsäure, nicht Citronensäure, nicht Apfelsäure 2c., wozu das Ungleiche, die, die zu prüfende Kleesäure nicht, sondern andere Säuren enthaltenden Salze ihre Anwendung finden, also weinsteinsaure, citronensaure, apfelsaure 2c. Salze; die durch

Veränderungen (Reactionen), welche das zu prüfende kleefaure Salz in ihnen hervorbringt, kund thun, daß die zu bestätigende Säure nicht Weinsteinsäure, Citronensäure, Apfelsäure c. fey (weil nur ungleiche Säuren sich austreiben, also Veränderungen in der bestes henden Verbindung bewirken). Ganz ähnlich ist es mit auszumittelnden Pflanzenbasen.

Da man nun aber die Natur der Säure oder Base in einem gegebenen (erst zu prüfenden) Salze nicht weiß, sondern dieselbe erst durch Versuche ausmitteln soll, so stellt sich die Sache anders, und die zu befolgende Vorschrift ist diese:

,,Wende, um das Daseyn einer bestimmten (vermutheten) Säure oder Base zu bejahen oder zu verneinen, vorzugsweise die Salze als Reagentien an, die diese vermuthete Säure oder Base als Bestandtheil enthalten, und schließe (mit Beachtung der unten anzugebenden Vorsichtsmaßregeln) bei stattfindender Reaction auf das Nichtdaseyn der muthmaßlichen Säure oder Base; dagegen aber auf ihr Daseyn, wenn keine Reaction erfolgt." (S. 203.)

Es ist klar, daß mit der Erfüllung dieser Vorschrift der obigen doppelten Forderung Genüge geleistet wird, indem man zeigt, was ein Salz ist, und was es nicht ist. Um hier aber sicher zu gehen und nicht die Resultate beider entgegengeseßter Wege zu verwechseln, das Wahre für's Falsche, das Falsche für's Wahre zu nehmen, findet es der Verf. für nöthig, in's Einzelne zu gehen und durch Beispiele neben der Sicherheit, die die vorsichtige Befolgung dieser Ansichten gewährt, auch die Klippen zu zeigen, woran der Forscher scheitern kann. Dies gibt nun, für die Ausführung dieses Capitels, einen interessanten Stoff, den wir aber nur durch Mittheilung des hierher gehörigen Inhaltsverzeichnisses andeuten können. Betrachtet man nämlich das so eben Mitgetheilte über das Wesen des Reagens und über das leitende Princip bei der Anwendung der Reagentien, als das Wesentliche der Einleitung in dieses Capitel, so ist der nähere Inhalt folgender:

,,Reagentien für Pflanzensäuren. Reagentien für Pflanzenbas sen. Farben als Reagentien: Versuche, das Bräunen der Curcumaund Rhabarberfarben durch Laugen betreffend. Darstellung der Curcuma- und Rhabarberfarbe. Charakteristik dieser Farben. Zerle= gung der Farben in Base und Säure. Charakteristik der Curcus ma-Farbenbase und Säure. Charakteristik des Basischen und Sauren der Rhabarberfarbe. Bemerkungen über den weingeistigen und alkoholischen Chemismus. Gerbsalze als Reagentien. Darstellung des Gerbfalzes aus zwölf verschiedenen Pflanzen. Ueber das quantitative Verhältniß von Agens und Reagens. Das Aufs bewahren pflanzlicher und thierischer Reagentien. Tabellarische Darstellung des Verhaltens der zwölf Gerbsalze gegen Reagentien. Re

fultate aus den Reactionsversuchen: große Verschiedenheit der Gerbfalze. Anhang: Ueber Extractivstoff und die Darstellung der Pflanzenbasen und Pflanzensäuren." (S. 208 bis Ende. S. 264. §. 9-50.)

Wir glauben, hiermit von dem Charakter dieses gehaltvollen Werks und von dem gediegenen Inhalt der beiden bis jest erschie nenen, vor uns liegenden Lieferungen eine treue Relation gegeben zu haben, und schließen mit der Wiederholung des Wunsches, daß kein denkender Chemiker und Phytolog, und selbst kein Freund der Naturwissenschaft, die Anschaffung dieser für die auf dem Titel ge= nannten Wissenschaften so förderlichen Zeitschrift versäumen möge, damit ihrem genialen Verfasser nicht ermangele, was er zur erfolg= reichen Fortsetzung seiner Leistungen bedarf und was er so sehr verdient, nämlich Unterstüßung durch denkende und kenntnißreiche Mitarbeiter und Aufmunterung von Seiten des Publicums durch tha tigen Beifall.

13.

V.

Mémoires de la vie privée de Marie Antoinette, Reine de France et de Navarre etc. par Mad. Campan.

Seit Jahrhunderten hat man den Franzosen das vorzügliche Talent zu der Art geschichtlicher Darstellung eingeräumt, welche die Entwickelung der Begebenheiten von einem persönlichen Gesichtspuncte betrachtet und das Geschehene nicht sowohl in seinem Vers hältnisse zur Bestimmung der Menschheit, auch nicht als Erzeugniß jener allgemeinen Bewegung der Geister, welche seine lehte und wichtigste Ursache ist, beleuchtet, als vielmehr nur die nächsten Vers anlassungen der Ereignisse, den Antheil der handelnden Personen, ihre Absichten und Empfindungen und das ganze Spiel der Leidenschaften und Rånke, welches bei jedem wichtigen Vorfalle wirksam ist, aufzudecken bemüht ist. Wie klein und dünn sind oft die Fåden, an welchen die Schicksale der Völker und Fürstenhäuser gehans gen haben! Wie viel Großes und Gutes ist durch die kleinlichsten Rücksichten, durch die Erbärmlichkeiten des Neides, der Eifersucht, des Eigennutes verhindert worden! Wie dürftig und des Lobes keis neswegs würdig sind oft die Triebfedern der größten Unternehmungen heldenmüthiger Thaten und Aufopferungen gewesen, wenn ihnen durch die geheime Geschichte des individuellen Wirkens der Schimmer entzogen wird, mit welchem sie bei dem öffentlichen Ers scheinen bekleidet waren.

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Diese Darstellungen der Persönlichkeiten sind nun zwar keine Geschichte. Denn so frei sich auch der einzelne Mensch zu seyn důnkt und je höher sich gerade diejenigen, welche am wenigsten selbstständige Kraft besißen, in ihrer Selbsttäuschung über den Einfluß der Zeit und äußern Umgebungen erheben: so ist doch diese individuelle und freie Wirksamkeit auch der Mächtigsten der Erde im Verhältniß zum Ganzen außerordentlich gering anzuschlagen. Ein jeder ist ja doch selbst mit allen seinen Ansichten und Einsich= ten, Vorurtheilen und Bestrebungen nur ein Product seiner Zeit, ein Werkzeug in der Hand der höhern Macht, welche die Bewegung hervorbringt und lenkt, ein reflectirender Strahl des Geistes, welcher das Ganze durchdringt. Was sich auch einer selbst zu thun einbilde, er wird dennoch mehr von fremden Kräften getrieben, als er glaubt, und manche von denen, welche sich einen sehr bedeuten= den activen Einfluß auf die Weltbegebenheiten ausgeübt zu haben schmeichelten, werden dereinst erstaunen, wenn sie, zu höherer Klarheit gelangend, gewahr werden, wie passiv dennoch ihre Thätigkeit gewesen ist; welche Masse von Vorurtheilen, von Kindheit an eingesogenen Irrthümern, ja welches künstliche und weit verbreitete Ge= webe von Mystificationen den größten Theil ihres Wirkens bestimmt haben. Darin liegt es denn auch, daß gerade die mit dem größten Eifer unternommenen Bestrebungen aller Art von jeher öfter demjenigen, was man bekämpfen wollte, am Ende den Sieg verschafft haben, und die am sorgfältigsten vorbereiteten Entwürfe an kleinen Umstånden scheitern, welche keine menschliche Klugheit zu berechnen vermochte. Man kann, die Geschichte bestätiget es auf allen Blåttern, mit unfehlbarer Gewißheit voraussagen, daß die größten Combinationen der Politik vielleicht in dem Augenblicke, wo niemand an ihrem vollständigen Gelingen mehr zu zweifeln wagt, an irgend einem geringfügigen Hindernisse scheitern werden. Es ist dies der schöne Glaube der Alten an die Nemesis, jene geheimnisvolle Macht, welche nicht nur alle Ueberschreitungen des rechten Maßes mit unerbittlicher Strenge ahndet, sondern auch alle blos menschliche Berechnungen, wobei die Menschen nichts als ihre eigne Klugheit und Stärke in Anschlag gebracht haben, verhöhnend zunichte macht.

Hångt es doch, um diese Betrachtungen, an welche in der Geschichte der neuesten Zeit so vieles mahnt, noch einen Schritt weiter zu führen, nicht einmal von den Menschen ab, zu welchen Ueberzeugungen sie sich bekennen, welche Partei fie in den innern Bewegungen ihres Volkes ergreifen wollen. Wer kann sich frei den Tempel wählen, in welchem er jene Beruhigung, die ihm die bloße Natur nicht gewähren kann, in der Annäherung an das Ueberirdische suchen soll? Wer kann dem eignen Geiste Stillstand.

gebieten, wenn das unwiderstehliche Gesez des Denkens ihn zwingt, den Schleier der Isis zu berühren? Eben so wenig steht es bei der freien Wahl der Menschen, welchen politischen Glaubenslehren fie folgen wollen. Die Erziehung, die äußern Verhältnisse, in welche ein jeder von der Vorsehung bei seiner Geburt gesezt und ohne sein Zuthun auf seinem fernern Lebenswege geführt wird, heben hierin allen freien Willen gånzlich auf. Zu sagen: ich will das oder jenes feyn, was man nicht schon von selbst wåre, würde Unsinn seyn, wenn es nicht Heuchelei wäre.

Daher haben auch alle diejenigen von vorne herein Unrecht, welche bei politischen Entzweiungen das vermeintliche Unrecht der Andersdenkenden in dem Willen derselben suchen und immer nur von Factionen und Verschwörungen träumen und reden. Es zeigt schon eine große Beschränktheit des Geistes an, wenn man seine eigenen Ueberzeugungen, die denn größtentheils nur durch zufällige Umstände gegeben, aber nicht durch eigne Geisteskraft erworben und durch unbefangenes Forschen befestigt sind, für so untrüglich hålt, daß nur die Unredlichkeit sie bezweifeln könne; es ist aber zugleich eine große Ungerechtigkeit, denjenigen, welchen das Schicksal einer andern Partei zugeführt hat, blos darum als einen Bösewicht zu behandeln. Daß sich der rohe Haufen des Volkes, wenn man die Gewalt in seine Hände kommen läßt, dergleichen erlaubt, ist nicht zu verwundern; hingegen haben kluge und gerechte Regenten nach politischen Stürmen es jederzeit ihre erste Sorge seyn lassen, die. noch übrigen Spaltungen dadurch zu heilen, daß solche Beschuldigungen nicht mehr angehört wurden. Seinen Glauben kann man

einem jeden lassen, wenn nur sein Handeln gesehlich und rechtlich ist. Leider ist es aber schon gar zu oft in der Welt dahin gekommen, daß unsittliche und geseßwidrige Handlungen für weit verzeih= licher gehalten worden sind, als eine mit dem politischen Bannfluch belegte Meinung.

Wenn die echte Geschichte sich die Aufgabe seht, den Plan, nach welchem die göttliche Vorsehung die Menschheit nach und nach im Ganzen einer höhern Reife, einer allgemeinen Entwickelung aller dem Menschen verliehenen Anlagen entgegenführt, mitten unter anscheinenden Trümmern zu entdecken: so ist die in den historischen Memoiren enthaltene Darstellung des Individuellen allerdings eben so wenig Geschichte, als der Comödienzettel ein Schauspiel ist. Auf die Thaten des Einzelnen kommt es der Geschichte im höhern Sinne viel weniger an, als auf den Geist, von welchem sie zeugen und welchen sie in einem Volke erweckten. Es ist nicht der einzelne Mann, Miltiades oder Themistokles, welcher die Perser schlug, sondern der Geist des Volkes, welcher jene Helden belebte, aber auch andere an ihrer Stelle belebt haben würde. Das Verdienst

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