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sagt: „Der vierte ließ eine wahnsinnige Here mit einem weißagenden Raben auftreten und erregte Grauen ohne Noth, ohne Bezier hung." Ganz was andres ist es, wenn an Titan der zum Tode überreife Karl einem Raben den Chor in seiner Abschiedstragödie auftragt; denn da ist die Spannung des Ganzen so, daß der Rabe wahrhaft als Todtenvogel erscheint und Schauer erweckt. Was hilft das Aushängen schwarzer Teppiche, das Aufstellen von allerhand Fragen und eine ganze Menagerie schwarzer, krächzender Vôgel oder auch vierfüßiger Thiere und Amphibien, wenn kein Sinn dahinter ist? Das Bunte kann nur wirken, wenn es sich zu einer Vorstellung vereinigt, nicht, wenn es als regellose Farbenmengerei erscheint, und es kann von derlei Haschen nach Frazen füglich gelten, was Tieck sagt: „Nicht blos Tabak, auch_philosophische Phrasen, Systeme und manches Andre wird heut zu Tage geraucht und beschwert den Nichtrauchenden ebenfalls mit unleidlichem Geruch."

So sehen wir in den Schriften unsers Dichters eine lebhafte Einbildungskraft, die aber ohne wahres Dichtergenie sich nur in dem Bunten, Grellen der Erscheinungen herumtreibt und darum ohne gehörige Sichtung (denn Besonnenheit und Klarheit muß die dichterische Begeisterung beherrschen, ja die wahre Begeisterung ist nur der Abglanz innerer Klarheit) alles, was eine feltsame Außenseite hat, aufgreift, wenn ihm auch der erforderliche Gehalt fehlt. Von der Idee des Romantischen und Wunderbaren ergriffen, suchte er das Gebiet der Phantasie in bunten Gemälden wiederzugeben, und dies ist ihm am besten gelungen, so daß Klein Zaches, Prinzessin Brambilla, Meister Floh und der Student Anselmus immer artige und ergôßliche Erzählungen bleiben, zumal für die, welche sich nicht vom Ueberladenen leicht abgestoßen fühlen. Denn unter denen, die, von Ideen der Zeit ergriffen, sich dem Geistreichen, was in vielen gangbaren Phrasen steckt und anlockend daraus hervorschimmert, hingeben und sich davon erhigt fühlen, behauptet unser Dichter einen vorzüglichen Rang und würde bei der Darstellungsgabe, die er in so mancher schön gezeichneten Situation bewährt, und bei der Kraft der Rede, die nur selten einen Anflug von Manier hat, noch manches Schöne und wohl bei gereifterer Einsicht auch immer Besseres haben leisten können, hätte ihn der Tod nicht so früh der Literatur entrissen. Da unser Dichter strebte, das Reich des Wunderbaren darzustellen, so bedurfte es bei seiner Darstellungsgabe für das Phantastische nur einer Läuterung seiner Ansichten über das Wunderbare, um das Gehaltlose und blos Fraßenhafte abzuscheiden und die Welt der Phantasie in harmlosen, bunten Mährchen auszumalen. Die Elixire des Teufels berechtigen selbst, anzunehmen, daß, hätte der Dichter das wirkliche Leben zum Vorwurfe seiner Poesie machen

wollen, er auch hier manches Erfreuliche håtte leisten können. Doch nehmen wir dankbar das Gelungene von ihm an und behalten es im Gedächtniß, seine Verirrungen in manchem Ideenspuk der Zeit vergessend; und wer dies thut, wird das Andenken des Dichters liebevoll segnen und seinen frühen Tod aufrichtig beklagen.

38.

IV.

Materialien zur Phytologie.

Erste und zweite Lieferung.

Herausgegeben von Ferdinand Runge. Berlin 1820 u. 1821.
Nach einem zweiten Titel:

Neueste phytochemische Entdeckungen zur Begründung ei ner wissenschaftlichen Phytochemie. Erste Lieferung. xiv und 204 Seiten. Zweite Lieferung. xvIII und 264 Seiten. Von Ferdinand Runge, Doctor der Heilkunde. (Motto: Das Pflans zenreich ist in der Idee eine Einheit, in der Erscheinung ein`unendlich Mannichfaches.) Mit vier Kupfertafeln. Berlin 1821 (erste Lieferung), 1822 (zweite Lieferung). Gedruckt und verlegt bei G. Reimer.

Dieses in Form einer Zeitschrift erscheinende Werk war ursprung

lich, und nach der ganzen ersten Lieferung auch wirklich ausschlie= ßend der Phytochemie (Pflanzenchemie) einer noch im Entstehen begriffenen, gleichsam erst aufkeimenden Wissenschaft — ge= widmet, erhielt aber nachher aus Gründen, welche später mitgetheilt werden sollen, bei der zweiten Lieferung eine auf die ganze Phytologie (Pflanzenwissenschaft) sich erstreckende Erweiterung. Wir Fönnen nicht umhin, vorläufig zu bemerken, daß wir es mit einem Werke zu thun haben, das in jeder Hinsicht die Aufmerksamkeit aller gebildeten Naturforscher (besonders Botaniker, Aerzte und Pharmakologen) und Freunde der Naturwissenschaft verdient, und dessen Verfasser sich eben sowohl durch wissenschaftlichen Geist, Scharfsinn und Umsicht, als durch Muth und Beharrlichkeit in Bekämpfung der Schwierigkeiten auszeichnet. Wir hoffen, daß die folgende un= befangene Darstellung dieses vorgreifende Urtheil vollkommen beståtigen wird.

Es ist bekannt, daß die Chemie in der neuern und neuesten Zeit machtige, ja riesenhafte Fortschritte gemacht hat. Dies gilt aber mehr von empirischer und praktischer, als von eigentlich wissenschaftlicher (echt theoretischer) Seite; doch ist zugleich auch das Streben unverkennbar, in die große vorhandene Masse von Erfah

rungen, Beobachtungen und Versuchen in diesem Gebiete mehr wis senschaftlichen Zusammenhang zu bringen, wovon die Schriften philosophisch gebildeter Chemiker Zeugen sind. Aber dieses Streben konnte schon deswegen nur sehr unvollkommen gelingen, weil man gewissermaßen den Theil für das Ganze nahm, indem die bisherige Chemie sich vorzugsweise mit der Stofflehre des Mineralreichs beschäftigte, während andre Theile dieser Wissenschaft, die als Hauptabtheilungen oder besondere chemische Wissenschaften sich geltend ma= chen können, z. B. die Chemie des Pflanzenreichs (Phytochemie) und die des Thierreichs (3oochemie) vernachlässigt, fast nur beiläufig und als etwas jenem vermeinten Ganzen Untergeordnetes behandelt wurden. Da die Chemie, als Ganzes, als Stofflehre, die ganze er= scheinende Natur, hinsichtlich der Stoffe, woraus die Naturkörper bestehen, zum Gegenstande hat, so ist klar, daß diese Wissenschaft in eben so viel Hauptabtheilungen, als gleichwerthige Wissenschaften, zerfallen muß, als es Hauptabtheilungen der materiellen Natur gibt. Denn es ist hier ganz derselbe Fall, wie mit der Naturgeschichte, die sich nach den Reichen der Natur zunächst in die großen besondern Wissenschaften: Mineralogie, Botanik (besser Phytologie) und Zoologie abtheilt. Und so muß auch, außer der Mineralchemie, eine Phytochemie (Pflanzenstofflehre) und Zoochemie (Thierstofflehre) möglich seyn, beide als ganze Wissenschaften, an sich von gleichem Werthe mit der Mineralchemie, in Beziehung aber auf das Stufenverhältniß in der Natur von noch höherm Range, als die Mineralchemie, wenn das Pflanzenreich höher steht, als das Mineralreich, das Thierreich höher, als das Pflanzenreich.

Wenn man nicht umhin kann, die Wahrheit dieser Bemerkungen anzuerkennen, worauf der Verf. den Leser zunächst aufmerksam macht, so wird man sich auch gedrungen finden, des Verfas= fers freimüthigen Aeußerungen in der Vorrede beizustimmen, obgleich sie den Stolz vieler Chemiker beleidigen werden, welche die besten Kräfte ihres Lebens diesem Studium widmen, und nun er fahren müssen, daß sie sich bisher keineswegs mit dem Ganzen der Chemie, sondern nur mit einem Theile des Ganzen beschäftigten, nicht ahnend die Möglichkeit höherer Abtheilungen dieser Wissenschaft, die bisher noch ganz unbearbeitet im Dunkel schlummerten. Je weiter aber der Verf. von eitler Prahlerei und gelehrtem Egoismus, der sich auf Kosten Undrer, durch Herabsehung ihrer Verdienste, erheben will, entfernt ist (denn er beweist, was er behauptet, leistet, was er verspricht, und gesteht gern die Unvoll= kommenheit seiner Leistungen), desto weniger wird man ihm Aeuße= rungen, wie die folgende, verargen dürfen:

„Mit dem allgemeinen Namen „Chemie" war man bisher gewohnt, eine Wissenschaft zu bezeichnen, die über das ganze Mi

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neralreich sich erstreckt, hingegen das Pflanzen- und Thierreich nur obenhin und oberflächlich berührt. Die Wörter: Mineralchemie, Pflanzen chemie, Thier chemie, sind noch nie mit Erfolg als von einander specifik verschiedene Ganze ausgesprochen worden; alles kam unter die allgemeine Benennung Chemie", die aber bis dahin nichts weiter, als Mineralchemie

war.

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Der Idee, daß Mineral-, Pflanzen- und Thierchemie sich zu einander verhalten, wie n1: n2: n3 [der mathematische Ausdruck für drei verschiedene Potenzen oder Stufen der Wissenschaft], hat man bisher keinen Raum gegeben, da sich dies Verhältniß doch aus einer ganz einfachen Vergleichung zwischen Mineral, Pflanze und Thier ergibt, [die aber freilich mit philosophischem Auge - das nicht jeder Chemiker hat angestellt werden muß]. Man hat vielmehr dieses Verhältniß umgekehrt, hat Pflanzen- und Thierchemie der Mineralchemie untergeordnet, das Pflanzliche und Thierische nicht nur mineral-chemisch bearbeitet, sondern auch beurtheilt. Daher kennt und ahnet man die wahre Pflanzenchemie auch nicht; was man bisher zuweilen mit diesem Namen belegte, ist eitel Hirngespinnst und leere Träumerei, die der Sinnige nicht achtet und kaum einiger Aufmerksamkeit werth halten kann, weil sie ihn keineswegs befriedigt. - [Das klingt freilich stark! Wer aber Lust hat, den Verf. deshalb zu schelten, muß sich zuvor das Recht dazu durch eine gründliche Widerlegung seiner im vorliegenden Werke durchgeführten Behauptungen und Lehrsäge zu erwerben suchen.] Derlei Betrachtungen, die sich dem Verfasser so oft aufdrängten, veranlaßten ihn endlich, die Pflanzenchemie vorzugsweise zu seinem Studio zu machen und einige gemachte. Ents deckungen, die ihm von großer Wichtigkeit schienen, weiter zu verfolgen. Zeit, Mühe und sonstige Aufopferungen wurden daran gefest, um ein in der Idee gestecktes Ziel zu erstreben. Der mit gutem Glück eingeschlagene Weg wurde theoretisch und praktisch weiter verfolgt, und so entstand dieses Werkchen, das der Verf. jest dem Publicum zu übergeben wagt." (Vorrede S. VII, VIII.)

So läßt sich der Verf. vernehmen, nachdem er zuvor die neuern Fortschritte der Naturwissenschaften mit freudiger Anerkennung gerühmt und die Namen der würdigen Naturforscher, welchen man diese Fortschritte verdankt, mit Ueberzeugung genannt hat. — Noch einige Mittheilungen aus der Vorrede zur ersten Lieferung mögen die Leser des Hermes, die sich für das Studium der Chemie und Phytologie intereffiren, auf diese gehaltvolle Zeitschrift und das lebendige Streben ihres wackern Herausgebers vorläufig noch aufmerksamer machen. Mancher Chemiker und Pflanzenkundige wird sich beim Lesen dieser Vorrede des Urtheils nicht enthalten können, der Verfasser, der hier zum ersten Mal mit den Resultaten

seiner Forschungen vor einem großen Publicum auftritt, hätte we nigstens einen bescheidnern Ton anstimmen sollen, bevor das Urtheil geriegter Månner über den Werth seiner Leistungen entschieden hat. Diese Bemerkung könnte richtig scheinen, wenn die Erfahrung nicht bewiesen hätte, daß eine Sprache, worin die Tugend der Beschei denheit bis zur Verleugnung des eignen Werths vorherrscht, nicht der Weg ist, auf welchem man heut zu Tage, bei der Menge von Schriftstellern in allen Zweigen des großen Baums der Erkenntniß (der Wissenschaft nåmlich), im deutschen Publicum Aufmerksamkeit erregt. Weffen Stimme also in diesem großen Hörsaale nicht unbemerkt verhallen soll, muß stark und deutlich sagen, was er zu leisten vermag. Kein billig Denkender wird übrigens das sich aussprechende Bewußtseyn der eignen Kraft und Bildung mit Unbe scheidenheit verwechseln. Das Gegentheil der lettern offenbart sich deutlich genug, wenn der Verf. bekennt, daß er für sich allein zu schwach sey, das von ihm begründete Gebäude weiter fortzuführen, und daß er hierzu der Hülfe und des Beistandes Andrer bedürfe. Mehrere müssen daher so fährt der Verf. in dieser Beziehung fort zusammen wirken, um nur erst die jest sogar noch fehlenden Baumaterialien zusammen zu bringen, damit sich in Zukunft ein Ganzes daraus gestalte. Es gilt zu dem Ende, für die Phytochemie zu werben und zu ihrer speciellen Bearbeitung aufzufor dern; vorzugsweise nimmt aber der Verf. in dieser Hinsicht seine deutschen Landsleute in Anspruch, ihm bei diesem großen Unterneh men hülfreiche Hand zu leisten, der Pflanzenchemie nach Kräften ihre Aufmerksamkeit zu widmen und sie aus ihrer Dunkelheit zu ziehen, um durch dieselbe die so lange entbehrten Stüßpuncte einer Pflanzenphysiologie, einer Materia medica aus dem Pflanzenreiche und endlich einer Zoochemie [Thierstofflchre], (die nur auf die Pflanzenchemie fußt), zu gewinnen.“

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Wichtig also, sehr lobenswerth und der begehrten Unterstüßung würdig ist des Verfassers unternommene Bearbeitung dieses großen, bisher noch brach und wüst liegenden Feldes, von welchem der Verf. in Beziehung auf dessen beabsichteten sorgfältigen Unbau S. x der Vorrede mit Wahrheit sagt: So unermeßlich und ausgebreitet das Pflanzenreich selbst ist, so groß ist auch das Feld zu den in ihm zu machenden Entdeckungen, und darum wohl werth, daß eine Zeitschrift bestehe, worin sie niedergelegt, zusammengestellt und in Verbindung mit höhern Gesichtspuncten dem Publicum vor gelegt werden. Diesem hohen Zweck sollen unsre phytochemischen Lieferungen entsprechen, sie sollen streben, das für die Phytochemie zu werden, was Schweigger's Journal für die Mineralchemie, was Gilbert's Annalen für die Physik, was Hufeland's Jour nal für die praktische Heilkunde, was Kiefers Archiv für den

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